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Wissenschaftler von Goethe-Universität und Universität Bristol (Großbritannien) finden Bienenwachsreste in prähistorischer Keramik der westafrikanischen Nok-Kultur
Bevor das Zuckerrohr und die Zuckerrübe die Welt eroberten, war Honig weltweit das wichtigste Naturprodukt zum Süßen. Den ältesten direkten Nachweis für die Nutzung von Honig in Afrika haben nun Archäologen der Goethe-Universität in Kooperation mit Chemikern der Universität Bristol erbracht. Sie nutzten dafür die chemischen Nahrungsmittelrückstände in Keramikscherben, die sie in Nigeria gefunden hatten. (Nature Communications, DOI 10.1038/s41467-021-22425-4)
FRANKFURT. Honig
ist das älteste Süßungsmittel der Menschheit – und war tausende von Jahren wohl
auch das einzige. Indirekte Hinweise für die Bedeutung der Bienen und der von
ihnen erzeugte Produkte liefern zum Beispiel prähistorische Felsbilder von
verschiedenen Kontinenten, die vor 8000 bis 40.000 Jahren entstanden sind.
Altägyptischen Reliefs geben Hinweise auf die Bienenzucht bereits 2600 Jahre
vor Christus. Doch für das subsaharische Afrika fehlte bisher ein direkter
archäologischer Nachweis. Mit der Untersuchung von chemischen
Nahrungsmittelrückständen in Keramikscherben hat sich das Bild grundlegend
geändert. Archäologen der Goethe-Universität konnten jetzt in Kooperation mit
Chemikern der Universität Bristol Bienenwachsreste in 3500 Jahre alten
Keramikscherben der Nok-Kultur identifizieren.
Die Nok-Kultur in Zentral-Nigeria datiert zwischen 1500 vor
Christus und der Zeitenwende und ist vor allem durch ihre bis zu lebensgroßen
Terrakotta-Skulpturen bekannt. Sie stellen die älteste figurative Kunst Afrikas
dar. Bis vor wenigen Jahren war vollständig unbekannt, in welchem
gesellschaftlichen Kontext diese Skulpturen entstanden sind. In einem von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt haben Wissenschaftler der
Goethe-Universität über zwölf Jahre lang die Nok-Kultur in all ihren
archäologischen Facetten untersucht. Neben Siedlungsweise, Chronologie und
Bedeutung der Terrakotten waren Wirtschaft und Ernährung ein Schwerpunkt der
Forschung.
Hatten die Menschen der Nok-Kultur Haustiere oder waren sie Jäger?
Üblicherweise benutzten Archäologen zur Klärung dieser Frage Tierknochen aus
den Ausgrabungen. Was aber, wenn der Boden so sauer ist, dass Knochen sich
nicht erhalten, so wie es im Nok-Gebiet der Fall ist?
Hier eröffnet die Untersuchung von molekularen
Nahrungsmittel-Rückständen in Keramik neue Möglichkeiten. Denn bei der
Verarbeitung von Pflanzen- und Tierprodukten in Tontöpfen werden stabile
chemische Verbindungen freigesetzt, vor allem Fettsäuren (Lipide). Diese können
in den Poren der Gefäßwand über Tausende von Jahren erhalten bleiben und sind
mit Hilfe der Gaschromatographie nachweisbar.
Zur großen Überraschung der Forscher fanden sich außer den Resten
von Wildtieren zahlreiche andere Bestandteile, die das bisher bekannte Spektrum
der genutzten Tiere und Pflanzen erheblich erweitern. Vor allem an ein Tier
hatte sie nicht gedacht: die Honigbiene. Ein Drittel der untersuchten Scherben
enthielt hochmolekulare Lipide, die typisch für Bienenwachs sind.
Welche Bienenprodukte die Menschen der Nok-Kultur nutzten, lässt
sich aus den Lipiden nicht rekonstruieren. Am wahrscheinlichsten ist es, dass
sie den Honig in den Töpfen durch Erhitzen von den wachshaltigen Waben
trennten. Aber auch die Verarbeitung von Honig zusammen mit anderen tierischen
oder pflanzlichen Rohstoffen oder die Herstellung von Met sind denkbar. Das
Wachs selber könnte für technische oder medizinische Zwecke gedient haben. Eine
weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Tontöpfen als Bienenstöcke, so wie
es in heutigen traditionellen Gesellschaften Afrikas noch praktiziert wird.
„Wir haben diese Studie mit den Kollegen aus Bristol begonnen,
weil wir wissen wollten, ob die Nok-Leute Haustiere hatten,“ erläutert
Professor Peter Breunig von der Goethe-Universität, der das archäologische
Nok-Projekt leitet. „Dass Honig auf ihrem täglichen Speisezettel stand, war für
uns völlig unerwartet und ist in der Vorgeschichte Afrikas bisher einzigartig.“
Dr. Julie Dunne von der University of Bristol, Erstautorin der
Studie, sagt: „Dies ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie biomolekulare
Information aus prähistorischen Tonscherben in Kombination mit ethnographischen
Daten Einsichten gewährt in die Nutzung von Honig vor 3500 Jahren.“
Professor Richard Evershed, Leiter des Instituts für Organische
Chemie an der Universität Bristol und Co-Autor der Studie, weist darauf hin,
dass die besondere Beziehung zwischen Mensch und Honigbiene schon in der Antike
bekannt war. „Aber die Entdeckung von Bienenwachsresten in der Nok-Keramik
ermöglicht einen ganz besonderen Einblick in diese Beziehung, weil dort alle
andere Quellen fehlen.“
Professor Katharina Neumann, an der Goethe-Universität zuständig
für die Archäobotanik im Nok-Projekt, sagt: „Pflanzen- und Tierreste aus
archäologischen Ausgrabungen spiegeln nur einen kleinen Ausschnitt von dem
wieder, was die Menschen in der Vorgeschichte gegessen haben. Die chemischen
Rückstände machen bisher unsichtbare Komponenten der prähistorischen Ernährung
sichtbar.“ Der erste direkte Nachweis von Bienenwachs eröffne faszinierende
Perspektiven für die Archäologie Afrikas. Neumann: „Wir nehmen an, dass die
Nutzung von Honig in Afrika eine sehr lange Tradition hat. Die älteste Keramik
des Kontinents ist etwa 11.000 Jahre alt. Enthält sie vielleicht auch
Bienenwachsreste? In Archiven weltweit liegen tausende von Keramikscherben aus
archäologischen Grabungen, die nur darauf warten, ihre chemischen Geheimnisse
durch die Gaschromatographie zu enthüllen und dadurch ein konkreteres Bild vom
täglichen Leben und der Ernährung der prähistorischen Menschen zu zeichnen.“
Publikation: Julie
Dunne, Alexa Höhn, Gabriele Franke, Katharina Neumann, Peter Breunig, Toby
Gillard, Caitlin Walton-Doyle1, Richard P. Evershed Honey-collecting in
prehistoric West Africa from 3500 years ago. Nature Communications https://doi.org/10.1038/s41467-021-22425-4
Bilder zum
Download:
http://www.uni-frankfurt.de/100070440
In
solchen 3500 Jahre alten Tongefäßen der Nok-Kultur konnten Spuren von
Bienenwachs nachgewiesen werden (Foto: Peter Breunig, Goethe-Universität
Frankfurt)
http://www.uni-frankfurt.de/100070081
Dr.
Gabriele Franke, Archäologin der Goethe-Universität, bei der Dokumentation
ausgegrabener Tongefäßen in der Nok-Forschungsstation in Janjala, Nigeria, im
August 2016. In solchen Tongefäßen konnten Spuren von Bienenwachs nachgewiesen
werden (Foto Peter Breunig, Goethe-Universität Frankfurt
http://www.uni-frankfurt.de/100070175
Auch
heute noch beliebt: Grabungsmitarbeiter essen frisch gesammelten wilden Honig
(Foto: Peter Breunig, Goethe-Universität Frankfurt)
http://www.uni-frankfurt.de/100070146
Bekannt
ist die Nok-Kultur im heutigen Nigeria für ihre Terrakottafiguren (Foto: Peter
Breunig, Goethe-Universität Frankfurt)
Weitere Informationen
Prof. Dr. Katharina Neumann
Institut für Archäologische Wissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: 069 798-32292
k.neumann@em.uni-frankfurt.de
http://araf.studiumdigitale.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Renommierte Auszeichnung für wissenschafts- und hochschulpolitische Themen wird 2021 zum siebten Mal seit 2008 verliehen
FRANKFURT. Drei „Grenzfälle“
stehen im Fokus der Verleihung des diesjährigen Goethe-Medienpreises für
wissenschafts- und hochschulpolitischen Journalismus an drei herausragende
Autorenteams bzw. Einzelautoren renommierter Medien.
Prämiert
werden drei Arbeiten, die 2019 und 2020 im SZ-Magazin der Süddeutschen Zeitung,
der Wochenzeitung DIE ZEIT sowie im Norddeutschen Rundfunk publiziert wurden.
Ihre Themen berühren Grenzen und Grenzgebiete ganz unterschiedlicher Art:
Für
die Süddeutsche Zeitung gehen Patrick Bauer, Patrick Illinger und Till Krause
in einer tief schürfenden Recherche dem Fall des Tübinger Professors Nils
Bierbaumer nach, der behauptete, die Gedanken von unheilbar an der
Nervenkrankheit ALS leidender Patienten entschlüsseln zu können. Dabei treten
jedoch immer größer werdende Unstimmigkeiten zwischen Datenlage und
öffentlichen Erfolgsmeldungen auf. Insbesondere die Daten, auf denen die
vermeintlichen Forschungsergebnisse basieren, können bei Nachprüfungen von
anderen Experten nicht nachvollzogen werden. Die Jury erkannte dieser auch
journalistisch herausragend umgesetzten Arbeit („Wunschdenken“, erschienen am
11.4.2019 im SZ-Magazin) den ersten Preis zu, der mit 4000 € dotiert ist.
In
ein völlig anderes – digitales – Grenzgebiet wagt sich die Journalistin Nele
Rößler vor: Sie beschreibt den drastisch steigenden Einfluss so genannter
„Modellierungen“ auf politische Entscheidungsprozesse, was öffentlich bisher
kaum bekannt ist. Modellierungen sind mathematische Berechnungen, die in
verschiedenen Varianten existieren. Sie kommen beispielsweise in der
Klimaforschung zum Einsatz, auch in der COVID-19-Forschung: Nele Rößler bringt
nach einem aufwändigen Rechercheprozess in ihrem Podcast („Modellierungen –
Nerdwissen im Fokus“, gesendet am 22.5.2020 im NDR) Licht ins Dunkle dieses
Grenzgebiets zwischen digitalem Hintergrundwissen und politischen
Entscheidungsstrukturen und erhält dafür von der Jury den mit 1800 € dotierten
zweiten Preis.
Die
mit 1000 € dotierte dritte Preisträgerarbeit von Martina Keller („Tod wider
Willen“, erschienen am 10.6.2020 in DIE ZEIT), führt die Leserinnen und Leser
in das Grenzgebiet zwischen Leben und Tod – in diesem Fall in das ambivalente
Gebiet der Sterbehilfe in den Niederlanden. Keller schildert auf Basis einer
sehr fundierten Recherche das Schicksal einer dementen Patientin, die trotz
eines nicht eindeutig artikulierten Willens durch ihre behandelnde Ärztin zu
Tode gebracht wird. Sie nimmt diesen Fall zum Anlass, auf der Basis von
Expertenmeinungen ein grundsätzliches Panorama von Befürwortern und Gegnern
einer Sterbehilfepraxis zu Wort kommen zu lassen. Es zeigt sich, als wie fragil
„letzte“ Willenserklärungen von Sterbewilligen einzuschätzen sind.
Der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Dr.
Enrico Schleiff, sagte: „Der Goethe-Medienpreis zeigt, in wie
vielfältiger und zum Teil überraschender Weise sich ein hoher Qualitätsanspruch
im wissenschafts- und hochschulpolitischen Journalismus realisieren lässt. Die
von der Jury ausgewählten Themen sind nicht nur von hoher gesellschaftlicher
Relevanz, sondern auch ein Dokument von hoher wissenschaftlicher
Selbstreflektion, was zur besseren Akzeptanz wissenschaftlicher Erkenntnisse in
der Gesellschaft beiträgt. Damit gehen vom Goethe-Medienpreis immer wieder
wertvolle Denkanstöße für Wissenschaft, Gesellschaft und Politik aus. Wir
danken unseren Partnern, der FAZIT-Stiftung und dem Deutschen Hochschulverband,
für ihr langjähriges Engagement.“
Für die Jury erklärte der frühere Mitherausgeber der Frankfurter
Allgemeine Zeitung (FAZ), Werner D´Inka: „Die ausgezeichneten Arbeiten sind Musterbeispiele für
sorgfältige Recherche, kenntnisreiche Darstellung und für eine Sprache, die
ihrem Thema gerecht wird. Wer meint, der nachforschende, nachfragende,
nachhakende Journalismus sei von gestern, wer findet, eine flotte Schreibe sei
doch lässiger als das Abwägen von Für und Wider, wer glaubt, dem Prinzip „Keine
Ahnung, Hauptsache Meinung“ gehöre die Zukunft, muss nach Lektüre der Beiträge
von Patrick Bauer, Patrick lllinger und Till Krause sowie von Nele Rößler und
von Martina Keller ganz kleinlaut werden. Die Jury findet: Das ist Journalismus
par excellence, heute und auch noch in hundert Jahren.“
Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Prof. Dr.
Bernhard Kempen, betonte: „In einer zunehmend ,verwissenschaftlichten' Welt
sind Journalistinnen und Journalisten nicht nur unverzichtbare Vermittler, die
oftmals hochspezialisierte wissenschaftliche Erkenntnisse allgemein
verständlich übersetzen helfen. Sie müssen vor allem auch kritische, ja
manchmal unbequeme Beobachterinnen und Beobachter sein, die Fehlentwicklungen
in der Wissenschaft aufdecken und zu grundlegenden Reflexionen anregen. Mein
herzlicher Glückwunsch geht an die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger, die
dies in herausragender Weise tun. Sie stehen mit ihren Arbeiten für
qualitätsbewussten wissenschafts-
und hochschulpolitischen Journalismus, den der Goethe-Medienpreis als
bundesweit erste Auszeichnung im zweijährigen Rhythmus seit 2008 prämiert.
Angesichts anhaltender redaktioneller Schrumpfkuren ist diese Auszeichnung
wichtiger denn je, weil sie den Wert
von Qualitätsjournalismus unterstreicht.“
Der Goethe-Medienpreis ging 2020 in die siebte
Ausschreibungsrunde. 2008 auf Initiative der Goethe-Universität gegründet und
von der FAZIT-Stiftung sowie dem DHV mitgefördert, ist er bis heute die einzige
Auszeichnung im deutschsprachigen Raum, bei der ausschließlich die Arbeiten
wissenschafts- und hochschulpolitisch tätiger Journalisten im Fokus stehen. Seit 2008 wurden
18 Preisträgerinnen und Preisträger prämiert und Preisgelder in Höhe von
insgesamt fast 45.000 Euro in den Kategorien Print, Online und Hörfunk
vergeben. Die Jury aus renommierten Fachleuten (s.u.) hatte in dieser Zeit die
Qual der Wahl zwischen fast 300 Bewerbungen zumeist überregionaler Leitmedien.
Damit hat sich der Goethe-Medienpreis als unabhängige Auszeichnung im breiten
Feld der mehr als 300 deutschen Journalistenpreise etabliert.
Der
Goethe-Medienpreis wird am 31. Mai 2021 im Rahmen der „Gala der Deutschen
Wissenschaft“ des DHV verliehen. Die Gala, die ausschließlich online
stattfinden wird, wird gestreamt.
Redaktion: Dr. Olaf Kaltenborn, Leiter PR &
Kommunikation, Tel: 069 798-13035, Fax: 069 798-763 12531, kaltenborn@pvw.uni-frankfurt.de
In Europa einzigartige Börsensimulation LiveX der Goethe-Universität nun auch von der Deutsche Börse Capital Markets Academy genutzt
FRANKFURT. Verschiedene
Börsen im In- und Ausland nutzen sie, und zahlreiche
europäische Spitzenuniversitäten nutzen sie auch: Die Rede ist von der in
Europa einzigartigen Börsensimulation LiveX, die von Wirtschaftsinformatikern
der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt worden ist und die nun auch die Deutsche
Börse als Nutzerin verzeichnen kann. Bei der Capital Markets Academy, dem
Trainingsanbieter der Deutschen Börse, können Teilnehmer im Zertifikatslehrgang
„Börsenhändler Kassamarkt“ jetzt ihr erworbenes Wissen in der Handelssimulation
LiveX in realistischen Situationen anwenden.
Anders als einfache Börsensimulationsprogramme, die Privatanleger
ausschnitthaft den Handel an der Börse erproben lassen, simuliert LiveX das
reale Geschehen an europäischen Börsen in seiner gesamten Komplexität: Dazu
gehören nicht nur alle Marktmodelle auf Xetra, dem vollelektronischen
Handelsplatz der Deutschen Börse, wie etwa fortlaufender Handel mit Auktionen.
Auch andere Handelssysteme wie Multilateral Trading Facilities (MTF) oder der
Handel in Dark Pools, in denen die Wertpapieraufträge der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer nicht sichtbar sind, werden in LiveX abgebildet. Damit bietet das
Team um den Wirtschaftsinformatiker Prof. Peter Gomber ein in Europa
einzigartiges Simulationsprogramm an – der Grund, warum LiveX von deutschen und
europäischen Spitzenuniversitäten sowie von internationalen
Börsenorganisationen in der Weiterbildung eingesetzt wird.
In der Pandemie hat das Team die Markt- und
Trading-Simulationssoftware darüber hinaus zu einer cloudbasierten Lösung weiterentwickelt.
Damit ist die zuvor von einer Laborumgebung abhängige Nutzung von LiveX rund um
die Uhr unabhängig vom Standort aller Teilnehmenden möglich.
Wirtschaftsinformatiker Prof. Peter Gomber von der
Goethe-Universität ist stolz darauf, die Academy der Deutschen Börse als neuen
Lizenznehmer gewonnen zu haben: „Die Capital Markets Academy der Deutsche Börse
AG bietet seit vielen Jahren innovative Qualifizierungsangebote mit hohem
Praxisbezug und digitalen Lernformaten an. Mit der aktuellen LiveX Cloud-Version
bieten sich eine wesentlich erhöhte Flexibilität und innovative
Einsatzmöglichkeiten in der Weiterbildung auf dem Gebiet des modernen
Wertpapierhandels“.
Ulf Mayer, Head of Capital Markets Academy der Deutsche Börse AG,
betont: „Unsere Teilnehmer geben uns sehr positive Rückmeldungen zu den
LiveX-Simulationen. LiveX bildet den Börsenhandel sehr realistisch ab und ist
auch in einer rein digitalen Ausbildung zum Verständnis von Marktstrukturen und
Handelsabläufen hervorragend geeignet.“
Weitere Informationen zu:
LiveX der Universität Frankfurt: livex.uni-frankfurt.de
Capital Markets Academy:
academy.deutsche-boerse.com
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Peter Gomber
Abteilung Wirtschaftsinformatik und Informationswirtschaft
Professur
für e-Finance
Goethe-Universität
gomber@wiwi.uni-frankfurt.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de
Erstmals Campusgärten auf dem Riedberg und im Westend: PermaKulturInseln der Goethe-Universität sollen Begegnungsorte der Stadt sein
Gemüsegarten, grüne Oase, Forschungsstätte und Bildungsort: Die neuen Campusgärten der Goethe-Universität sollen weit mehr bieten als das Ernten von Obst und Gemüse. Dazu haben sich Studierende mit der Initiative Goethe's Green Office, dem Wissenschaftsgarten der Universität, dem AStA sowie dem Arbeitskreis „PermaKulturInseln“ der GemüseheldInnen und des Ernährungsrats Frankfurt zusammengetan.
FRANKFURT. Abends
nach der Arbeit auf dem Campus Westend einen Salatkopf pflücken? Dazu
Erdbeeren, Kartoffeln und Kürbisse ernten und Kräuter zupfen? Gemeinsam mit
anderen Städterinnen und Städtern Unkraut jäten, sich an Wasserstellen,
Wildblumen und Gemüsebeeten erfreuen? Was vollkommen märchenhaft klingt, wird
mit der Zusage der Universität zu PermaKulturInseln auf dem Campus bald schon
Wirklichkeit werden.
„Als Biologe freue ich mich natürlich ganz besonders über die
Initiative unserer Studentinnen und Studenten und habe sie auch nachdrücklich
unterstützt“, begrüßt Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität,
das Projekt. „Die Permakulturgärten bieten ja nicht nur lokal ganz konkrete
Lösungen für globale Umweltprobleme und helfen uns dabei, dazu weiter zu
forschen. Sie zeigen außerdem aufs Schönste, wie Universität und Stadt
miteinander verbunden sind: durch junge Menschen mit kreativen Ideen und der
Entschlossenheit, diese Ideen vor Ort, inmitten der Stadt, inmitten der
Universität, umzusetzen.“
Erste Schritte auf dem Weg zu den PermaKulturInseln sind die
Studierenden mit den GemüseheldInnen und dem Ernährungsrat, beide getragen vom
Verein BIONALES e.V. - Bürger für regionale Landwirtschaft und Ernährung, schon
gegangen: Für die verwilderten Campusflächen wurden Konzepte erdacht, Beete
angelegt, Samen in die Erde gebracht und Jungpflanzen angezogen – dass der
biozertifizierte Kohlrabi „Enrico“ mit seinem Namen eine lockere Verbindung zum
Unipräsidenten herstellt, ist durchaus beabsichtigt. Unterstützt wurden die
Studierenden von Robert Anton, dem Leiter des Wissenschaftsgartens und
universitärer Ansprechpartner für die Campusgärten. „Mit seiner Hilfe konnten
die Flächen noch rechtzeitig vor dem Vogelschutz vorbereitet werden“, freut
sich Campusgärtner Silas Büse. „Jetzt sind wir unglaublich glücklich, zur Tat
schreiten zu können. Bei vielen Studierenden kommt das Projekt bereits sehr gut
an.“
800 Quadratmeter auf dem Riedberg und 2.000 Quadratmeter auf dem
Campus Westend hat die Universität derzeit für Permakultur bereitgestellt. Will
heißen: für hochproduktive essbare Ökosysteme, die dauerhaft funktionieren. Um
das zu erreichen, werden traditionelle Methoden mit neuesten wissenschaftlichen
Erkenntnissen verknüpft. Oder in den Worten von Juliane Ranck und Laura Setzer,
den Gründerinnen der „GemüseheldInnen“: „In der Permakultur wird jedes Element
so platziert, dass es sich optimal entfalten kann.“ Dies gilt für alle am
System Teilhabenden: Pflanze, Tier, Mensch und ihre Umgebung.
Vielfalt zählt: Für die Campusgärten bedeutet dies, „dass
bestehende Habitate um geeignete Elemente ergänzt werden – wie Obstbäume,
Wildobststräucher, Totholzhecken, Kompost, Gemüsebeete oder Feuchtbiotope“,
erklärt Moritz Schmitthenner vom Goethe's Green Office, Student der
Politikwissenschaft und Soziologie. „So stehen beispielweise Sumpfdotterblumen
unter schattenspendenden Obstbäumen neben mediterranem Gemüse und duftenden
Kräuterspiralen.“ Maximale Artenvielfalt auf minimaler Fläche könne zudem bis zu
zehnmal produktiver sein als konventioneller Ökolandbau, wissen die
Campusgärtnerinnen und –gärtner. Und: „Allein die Ästhetik dieses biodiversen
Naturschauspiels hat einen besonderen Wert und kann dem Wohlbefinden des
Menschen unglaublich guttun. Das bringt wiederum auch einen ökonomischen und
gesellschaftlichen Wert mit sich“, sagt Silas Büse.
Überhaupt ist das Team mit inzwischen mehr als 40 Mitgliedern
rundum bestens ausgebildet: Viele „Gemüseheldinnen“ haben internationale Kurse
über Permakultur und Market Gardening besucht und absolvieren derzeit das
Basisjahr der dreijährigen Ausbildung zur Permakultur-Designerin; dass im
Garten statt Umgraben umfangreiches Mulchen angesagt ist, gehört inzwischen zu
ihren Grundkenntnissen. Andere Campusgärtner*innen bringen Wissen aus
naturwissenschaftlichen Studiengängen ein. „In unserem Studium lernen wir, was
z.B. in der Landwirtschaft falsch läuft und wie sie unsere Erde nachhaltig
beeinträchtigt“, sagt Umweltwissenschaftler Silas Büse. Städtische PermaKulturInseln
bedeuten deshalb auch, Auswege aus dem „Falschen“ zu suchen und konstruktive
Lösungen aufzuzeigen. Es versteht sich bei dem universitären Projekt von
selbst, dass es wissenschaftlich begleitet wird – aktuell z.B. durch
umweltanalytische Bodenbeprobung der Bodenbeschaffenheit und der chemischen
Belastung. Alle Schritte in der Gartenentwicklung werden akribisch
dokumentiert, damit das Projekt Schule machen kann. „Wir wollen, dass unsere
essbaren Inseln in Frankfurt zu einem Modellprojekt werden, das anderen Städten
und Universitäten als Vorbild dient“, sagen die Campusgärtner*innen.
Was auf dem Campus geschieht, soll in die Stadt hineinwirken. Und
dies geht das Team methodisch an. Von der Miquelallee in Richtung Campus
Westend wird bald ein mehrere Meter breiter Banner zu lesen sein: „Stadtgemüse:
Frankfurter Studierende bauen an“. Anwohnerinnen und Anwohner des Riedbergs
haben bei der vor ihren Häusern wachsenden Gartenanlage bereits ihre Mitarbeit
angeboten, ein Kindergarten in der Nähe des Campusgartens Westend hat Interesse
an regelmäßigen Besuchen bekundet. Aktive Neugierde ist ganz im Sinne der
Campusgärtner*innen, die ohnehin „Bildungstransfer“ auf ihrer Agenda stehen
haben. In den Campusgärten sollen Kurse für alle Lebensalter angeboten werden.
Jeder kann mitmachen und ernten. Dabei ist Inklusion mitgedacht, wenn etwa
Hochbeete für Menschen im Rollstuhl angelegt werden sollen. Das Miniaturmodell einer
PermaKulturInsel macht das Projekt in Kürze bei der
Ausstellung „Gärtnern Jetzt“ im Historischen Museum bekannt. Und
am 24. Juni wird das Buch von Laura Setzer und Juliane Ranck veröffentlicht:
„Urban Farming. Gemüse anbauen, gemeinschaftlich gärtnern,
Ernährungssouveränität schaffen“.
Auch die Finanzierung ist bedacht. Der Ernährungsrat Frankfurt
unterstützt das Projekt bereits, ein Antrag auf weitere Förderung beim Land
Hessen ist gestellt. Um die Kosten möglichst gering zu halten, gehen die
Campusgärtner*innen ganz im Sinne der Permakultur vom Naheliegenden aus: Was
ist schon vorhanden? Was können wir nutzen? Wo gibt es „Abfall“, der in einen
Kreislauf eingebracht werden kann? Das städtische Entsorgungsunternehmen (FES)
versorgt die PermaKulturInsel auf dem Campus Westend mit hochwertiger
Komposterde und Holzhäckseln, die Insel auf dem Riedberg profitiert vom
Grünschnitt des Wissenschaftsgartens. „Wir brauchen allerdings noch eine Menge
Beerensträucher“, sagt Campusgärtner und Philosophiestudent Emil Unkrig. „Über
Sachspenden würden wir uns sehr freuen!“
Vom Kohlrabi „Enrico“ bis zum Klimawandel - neben der Arbeit mit
Erde und Spaten geht es bei den PermaKulturInseln um das große Ganze: „Wir
wollen eine positive Vision verwirklichen“, sagt Juliane Ranck. Die ersten
Schritte auf dem Weg dorthin beginnen hier und jetzt, auf den Campi der
Goethe-Universität.
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/99832626
Bildtext:
(Bild
1) Jeder kann mitmachen und ernten: Erste Beete der PermaKulturInsel auf
dem Campus Westend (Bildnachweis: Campusgärten)
(Bild
2) „In der Permakultur wird jedes Element so platziert, dass es sich optimal
entfalten kann“: Bau einer Kräuterspirale auf dem Campus Riedberg
(Bildnachweis:
Campusgärten)
Weitere Informationen
kontakt@goethesgreenoffice.de (Kontakt für Campus
Westend und Campus Riedberg)
permakultur-riedberg@protonmail.com (Kontakt für Campus
Riedberg)
www.gemuseheldinnen-frankfurt.de
www.ernaehrungsrat-frankfurt.dewww.bionales.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de
Im aktuellen UniReport bilanzieren die Politikwissenschaftler Thomas Zittel, Christian Stecker und Michael Jankowski die Erfahrungen mit dem „Kommunalwahlkompass“ in Hessen
FRANKFURT. Zu den hessischen Kommunalwahlen am 14. März 2021 wurde erstmals in der Fläche eine Wahlhilfe angeboten, mit der sich die Wählerinnen und Wähler über das programmatische und personelle Angebot der Parteien informieren konnten. In 33 Kommunen und einem Landkreis stand der „Kommunalwahlkompass“ zur Verfügung. Im aktuellen UniReport ziehen die drei Politikwissenschaftler Prof. Thomas Zittel (Goethe-Universität Frankfurt), Dr. Christian Stecker (TU Darmstadt) und Michael Jankowski (Universität Oldenburg) nun ein erstes Fazit: „Eine Wahlhilfe für die Wähler, eine Erkenntnishilfe für die Wissenschaft“, lautet die insgesamt positive Bilanz. Die Analyse des Nutzungsverhaltens zeige, dass durch den Kommunalwahlkompass über den eigenen politischen Tellerrand geschaut wurde. Die Mehrzahl der Nutzer*innen interessierte sich nicht nur für die „eigene“ Partei oder ein bestimmtes Lager, sondern war auch an den Positionen und Begründungen von ideologisch weiter entfernten Parteien interessiert.
Von der Veröffentlichung am 17. Februar
2021 bis zur Kommunalwahl verzeichnet der Kommunalwahlkompass etwa 150 000
Nutzungen. Spitzenreiter war dabei Frankfurt, dicht gefolgt von Darmstadt und
Wiesbaden. Die Analyse zeige, dass in den Wahlvorschlägen der Parteien wichtige
soziale Gruppen unterrepräsentiert sind: „So sind nur 37 Prozent der Kandidierenden
Frauen; auch der Anteil der Kandidatinnen und Kandidaten, die jünger als 27
sind, liegt mit 9 Prozent deutlich unter dem Anteil der entsprechenden Gruppe
von 14 Prozent an der wahlberechtigten Bevölkerung in Hessen. Der Anteil von 8
Prozent von Kandidatinnen und Kandidaten mit einer nicht-deutschen
Staatsbürgerschaft stellt gegenüber den 16 Prozent in Hessen ebenso eine
deutliche Unterrepräsentation fest.“
Die Nutzer*innen konnten im Kommunalwahlkompass einzelne Thesen gewichten und
damit anzeigen, welche Themen für sie besonders wichtig sind. „Sowohl CDU-,
SPD-, FDP- als auch Grünen-Anhänger gewichteten Verkehrsthemen besonders häufig
und nahmen dazu teils gegensätzliche Positionen ein. Dies zeigt, dass die
Verkehrswende in den großen Städten ein wichtiges und zugleich stark
polarisierendes politisches Thema ist“, lautet eine weitere Erkenntnis.
Ein Jahr mit Corona: Im neuen UniReport
schauen Hochschulangehörige aus Wissenschaft, Verwaltung und Studierendenschaft
auf ein ungewöhnliches Jahr zurück. Einige der weiteren Beiträge in der
aktuellen Ausgabe befassen sich mit der Corona-Pandemie aus
erziehungswissenschaftlicher und psychologischer Sicht:
- Keine
offenen Räume, kein Mitspracherecht: Die Erziehungswissenschaftlerin Johanna
Wilmes hat untersucht, wie junge Menschen die Corona-Pandemie erleben.
- Geflüchtete
haben nur eingeschränkt Zugang zu Informationen: Die Psychosoziale
Beratungsstelle für Flüchtlinge (PBF) hat auf Grundlage der Erfahrungen des
letzten Jahres eine Studie darüber erstellt, über welches Wissen Geflüchtete
bezüglich Corona-Maßnahmen verfügen.
- Motiviert
für Tokio: Juliane Wolf, Paralympics-Tischtennispielerin, ist für die
Paralympischen Spiele in Tokio qualifiziert. Eine verschleppte
Corona-Erkrankung hat die Leistungssportlerin für mehrere Wochen außer Gefecht
gesetzt.
- Kulturgeschichte
vom Mittelalter bis in die Neuzeit Die Judaistin Elisabeth Hollender über den
Beitrag ihres Faches zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
- „Die
Ästhetik ist eine Frankfurter Marke“: Eine Balance zwischen den Disziplinen im
Masterstudiengang Ästhetik
- Radikalisierung
nicht nur ein Problem der gesellschaftlichen „Ränder“: Mit den Ergebnissen aus
den Projekten MAPEX und FEM4DEM berät die „Pädagogik der Sekundarstufe mit
Schwerpunkt Islam“ Politik und Bildungsinstitutionen.
- „Der
Begriff Altern hat sehr viele Facetten“: Porträt des Alternswissenschaftler
Frank Oswald.
- 40
000 Briefe: Das Akademieprojekt „Buber-Korrespondenzen digital“ soll den
umfangreichen Briefwechsel des jüdischen Religionsphilosophen besser zugänglich
machen.
- Die
Seele Dänemarks: Die Lektorin Marlene Hastenplug hat gemeinsam mit Studierenden
einen Band mit Erzählungen aus Dänemark herausgebracht.
- Der
Körper als Kommunikationsnetzwerk: Die Biochemikerin Florencia Sánchez aus
Argentinien erforscht, wie Empfängerproteine Zellreaktionen beeinflussen.
- Interdisziplinär
und praxisorientiert: Das Center for Leadership and Behavior in Organizations
(CLBO) feiert sein 10-jähriges Bestehen.
- Verstehen, kritisieren und weiterdenken: Johanna Weckenmann hat zusammen mit zwei studentischen Mitstreiterinnen einen Band herausgegeben, in dem über die Institution Universität interdisziplinär und plural nachgedacht wird.
- Frankfurt
ganz anders: Der Chemiker Francesco di Maiolo ist Humboldt-Stipendiat an der
Goethe-Universität.
- Den
Betroffenen Gehör schenken: Prof. Sabine Andresen, Vorsitzende der
„Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“, über
ein sensibles gesellschaftspolitisches Feld.
- MoSyD
2019: Neue Frankfurter Studie zeigt in vielen Bereichen jugendlichen
Drogenkonsums eine Stagnation oder sogar einen Rückgang.
- „Die
Idee ist gut, die Leute sind klasse“: Die studentische Initiative TechAcademy
organisiert digitale Bildung für alle Studierenden an der Goethe-Universität.
- Im
Fokus des „Rescued“-Projekts: Ursachen des Herztods bei jungen Menschen und
Beratung der Familien.
- Interdisziplinärer
Blick auf die Schnitzkunst der Hopi: Studierende der Goethe-Universität
präsentieren im Internet eine Sammlung von Tithu-Figuren aus Arizona.
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de
Neues Schwerpunktprogramm nimmt die außersprachliche Verständigung in den Blick – Frankfurter Linguistin Cornelia Ebert ist Sprecherin
Sprechen, schreiben, lesen, hören – das sind nicht die einzigen
Kanäle menschlicher Kommunikation. Doch welche Möglichkeiten gibt es,
Informationen außerhalb der gesprochenen Sprache zu vermitteln? Und wie
funktionieren sie, auch im Verhältnis zu den anderen Kanälen? Mit diesen Fragen
wird sich ein neues Schwerpunktprogramm befassen, das die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) vom kommenden Jahr an fördern wird.
FRANKFURT. Das
Projekt „Visuelle Kommunikation“ (ViCom) ist eines von 13 neuen
Schwerpunktprogrammen (SPP), die im Jahr 2022 ihre Forschung starten können.
Beantragt haben das Verbundprojekt Prof. Dr. Cornelia Ebert
(Goethe-Universität) und Prof. Dr. Markus Steinbach (Universität Göttingen),
beide Linguistik. Die Sprecherschaft liegt bei der Goethe-Universität.
Im Zentrum des Schwerpunktprogramms stehen außersprachliche Kanäle
der Kommunikation wie Gestik, Mimik und Bildhaftigkeit. Die beiden
Antragsteller nähern sich der Thematik aus unterschiedlichen Richtungen:
Während Markus Steinbach vor allem zu Gebärden forscht, nimmt die Frankfurter
Semantikerin Cornelia Ebert die gestische Erweiterung der Kommunikation in den
Blick. „Was haben Gesten und Gebärden gemein? Welchen Status nehmen Gesten
innerhalb des kommunikativen Geschehens ein? Und wie können wir das beschreiben?“,
formuliert Ebert ihr Forschungsinteresse. Auch der schulisch-didaktische
Bereich und die therapeutische Kommunikation, die gestische Verständigung
zwischen Tieren und die Interaktion zwischen Mensch und Computer werden in dem
standortübergreifenden Verbundprojekt eine Rolle spielen.
Das Interesse an visuellen Komponenten der Verständigung ist in der Linguistik relativ neu, der Fokus liegt sonst stark auf der gesprochenen Sprache. „Deshalb fehlt bislang auch das Werkzeug zur Beschreibung“, begründet die Linguistin ihre Motivation, viel Expertise für Grundlagenforschung zusammenzubringen. In anderen Bereichen der Kultur- und Geisteswissenschaften hat man bereits einen Umgang mit visuellen Phänomenen in der Kommunikation – etwa in der Filmwissenschaft, der Psychologie oder auch der Informatik. Diese verschiedenen Blickwinkel soll das Schwerpunktprogramm nun zusammenführen, um gemeinsam ein neues Kommunikationsmodell zu entwickeln, das die Besonderheiten und die Komplexität multimodaler Kommunikation erfassen kann. Das Programm soll außerdem dazu beitragen, methodische, technologische, therapeutische und didaktische Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben.
70 Personen aus ganz Deutschland und den Niederlanden waren vorab
involviert. Doch bevor es richtig losgehen kann, müssen im Zuge einer offenen
Ausschreibung die 15 bis 30 Projekte ausgewählt werden, die tatsächlich ins
Programm aufgenommen werden sollen. Die Kick-off-Veranstaltung wird
voraussichtlich im Frühjahr oder Sommer 2022 stattfinden. Danach werden sich
Projekte zu Clustern zusammenfügen, einmal jährlich wird es auch eine große
Konferenz geben.
DFG-Schwerpunktprogramme
In den Schwerpunktprogrammen sollen wissenschaftliche Grundlagen
besonders aktueller oder sich gerade bildender Forschungsgebiete untersucht
werden. Alle Programme sind stark interdisziplinär ausgerichtet und zeichnen
sich durch den Einsatz innovativer Methoden aus. Die Förderung des
wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein zentrales Element der SPP, darüber
hinaus weisen alle neuen Verbünde ein Gleichstellungskonzept auf.
Schwerpunktprogramme werden sechs Jahre lang gefördert. Aktuell befinden sich
insgesamt 89 Schwerpunktprogramme in der Förderung, drei davon in Frankfurt.
ViCom wird das einzige nicht naturwissenschaftliche Schwerpunktprogramm an der
Goethe-Universität sein.
Insgesamt konnte der Senat der DFG aus 47 eingereichten Anträgen
aus allen wissenschaftlichen Disziplinen auswählen. Die 13 erfolgreichen
Schwerpunktprogramme, zu denen auch das Frankfurt-Göttinger-Programm zählt,
erhalten für zunächst drei Jahre insgesamt rund 82 Millionen Euro. Hinzu kommt
eine 22-prozentige Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten.
Prof. Dr. Cornelia Ebert
Prof. Dr. Cornelia Ebert (45) forscht und lehrt seit 2019 an der
Goethe-Universität, vor allem zur Semantik. Ebert hat in Potsdam
Computerlinguistik studiert und kam über mehrere wissenschaftliche Stationen in
Osnabrück und Berlin nach Frankfurt. 2020 erhielt sie ein Goethe-Fellowship am
Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg. Ebert war bereits an einem
anderen Schwerpunktprogramm beteiligt: XPRAG.de – New Pragmatic Theories based
on Experimental Evidence.
Prof. Dr. Markus Steinbach
Prof. Dr. Markus Steinbach (54) forscht und lehrt seit 2009 an der
Georg-August-Universität Göttingen vor allem im Bereich der Semantik, Pragmatik
und Gebärdensprachlinguistik. Steinbach hat an der Goethe-Universität
Germanistik und Philosophie studiert und wurde an der Humboldt-Universität zu
Berlin promoviert. Von 2007 bis 2008 hat er eine Professur an der
Goethe-Universität vertreten. In Göttingen leitet er das experimentelle
Gebärdensprachlabor. Er ist an mehreren Verbundprojekten beteiligt und
Herausgeber einer Fachzeitschrift und von zwei Buchreihen.
Bilder zum Download: www.uni-frankfurt.de/99754999
Bildtext: Prof. Dr. Cornelia Ebert (Foto: Kerstin Vihman) von der
Goethe-Universität und Prof. Dr. Markus Steinbach (Foto: privat) von der
Universität Göttingen haben gemeinsam ein DFG-Schwerpunktprogramm zur visuellen
Kommunikation eingeworben.
Weitere Informationen
Cornelia Ebert
Institut für Linguistik
Goethe-Universität
Telefon 069 / 798-32392
E-Mail ebert@lingua.uni-frankfurt.de
Homepage https://www.linguistik-in-frankfurt.de/institut/professur-semantik-ebert/
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Wissenschaftler von Goethe-Universität Frankfurt und Center for European Policies Studies entwickeln einfache Formel zum Abschätzen der erforderlichen Impfgeschwindigkeit
Trotz steigender Infektionszahlen wäre es möglich, auf Kontaktbeschränkungen zu verzichten, wenn die Impfrate hoch genug wäre. Prof. Claudius Gros von der Goethe-Universität Frankfurt und Dr. Daniel Gros vom Center for European Policies Studies in Brüssel haben eine einfache mathematische Formel entwickelt, nach der sich abschätzen lässt, bei welcher Impfgeschwindigkeit die Pandemie auch ohne Lockdown beherrschbar bliebe und weder das Gesundheitssystem überlastet wäre noch die Todesraten nach oben schießen würden. Die Studie wird am 8. April 2021 in der Online-Publikation Covid Economics erscheinen.
FRANKFURT. Nach wie vor sind durch die Pandemie in erster Linie ältere Menschen betroffen: Wenn sich jeder in der Bevölkerung mit SARS-CoV-2 infizieren würde, würden in Deutschland statistisch gesehen 1,5 Millionen der Menschen über 60 sterben, von den Unter-60-Jährigen wären es „nur“ 75.000. Daher setzen Impfstrategien – abgesehen von bestimmten besonders exponierten Bevölkerungsgruppen – häufig bei den älteren Menschen an mit dem Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems durch schwere COVID-19-Verläufe und hohe Todeszahlen zu vermeiden. Denn das Impfen von nur einem Viertel der Bevölkerung kann 95 Prozent der Todesfälle verhindern.
Prof. Claudius Gros vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität Frankfurt und Dr. Daniel Gros vom Center for European Policies Studies (CEPS) haben bei der Entwicklung ihrer Impfformel daher den älteren Teil der Bevölkerung in den Blick genommen. Denn die COVID-19-Todeszahlen werden von drei Faktoren bestimmt. Der Infektionsrate, der Abhängigkeit der Sterberate vom Alter, sowie von der Struktur der Alterspyramide. Deutschland ist daher, wie fast alle Länder Europas, besonders anfällig für die dritte Welle: Das Durchschnittsalter der Bevölkerung ist hoch, die neue Mutante ist hochinfektiös, die Impfgeschwindigkeit hingegen nimmt nur langsam zu. Um die Pandemiefolgen beherrschbar zu halten, müssen daher umfangreiche Kontaktbeschränkungen die Infektionsrate niedrig halten.
Ab welchem Punkt gelockert werden kann, lässt sich den beiden Wissenschaftlern aus Frankfurt und Brüssel zufolge mit einer Faustformel bestimmen: Sie setzt die wöchentliche Zunahme der Infektionszahlen in Relation zur Steigerung der pro Woche vorgenommenen Impfungen. Vereinfacht lautet der Zusammenhang: Erkranken x Prozent der Bevölkerung mehr pro Woche, müssen im selben Zeitraum x*f/100 Prozent der Bevölkerung mehr geimpft werden. Der Faktor f, der am Anfang der Impfkampagne f=2 war, steigt, wenn schon ein Teil der Bevölkerung vollständig geimpft wurde. Derzeit haben wir f=6. Das heißt, wenn die Inzidenz um x=20 Prozent pro Woche steigt, müssten 20*6/100=1,2 % der Bevölkerung zusätzlich (vollständig) geimpft werden. Diese gilt für die Impfdosen, die nach Alter verabreicht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwei Impfdosen für eine vollständige Immunisierung notwendig sind.
Dr. Daniel Gros erläutert: „Da diese Impfgeschwindigkeit derzeit verhältnismäßig gering ist, dürfte nach unseren Berechnungen die 7-Tagesinzidenz pro Woche nicht mehr als 13 bis 16 Prozent ansteigen, damit die Todesraten gering bleiben und das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Im Laufe der vergangenen Woche allerdings stiegen die Infektionszahlen um 25 Prozent, damit sind umfangreiche Kontaktbeschränkungen unausweichlich, und aggressive Mutanten haben mehr Möglichkeiten, sich auszubreiten.“
Prof. Claudius Gros meint: „Die von uns entwickelte Formel erlaubt eine einfache und schnelle Abschätzung, die zeigt, wie schnell wir impfen müssten, um die Folgen der Pandemie für das Gesundheitswesen beherrschbar zu halten. Wir haben es leider versäumt, zum Beispiel durch höhere Preise für früh hergestellte Impfdosen Anreize für die Pharmaunternehmen zu setzen, ihre Produktion rasch zu steigern, was immer sehr kosten- und ressourcenintensiv ist. Daher haben sich die Unternehmen, wie wir in einer früheren Arbeit vorhergesagt haben, für eine lineare Produktionssteigerung entschieden. Aus unternehmerischer Sicht ist das kosteneffektiv, aber es führt dazu, dass wir nicht schnell genug über ausreichend Impfstoff verfügen.“
Publikation: Claudius Gros und Daniel Gros, „How fast must vaccination campaigns proceed in order to beat rising Covid-19 infection numbers?“ in: Covid Economic, in press. https://arxiv.org/abs/2103.15544
Weitere Informationen: Prof. Dr. Claudius Gros Institut für Theoretische Physik Goethe-Universität Frankfurt gros07@itp.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Der Soziologe Stephan Lessenich wird Direktor des IfS und Professor in Frankfurt / „Ort des intellektuellen Austauschs weiterentwickeln“
Die Wartezeit ist vorbei: Der Soziologe Stephan Lessenich, bislang an der Ludwig-Maximilians-Universität in München tätig, wird Professor an der Goethe-Universität und Direktor des renommierten Instituts für Sozialforschung (IfS). Die neu geschaffene Kooperationsprofessur, die mit der Leitungsfunktion am IfS verbunden ist, wurde durch die Bereitstellung von Sondermitteln des Landes Hessen ermöglicht. Universität und Institut rücken auf diese Weise näher zusammen.
FRANKFURT. Im Jahr 2018 hat Prof. Dr. Axel Honneth seinen Abschied als Direktor genommen, seither stand das Institut für Sozialforschung unter der kommissarischen Leitung von Prof. Dr. Ferdinand Sutterlüty, der das Institut zweieinhalb Jahr mit großem Engagement geführt hat. Nun gibt es eine neue Konstellation: Mit Mitteln des Landes Hessen wird eine Professur für „Gesellschaftstheorie und Sozialforschung“ an der Goethe-Universität eingerichtet – eine explizite Kooperationsprofessur mit dem Institut für Sozialforschung. Der erste Stelleninhaber ist nun bekannt: Der Münchner Soziologe Prof. Dr. Stephan Lessenich hat den Ruf nach Frankfurt angenommen und tritt am 1. Juli seinen Dienst an.
„Ich freue mich sehr, dass Stephan Lessenich als Professor und neuer Direktor des IfS nach Frankfurt kommt“, sagt Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn. „Wie relevant die Arbeit des Instituts für Sozialforschung ist, war selten so offensichtlich wir zurzeit. Wir brauchen sie, um die Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. Das IfS steht in einer philosophischen Tradition, die sich nicht damit begnügt, die Welt verschieden zu interpretieren, sondern sie auch verändern will im Geist des beharrlichen Hinterfragens, der konstruktiven Kritik, der diskursiven Auseinandersetzung. Um diese wichtige Rolle des IfS mit einer hochkarätigen neuen Leitung stärken zu können, haben wir die Förderung des Landes von 2021 an gern von bisher gut 615.000 auf 870.000 Euro pro Jahr erhöht.“
„Für die Goethe-Universität ist es eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass das Institut in der Person von Stephan Lessenich jetzt noch enger an die Universität heranrückt. Professor Lessenich hat sich durch seine Forschung international einen Namen gemacht und wird Universität und IfS weltweit noch stärker sichtbar machen“, sagt Unipräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff. „Stephan Lessenich gelingt in idealer Weise die Verbindung von soziologischer Theoriebildung und empirischer Forschung. Ich bin überzeugt, dass die Frankfurter Perspektive in künftigen gesellschaftlichen Debatten eine starke Rolle spielen wird“, kommentiert Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink, Dekanin des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften, die Berufung. Jutta Ebeling, Vorsitzende des Stiftungsrates des IfS: „Ich freue mich, dass wir das Institut jetzt auf eine neue Grundlage stellen und für die Leitung einen so renommierten Wissenschaftler gewinnen konnten. Herrn Prof. Sutterlüty, der das Institut zweieinhalb Jahre lang mit großem Engagement durch eine schwierige Zeit gesteuert hat, sind wir zu großem Dank verpflichtet“.
„Es ist für mich eine große Ehre, an die Spitze des Hauses berufen zu werden, das auf eine so lange Tradition in der kritischen Gesellschaftstheorie zurückblicken kann. Gerade die soziologische Perspektive ist in diesen Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und gesellschaftspolitischer Weichenstellungen von wachsender Bedeutung“, sagt der künftige IfS-Direktor Prof. Dr. Stephan Lessenich. „Ich möchte das IfS als lebendigen Ort des intellektuellen Austauschs weiterentwickeln. Besonders liegt mir auch die Internationalisierung am Herzen: Die Zukunft der kritischen Sozialforschung kann nicht ohne die Perspektive der globalisierten Welt gedacht werden“, beschreibt Lessenich seine ersten Ideen für das Institut. Auch auf Frankfurt freue er sich schon sehr: „Die Stadt steht für eine politisch-kulturell außerordentlich interessierte Öffentlichkeit, für eine liberale Diskussionskultur und intellektuelle Offenheit.“
Zur Person von Stephan Lessenich
1965 in Stuttgart geboren, studierte Lessenich von 1983 bis 1989 in Marburg Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte. 1993 wurde er in Bremen promoviert, 2002 erhielt er an der Universität Göttingen die Venia legendi im Fach Soziologie. Seine erste Professur führte ihn an die Universität Jena, wo er Vergleichende Gesellschafts- und Kulturanalyse lehrte und gemeinsam mit Klaus Dörre und Hartmut Rosa die DFG-Kollegforschungsgruppe „Postwachstumsgesellschaften“ initiierte. 2014 wurde Lessenich als Nachfolger von Ulrich Beck auf den Lehrstuhl für Soziale Entwicklungen und Strukturen ans Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. Lessenich war von 2013-2017 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, er ist Mitherausgeber diverser wissenschaftlicher Zeitschriften und Buchreihen und u.a. einer der Kuratoriumssprecher und -sprecherinnen des Instituts Solidarische Moderne (ISM). Er bringt sich auch aktiv in gesellschaftliche Prozesse ein, ist beispielsweise Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von Attac und war 2017 Mitbegründer der Partei „mut“, um – wie er sagt – der „Diskursverschiebung nach rechts“ im Gefolge des langen Sommers der Migration etwas entgegenzusetzen.
Wie es zur Neukonzeption gekommen ist
Als „weltweit einmalig“ wurde die am IfS praktizierte „Verbindung von sozialphilosophischer Theoriebildung und empirischer Sozialforschung in der ideengeschichtlichen Tradition der ‚Frankfurter Schule'“ 2015 in einer Pressemitteilung des Wissenschaftsrats zur Evaluation des Instituts genannt. Die wissenschaftlichen Leistungen des Instituts wurden als „sehr gut und in Teilbereichen auch als exzellent“ beurteilt. Zudem werde am Institut eine unverzichtbare „zeitdiagnostische Deutungsarbeit“ für eine breitere Öffentlichkeit geleistet. Allerdings, so hieß es damals, leide „die Forschungsarbeit des Instituts oftmals unter fehlenden strategischen Entwicklungsmöglichkeiten“. „Zentrale Forschungsschwerpunkte“ seien immer wieder in ihrer Existenz bedroht, das Institut sei über Gebühr von Drittmitteln abhängig. Der Wissenschaftsrat empfahl einen robusteren organisatorischen Unterbau sowie ein Netz aus verstetigten Kooperationsbeziehungen. Dafür müsse u.a. das Amt der Direktorin oder des Direktors mit einer grundfinanzierten Planstelle ausgestattet und die Kooperation mit der Goethe-Universität erweitert und formalisiert werden.
In einem aufwendigen Verfahren wurde in Gesprächen mit dem Präsidium der Universität und in enger Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein Konzept der engeren Kooperation entwickelt sowie ein neues Modell für die Leitung des IfS. Moderiert wurde dieser Prozess von Jutta Ebeling, der ehemaligen Frankfurter Dezernentin und Bürgermeisterin sowie seit 2018 Vorsitzenden des Stiftungsrats des IfS, die bereits am Zustandekommen der Frankfurter Holocaust-Professur beteiligt war. Nach dem Vorbild dieser Professur in Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut sollte eine neue Professur in Kooperation mit dem IfS geschaffen werden. Diese wird jetzt am Institut für Soziologie angesiedelt sein.
In der Vergangenheit wurden Professoren der Goethe-Universität als Direktoren ans IfS berufen und erfüllten diese Aufgabe quasi ehrenamtlich, ohne dass sich dadurch an ihrer Tätigkeit an der Hochschule etwas geändert hätte. Neuerdings ist die jeweilige Professur nur mit 50 Prozent an der Goethe-Uni angesiedelt, mit der anderen Hälfte jedoch am Institut.
Zum Institut für Sozialforschung
Das Institut für Sozialforschung (IfS) an der Goethe-Universität ist eng mit den Namen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, aber auch Erich Fromm, Herbert Marcuse oder Leo Löwenthal verbunden. Mit Geldern der Mäzene Hermann und Felix Weil 1923 als Institut des akademischen Marxismus gegründet, wurde das IfS mit Max Horkheimer zur zentralen Forschungsstelle der Kritischen Theorie. Im Frühjahr 1933 wurde das Institut wegen „staatsfeindlicher Bestrebungen“ von der Gestapo aufgelöst. Auf verschlungenen Pfaden gelang es, seinen Sitz an die Columbia Universität in New York zu verlegen und die Arbeit im Exil fortzusetzen. Nach dem Krieg kehrte der engste Kreis des Instituts – Adorno, Horkheimer und Pollock – nach Frankfurt zurück, 1951 wurde das IfS an seinem heutigen Standort wiedererrichtet. Sein Grundhaushalt wird seither durch das Land Hessen und die Stadt Frankfurt gesichert. Im Zuge seiner bald 100-jährigen Geschichte hat das IfS auf vielfältige Weise in Wissenschaft und Gesellschaft gewirkt. Prof. Dr. Axel Honneth, der dem Institut zuletzt vorstand, hat mit seinen Schriften eine normativ gehaltvolle Gesellschaftstheorie der Anerkennung entwickelt.
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/99435799
Bildtext: Stephan Lessenich wird Soziologieprofessor an der Goethe-Universität und Direktor des Instituts für Sozialforschung (IfS). (Bild 1: Dirk Bruniecki, Bild 2: privat, Bild 3: LMU)
Weitere Informationen
Prof. Dr. Stephan Lessenich
stephan.lessenich@posteo.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Studie soll Erkenntnisse erbringen darüber, wie wirksam neue Methoden des Lernens sind
Bildung und Unterricht haben sich in der Pandemie stark verändert.
Das Kinderzimmer ersetzt den Klassenraum, der Bildschirm die Lehrkraft. Eine
gemeinsame Studie von DIPF und Goethe-Universität aufgenommen untersucht: Wie
sinnvoll sind Lern-Apps, die mit Videospielen als Belohnung arbeiten? Hierfür
werden noch Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht.
FRANKFURT. Die
Corona-Krise hat auch die Bildungslandschaft vor neue Herausforderungen
gestellt, digitale Methoden der Vermittlung und des Lernens haben an Bedeutung
gewonnen. Doch wie sinnvoll sind die unterschiedlichen Ansätze? Im Rahmen des
Homeschoolings werden Lernapps empfohlen, die teilweise als Belohnung kurze
Videospiele einsetzen. Können sich Schülerinnen und Schüler die Vokabeln
dadurch besser merken? Oder führt eine solche Software auch zu unerwünschten
Abhängigkeiten?
Ein Team von DIPF - Leibniz-Institut für Bildungsforschung und
Bildungsinformation und Goethe-Universität Frankfurt möchte den Wirkungen des
App-basierten Vokabellernens auf den Grund gehen. Insbesondere werden die
Effekte auf die Motivation sowie auf die Lernleistung der Kinder untersucht.
Die Studie mit dem Titel MoCoLA entsteht im Rahmen zweier Masterarbeiten bei
Prof. Dr. Garvin Brod in der Pädagogischen Psychologie.
Gesucht werden ab sofort Kinder, die derzeit in die 4. bis 6.
Klasse gehen. Sie sollten über gute Deutschkenntnisse verfügen. Als Belohnung
locken Buchgutscheine und eine Verlosung.
Die Anmeldung ist möglich unter https://redcap.link/mocola.info.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Garvin Brod
garvin.brod@dipf.de
Jasmin
Breitwieser
jasmin.breitwieser@dipf.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Zentrum für Psychotherapie an der Goethe-Universität hilft Betroffenen, die Rat suchen.
FRANKFURT. Die Corona-Pandemie
und die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung stellen
weiterhin eine große Belastung für viele Menschen dar. Kontaktbeschränkungen
können zu Einsamkeit, Sorgen um die Zukunft und auch Depressionen führen. Auch Familien
konfrontiert der Lockdown mit besonderen Herausforderungen: Eltern müssen sich
stärker um die schulische Bildung und Betreuung ihrer Kinder in der Freizeit
kümmern. Viele Selbständige stehen vor einer Krise und wissen nicht, wie sie
ihre wirtschaftliche Zukunft planen können. Dies kann zu erheblichen
psychischen Belastungen führen. Am Zentrum für Psychotherapie des Instituts für
Psychologie an der Goethe-Universität wird seit einem Jahr eine Krisenberatung
für Personen aller Altersgruppen angeboten, die unter den psychischen Folgen
der Corona-Pandemie leiden.
Prof. Dr. Ulrich Stangier, Abteilungsleiter
der Klinischen Psychologie und Psychotherapie an der Goethe-Universität,
betont: „Die wieder steigenden Inzidenzzahlen und die notwendigen Maßnahmen zur
Beschränkung sozialer Kontakte stellen für viele Menschen eine sehr große
psychische Belastung dar. Das Krisentelefon kann da Abhilfe schaffen: Mit
unserer anonymen, kostenlosen und professionellen Beratung helfen wir all jenen
Personen in der Rhein-Main-Region, die Rat suchen, um mit der Situation besser
umgehen zu können, und Betroffenen, die unter den seelischen Folgen der
Erkrankung leiden.“
Anmeldung
unter
Tel.: 069-798 23849 (Mo, Di, Do, Fr von 10.00 - 13.00 Uhr). https://www.psychologie.uni-frankfurt.de/86817645/Corona_Krisentelefon
Das
Corona-Krisentelefon wird finanziell unterstützt von der Vereinigung von
Freunden und Förderern der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Kontakt:
Prof.
Dr. Ulrich Stangier, Klinische Psychologie und Psychotherapie
Institut
für Psychologie, Goethe-Universität Frankfurt
Sekretariat: nerad@psych.uni-frankfurt.de; Tel. 069 -
798-23842
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, E-Mail frank@pvw.uni-frankfurt.de
Evolutionsbiologin Susanne Fritz startet als Professorin für Geobiodiversitätsforschung an der Goethe-Universität – Erfolg im Wettbewerb Leibniz-Professorinnenprogramm
Wie Klimaveränderungen in der Erdgeschichte das Aussterben und die Entstehung von Säugetier- und Vogelarten beeinflusst haben und welche Schlüsse sich daraus für den derzeitigen Klimawandel und Biodiversitätsverlust ziehen lassen, untersucht Dr. Susanne Fritz am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. An der Goethe-Universität hat sie jetzt eine Professur für Geobiodiversitätsforschung im Fachbereich Geowissenschaften und Geographie angetreten. Susanne Fritz hatte sich im Leibniz-Wettbewerb durchgesetzt und wird nun in den kommenden fünf Jahren im Rahmen des Leibniz-Professorinnenprogramms gefördert.
FRANKFURT. Wenn
sich Gebirge aufgefaltet haben oder wenn Warmzeiten mit Eiszeiten wechselten,
entstanden in der Erdgeschichte immer wieder neue Arten und andere starben aus.
In Bergen mit einer großen geologischen Vielfalt beispielsweise ist auch die
biologische Vielfalt sehr groß, denn Gebirgszüge beeinflussen das regionale
Klima und schaffen Nischen mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, in
denen sich angepasste Arten entwickeln können. Prof. Susanne Fritz untersucht,
welchen Einfluss Landschaft und Klima in den vergangenen 65 Millionen Jahren
auf Artengemeinschaften und Artenvielfalt gehabt haben und wie der Mensch
evolutionäre und ökologische Prozesse beeinflusst hat. Damit will sie dazu
beitragen, genauere Vorhersagen zur Zukunft der Biodiversität in einer immer
mehr vom Menschen dominierten Welt zu ermöglichen.
Der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Enrico Schleiff,
gratuliert der neuen Professorin zu ihrem Amtsantritt und betont die Bedeutung
ihrer Professur für die Universität: „Die Auswirkungen des Klimawandels auf die
Natur und die Gesellschaft mit all ihren Facetten sowie die Analyse der
Struktur und Dynamik des Lebens zählen zu den Profil gebenden Zukunftsthemen
der Forschung an der Goethe-Universität. In zahlreichen Projekten dieser
Themenfelder arbeitet die Goethe-Universität eng mit der Senckenberg
Gesellschaft für Naturforschung zusammen. Mit der Professorin Fritz, einer
weiteren Kooperationsprofessur von Goethe-Universität und Senckenberg
Gesellschaft, wird die Forschung unserer beiden Institutionen in diesen
Themenfeldern noch enger verzahnt und den Transfer von Spitzenforschung in die
Lehre garantiert. Diese gemeinsame Berufung demonstriert wiederholt die Stärke
und Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Frankfurt, und das nicht nur in
diesem Forschungsbereich.“
Der Generaldirektor der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung,
Prof. Klement Tockner, erklärt: „Ich gratuliere Dr. Susanne Fritz zu ihrer
Berufung an die Goethe-Universität. Mit dieser Berufung wird die erfolgreiche
Zusammenarbeit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der
Goethe-Universität weiter intensiviert und integrative
Geobiodiversitätsforschung stärker in der Lehre verankert. Mit ihrem
integrativen Forschungsansatz ist sie international eine Vorreiterin im Bereich
der Makroökologie.“
Prof. Georg Rümpker, Dekan des Fachbereichs Geowissenschaften und
Geographie an der Goethe-Universität, sagt: „Wir freuen uns, dass wir mit
Professorin Fritz eine so ausgewiesene Expertin gewinnen konnten, die unseren
Fachbereich an der Schnittstelle von Geo- und Biowissenschaften bereichert. Ein
Beispiel ist der aktuelle LOEWE-Schwerpunkt VeWA – Vergangene Warmzeiten
als natürliche Analoge unserer ‚hoch-CO2' Klimazukunft, ein
gemeinsames Großprojekt von Goethe-Universität und Senckenberg Gesellschaft für
Naturforschung. Hier leitet Professorin Fritz gemeinsam mit Prof. Andreas Mulch
ein interdisziplinäres und internationales Teilprojekt zur Paläoklima- und Biodiversitätsforschung.“
Susanne Fritz, Jahrgang 1979, studierte Biologie an der
Universität Tübingen. Nach ihrem Diplom-Abschluss promovierte sie 2009 am
Imperial College in London zu Aussterberisiken von Wirbeltieren. Nach einer
zweijährigen Postdoc-Zeit an der Universität Kopenhagen begann sie am
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum als Postdoc und leitet
dort seit 2014 eine Emmy-Noether-Forschungsgruppe
Das Leibniz-Professorinnenprogramm startete 2018 und unterstützt
die Berufung herausragender Wissenschaftlerinnen auf Hochschulprofessuren. Die
Förderdauer beträgt fünf Jahre und sieht eine Kofinanzierung der jeweiligen
Leibniz-Institute vor.
Bilder zum Download:http://www.uni-frankfurt.de/99353517
Bildtext: Professorin Dr. Susanne Fritz (Foto: Sven-Traenkner,
Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung)
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Susanne Fritz
Institut
für Geowissenschaften
Goethe-Universität
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. +49 69 7542-1803
susanne.fritz@senckenberg.de
https://www.senckenberg.de/de/institute/sbik-f/ag-geobiodiversitaetsforschung/
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de
Verbund von 11 Radioteleskopen rund um die Welt erforscht das Herz einer 55-Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie
Wissenschaftler:innen der Event Horizon Telescope
(EHT)-Kollaboration – unter Ihnen Forschende der Goethe-Universität Frankfurt
um den Astrophysiker Luciano Rezzolla – haben 2019 das erste Bild eines
schwarzen Lochs erstellt. Heute präsentieren die Forschenden einen neuen Blick
auf das gewaltige Objekt im Zentrum der Galaxie Messier 87 (M87): sein Aussehen
in polarisiertem Licht. Es ist das erste Mal, dass Astronomen die Polarisation,
eine Signatur von Magnetfeldern, so nah am Rande eines schwarzen Lochs messen
konnten. Die Beobachtungen sind der Schlüssel zur Erklärung, wie die 55
Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie M87 in der Lage ist, energetische Jets
von ihrem Kern auszustoßen – Jets mit einer Länge von rund einer Million
Lichtjahre.
FRANKFURT.
Luciano Rezzolla, Professor für Theoretische Astrophysik an der
Goethe-Universität Frankfurt, erklärt: „Welche Kräfte relativistische Jets in Galaxien
antreiben ist eine Frage, die seit langem in der Astrophysik diskutiert wird.
Die Jets in M87 sind enorm und würden 10 Prozent unserer Galaxie bedecken.
Durch die anspruchsvollen Beobachtungen des Event Horizon Teleskops, kombiniert
mit den theoretischen Modellrechnungen, die wir hier in Frankfurt gemacht
haben, erhalten wir wesentliche Informationen über einen vergleichsweise
kleinen Bereich: Erstmals sehen wir, wie das Magnetfeld sehr nahe um das
schwarze Loch herum aussieht.“
„Wir sehen jetzt das nächste entscheidende Puzzleteil für das
Verständnis, wie sich Magnetfelder um schwarze Löcher herum verhalten und wie
die Aktivität in diesen sehr kompakten Regionen des Weltraums starke Jets
antreiben kann, die sich weit über die Galaxie hinaus erstrecken“, sagt Monika
Moscibrodzka, Koordinatorin der EHT Polarimetrie-Arbeitsgruppe und
Assistenzprofessorin an der Radboud Universität in den Niederlanden.
Am 10. April 2019 veröffentlichten die Wissenschaftler das
allererste Bild eines schwarzen Lochs, das eine helle ringförmige Struktur mit
einer dunklen zentralen Region – dem Schatten des schwarzen Lochs – zeigt.
Seitdem hat sich die EHT-Kollaboration eingehender mit den 2017 gesammelten
Daten vom supermassereichen Objekt im Herzen der Galaxie M87 beschäftigt. Sie
haben entdeckt, dass ein signifikanter Anteil des Lichts um das schwarze Loch
von M87 polarisiert ist.
„Diese Arbeit ist ein wichtiger Meilenstein: Die Polarisation des
Lichts birgt Informationen, die es uns erlauben, die Physik hinter dem Bild,
das wir im April 2019 gesehen haben, besser zu verstehen. Das war vorher nicht
möglich“, erklärt Iván Martí-Vidal, ebenfalls Koordinator der
EHT-Polarimetrie-Arbeitsgruppe und GenT Distinguished Researcher an der
Universität von Valencia, Spanien. Er fügt hinzu, dass „die Erstellung dieses
neuen Polarisationsbildes jahrelange Arbeit erforderte, da die Gewinnung und
Analyse der Daten mit komplexen Techniken verbunden war.“
Licht wird polarisiert, wenn es bestimmte Filter durchläuft, wie
die Gläser von polarisierten Sonnenbrillen, oder wenn es in heißen Regionen des
Weltraums emittiert wird, in denen Magnetfelder vorhanden sind. Genauso wie
polarisierte Sonnenbrillen uns helfen, besser zu sehen, indem sie Reflexionen
und Blendungen von hellen Oberflächen reduzieren, können Astronomen ihren Blick
auf die Region um das schwarze Loch schärfen, indem sie sich ansehen, wie das
von ihm ausgehende Licht polarisiert ist. Insbesondere erlaubt die Polarisation
den Astronomen, die Magnetfeldlinien zu kartieren, die am inneren Rand des
schwarzen Lochs vorhanden sind.
„Die neu veröffentlichten polarisierten Bilder sind der Schlüssel
zum Verständnis, wie das Magnetfeld es dem schwarzen Loch ermöglicht, Materie
zu verschlingen“, sagt EHT-Kollaborationsmitglied Andrew Chael, ein NASA Hubble
Fellow am Princeton Center for Theoretical Science und der Princeton Gravity
Initiative in den USA.
Die hellen Energie- und Materiejets, die aus dem Kern von M87
entspringen und sich mindestens über 5000 Lichtjahre von seinem Zentrum ausbreiten,
sind eines der geheimnisvollsten und energiereichsten Merkmale der Galaxie. Die
meiste Materie, die sich in der Nähe des Randes eines schwarzen Lochs befindet,
fällt hinein. Einige der umgebenden Teilchen entkommen jedoch kurz vor dem
Einfangen und werden in Form von Jets weit ins All hinausgeschleudert.
Um diesen Prozess besser zu verstehen, haben sich Astronomen auf
verschiedene Modelle gestützt, wie sich Materie in der Nähe des schwarzen Lochs
verhält. Aber sie wissen immer noch nicht genau, wie die Jets, die größer als
die Galaxie sind, aus seiner zentralen Region ausgestoßen werden, die von ihrer
Ausdehnung her mit dem Sonnensystem vergleichbar ist, noch wie genau die
Materie in das schwarze Loch fällt. Mit der neuen EHT-Aufnahme des schwarzen Lochs
und seines Schattens in polarisiertem Licht ist es den Astronomen erstmals
gelungen, in die Region dicht außerhalb des schwarzen Lochs zu blicken, in der
dieses Wechselspiel zwischen einströmender und herausgeschleuderter Materie
stattfindet.
Die Beobachtungen liefern neue Informationen über die Struktur der
Magnetfelder direkt außerhalb des schwarzen Lochs. Das Team fand heraus, dass
nur theoretische Modelle mit stark magnetisiertem Gas erklären können, was sie
am Ereignishorizont sehen.
„Die Beobachtungen legen nahe, dass die Magnetfelder am Rand des
schwarzen Lochs stark genug sind, um das heiße Gas zurückzudrängen und es dabei
zu unterstützen, der Schwerkraft zu widerstehen. Nur das Gas, das durch das
Feld schlüpft, kann sich spiralförmig nach innen zum Ereignishorizont bewegen“,
erklärt Jason Dexter, Assistenzprofessor an der University of Colorado Boulder,
USA, und Koordinator der EHT-Theorie-Arbeitsgruppe.
Um das Herz der Galaxie M87 zu beobachten, verbanden die
Forschenden acht Teleskope auf der ganzen Welt, um ein virtuelles
erdumspannendes Teleskop, das EHT, zu schaffen. Die beeindruckende Auflösung,
die mit dem EHT erreicht wird, entspricht der, die benötigt wird, um die Länge
einer Kreditkarte auf der Oberfläche des Mondes zu messen.
Mit der Anordnung des EHT konnte das Team den Schatten des
schwarzen Lochs und den ihn umgebenden Lichtring direkt beobachten, wobei das
neue Bild mit polarisiertem Licht deutlich zeigt, dass der Ring magnetisiert
ist. Die Ergebnisse werden heute in zwei separaten Artikeln in The
Astrophysical Journal Letters von der EHT-Kollaboration veröffentlicht. An der
Forschung waren mehr als 300 Forscher aus verschiedenen Organisationen und
Universitäten weltweit beteiligt.
„Das EHT macht rasante Fortschritte, das Netzwerk wird
technologisch aufgerüstet und neue Observatorien werden hinzugefügt. Wir
erwarten, dass zukünftige EHT-Beobachtungen die Magnetfeldstruktur um das
schwarze Loch genauer abbilden und uns mehr über die Physik des heißen Gases in
dieser Region verraten werden“, schließt EHT-Kollaborationsmitglied Jongho
Park, ein East Asian Core Observatories Association Fellow am Academia Sinica
Institute of Astronomy and Astrophysics in Taipeh.
Publikationen:
The Event Horizon Collaboration, Kazunori
Akiyama et al.: First M87 Event Horizon Telescope Results VII: polarization
of the ring. Astrophysical Journal Letters, 910, L12 (2021) DOI
10.3847/2041-8213/abe71d (ApJL 910, L12)
The Event Horizon Collaboration, Kazunori
Akiyama et al.: First M87 Event Horizon Telescope Results VIII: Magnetic
Field Structure Near The Event Horizon. Astrophysical Journal Letters, 910, L13
(2021) DOI 10.3847/2041-8213/abe4de (ApJL 910, L13)
Bilder und Videos
http://www.uni-frankfurt.de/99324156 (Bild-Download)
Das supermassereiche schwarze Loch in der Galaxie M87 im
polarisierten Licht
Ansicht
der Polarisation des schwarzen Lochs in M87. Die Linien markieren die
Ausrichtung der Polarisation, die mit dem Magnetfeld um den Schatten des
schwarzen Lochs zusammenhängt. Bildnachweis: Event Horizon Telescope
Collaboration
http://www.uni-frankfurt.de/99324167 (Animiertes GIF -
Download)
GIF: Beobachtung und Modellrechnung
Animation,
die das beobachtete schwarze Loch in der Galaxie M87 zeigt (links) und das
theoretische Modell, das am besten zu den Beobachtungen passt: das theoretische
Modell mit stark magnetisiertem Gas. Die Streifen zeigen die Linien des
Magnetfelds. Bildnachweis: S. Issaoun, M. Mościbrodzka with
Polarimetry WG and OWG
http://www.uni-frankfurt.de/99324045 (Video-Download)
Polarisiertes Licht: Licht ist eine schwingende elektromagnetische Welle. Wenn die
Wellen eine bevorzugte Schwingungsebene haben, sind sie polarisiert. Im
Weltraum sendet sich bewegendes heißes Gas, so genanntes Plasma, polarisiertes
Licht aus, wenn es von einem Magnetfeld durchsetzt wird. Die polarisierten
Lichtstrahlen, die der Anziehung des schwarzen Lochs entkommen, wandern zu
einer entfernten Kamera. Die Intensität der Lichtstrahlen und ihre Ausrichtung
beobachtet die EHT-Kollaboration mit dem Event Horizon Telescope. Credit: © EHT Collaboration and Fiks Film
https://www.eso.org/public/germany/videos/eso2105b/ (Youtube)
Zoom in das Herz der Galaxie M87
Das
Video beginnt mit einem Blick auf ALMA, ein Teleskop, an dem die ESO als
Partner beteiligt ist und das Teil des Event Horizon Telescope ist. Es zoomt
immer weiter in das Herz von M87. Am Ende ist zunächst zunächst das erste Bild
eines schwarzen Lochs zu sehen, das 2019 aufgenommen wurde. Dann folgt das neue
Bild, das das supermassereiche Objekts in polarisiertem Licht zeigt. Es ist das
erste Mal, dass Astronomen die Polarisation, eine Signatur von Magnetfeldern,
so nah am Rande eines schwarzen Lochs messen konnten. Herkunftsnachweis: ESO/L.
Calçada, Digitized Sky Survey 2, ESA/Hubble, RadioAstron, De Gasperin et al.,
Kim et al., EHT Collaboration. Music: Niklas Falcke
https://www.youtube.com/watch?v=6xrJoPjfJGQ&t=14s (Youtube)
Schwarze Löcher sind von Plasma umhüllt. Dieses Plasma ist von
magnetischen Felder durchsetzt, hier beeinflusst Magnetismus, wie Materie sich
bewegt. Wenn das Magnetfeld stärker wird, andert es seine Form und das
polarisierte Licht, das die EHT-Kollaboration misst, zeigt unterschiedliche
Muster. Credit: © EHT Collaboration and
Crazybridge Studios
http://www.uni-frankfurt.de/99324248 (Bilder - Download)
Ansicht des supermassereichen schwarzen Lochs in der Galaxie M87
und des Jets in polarisiertem Licht
Dieses
zusammengesetzte Bild zeigt drei Ansichten der zentralen Region der Galaxie
Messier 87 (M87) im polarisierten Licht. Die Galaxie hat ein supermassereiches
schwarzes Loch in ihrem Zentrum und ist berühmt für ihre Jets, die weit über
die Galaxie hinausreichen.
Eines
der Bilder mit polarisiertem Licht, das mit dem Atacama Large
Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile aufgenommen wurde, an dem die
ESO beteiligt ist, zeigt einen Teil des Jets in polarisiertem Licht. Dieses
Bild fängt den Teil des 6.000 Lichtjahre langen Jets ein, der sich näher am
Zentrum der Galaxie befindet.
Die
anderen Bilder mit polarisiertem Licht zoomen näher an das supermassereiche
schwarze Loch heran: Die mittlere Ansicht deckt einen Bereich von etwa einem
Lichtjahr Größe ab und wurde mit dem Very Long Baseline Array (VLBA) des
National Radio Astronomy Observatory in den USA aufgenommen.
Die
am stärksten vergrößerte Ansicht wurde durch die Verknüpfung von acht
Teleskopen auf der ganzen Welt zu einem virtuellen Teleskop in Erdgröße, dem
Event Horizon Telescope (EHT), gewonnen. Dies erlaubt den Astronomen, sehr
dicht an das supermassereiche schwarze Loch heranzukommen, in die Region, in
der die Jets gestartet werden.
Die
Linien markieren die Orientierung der Polarisation, die mit dem Magnetfeld in
den abgebildeten Regionen zusammenhängt. Die ALMA-Daten liefern eine
Darstellung der Magnetfeldstruktur entlang des Jets. Die kombinierten Daten von
EHT und ALMA ermöglichen den Astronomen daher, die Rolle der Magnetfelder von der
Umgebung des Ereignishorizonts (wie mit dem EHT auf Distanzen von Lichttagen
untersucht) bis weit über die Galaxie M87 hinaus entlang ihrer starken Jets
(wie mit ALMA auf Skalen von Tausenden von Lichtjahren untersucht) zu
erforschen.
Die
Werte in GHz beziehen sich auf die Lichtfrequenzen, bei denen die verschiedenen
Beobachtungen gemacht wurden. Die horizontalen Linien zeigen den Maßstab der
einzelnen Bilder in Lichtjahren.
Bild:
EHT Collaboration; ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), Goddi et al.; VLBA (NRAO), Kravchenko
et al.; J. C. Algaba, I. Martí-Vidal
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Luciano Rezzolla
Lehrstuhl für Theoretische Astrophysik
Institut für Theoretische Physik
Goethe
Universität Frankfurt
Tel.
+49 69 798-47871 / 47879
rezzolla@itp.uni-frankfurt.de
https://astro.uni-frankfurt.de/rezzolla/
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de
Programm für das Sommersemester sieht erstmals wieder prominent besetzte Hauptveranstaltung vor
„Populismus – Kultur – Kampf“ lautet das Thema der hochkarätig besetzten Diskussionsreihe, mit der die Goethe-Universität erstmals seit Ausbruch der Pandemie in ihrem Bürger-Programm wieder eine Hauptveranstaltung anbietet. Insgesamt plant die Bürger-Universität überwiegend Online-, in den Sommermonaten aber auch einige Vor-Ort-Veranstaltungen.
FRANKFURT. Was
bedeutet „Solidarität in der Krise“? Wie kann Multimedikation bei älteren
Menschen vorgebeugt werden? Und wie prägt die Romantik unser ökologisches
Denken? Diese und andere Themen greifen die Veranstaltungen im neuen Programm
der Bürger-Universität auf, die pandemiebedingt überwiegend online stattfinden werden.
Vor Ort dagegen können sich Interessierte zu den Führungen auf dem Campus
Westend und dem naturwissenschaftlichen Campus Riedberg begeben sowie an den
Exkursionen der Frankfurter Geographischen Gesellschaft teilnehmen, die
Ausflüge in die weitere Umgebung Frankfurts plant.
Ein Höhepunkt der Bürger-Universität im Sommersemester ist die
dreiteilige Hauptveranstaltung „Populismus – Kampf – Kultur“ des Instituts für
England- und Amerikastudien der Goethe-Universität in Kooperation mit anderen
Einrichtungen. Prominente Fachleute aus Medien, Wissenschaft und Kultur
diskutieren unter anderem über Massenmedien im Zeitalter des Populismus und wie
man über Rechtspopulismus schreiben kann. Die Veranstaltungen finden am 1., 8.
und 13. Juli voraussichtlich im Grünen „Open-Air“-Hörsaal statt.
Die Themenvielfalt der Bürger-Universität reicht darüber hinaus
vom Klimawandel und die Folgen für unser Wasser, KZ-Häftlingen in den
Frankfurter Adler-Werken und neuen ethnologischen und archäologischen
Forschungen bis hin zu „Scheitern“ aus geistes- und kulturwissenschaftlicher
Sicht und der Buchpräsentation des Historikers Christoph Cornelißen „Europa im
20. Jahrhundert“.
Die erste Bürger-Universität startete im Jahr 2008. In diesem Jahr
kehrte die Goethe-Universität zu ihren Wurzeln als Stiftungsuniversität zurück,
als die sie 1914 von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern gegründet worden war.
Seitdem fördert die Bürger-Universität den lebendigen Dialog mit den
Bürgerinnen und Bürgern aus Stadt und Region; dabei begibt sie sich an Orte in
der Stadt (pandemiebedingt derzeit nicht möglich) und lädt im Gegenzug
Bürgerinnen und Bürger auf die Campi der Universität ein.
Das Programm zum Sommersemester 2021 wird an einschlägigen Stellen
in der Stadt ausgelegt und ist auf der Webseite der Goethe-Universität
einsehbar unter: https://www.buerger.uni-frankfurt.de/99205363/burger-universitat-broschure-sommersemester-2021.pdf
Weitere Informationen
Abteilung
PR & Kommunikation
Goethe-Universität
069/798-12481
buergeruni@uni-frankfurt.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax
069 798-763-12531, E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de
Bundesweite Studien „Jugend und Corona“ der Universitäten Frankfurt und Hildesheim stellen weitere Ergebnisse vor – Jugendliche nehmen Stellung
Keine offenen Räume mehr zu haben belastet junge Menschen mehr als der Verzicht auf andere Freizeitangebote wie ihre Hobbys. Dies ist eines der Ergebnisse der JuCo-Studie II des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in Zeiten von Corona“ der Goethe-Universität Frankfurt und Stiftung Universität Hildesheim. Nun erscheint in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung die erweiterte und vertiefte Auswertung der beiden bundesweiten Onlinebefragungen, an denen im April und November 2020 insgesamt 12.500 junge Menschen teilgenommen haben.
FRANKFURT. Nicht
alle Jugendlichen brauchen „Orte zum Abhängen“. Doch diejenigen, die sich dort
sozial austauschen, werden von den Folgen der Pandemie besonders stark
belastet. Sie fühlen sich nicht nur unwohler und einsamer, sondern haben auch
vermehrt Angst vor der Zukunft. Für das psychosoziale Wohlbefinden sind offene
Räume sogar wichtiger als das Ausüben von Hobbys wie Sport, Musik, Jugendarbeit
oder gesellschaftliches Engagement etwa in Umweltverbänden. Das ergibt eine
vertiefte Auswertung der Online-Befragung JuCo II der Goethe-Universität und
Universität Hildesheim.
Und noch etwas macht die Studie deutlich: Jugendliche, die seit
Corona stärker durch finanzielle Sorgen belastet sind, fühlen sich auch
emotional und psychisch stärker beeinträchtigt. Besonders hoch ist hier der
Anteil von jungen Menschen mit Zukunftsängsten. Ein Befund, der besonders ernst
genommen werden sollte, betont Johanna Wilmes, Familienforscherin an der
Goethe-Universität: „In der jungen Generation manifestieren sich diese erlebten
Ungleichheiten besonders nachhaltig. Wir wissen, dass Armutserfahrungen maßgeblich
Bildungs- und Lernerfolge prägen. Das heißt aber auch, wenn wir hier etwas
verändern, gestalten wir Zukunft zum Positiven.“
Mehr Mitspracherecht für junge Menschen fordert auch das Team von
Jugendlichen, das mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die
Ergebnisse der Studien diskutiert und in der Publikation „Fragt uns 2.0“
zusammengefasst hat. Corona zeige deutlicher, „was ohnehin nicht gut
funktioniert“ – ein veraltetes Schulsystem, fehlendes Mitspracherecht und
fehlende Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche. „So wär´s besser“: Unter
diesem Titel machen die Jugendlichen Änderungsvorschläge in Bezug auf ihre
Situation in Familie, Schule und Ausbildung. „Wir brauchen mehr Verständnis für
die Situation von Jugendlichen in der Pandemie“, fordern sie. Und: „Die
zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie müssen Thema in Schulen
sein“ sowie „Medien sollten auf Stereotype verzichten und Jugendliche nicht nur
als Regelbrecher:innen darstellen.“
„Fragt uns 2.0“ bestätigt aber auch ein weiteres Resultat der JuCo
I und II-Studien: Junge Menschen haben auch positive Effekte der Pandemie
wahrgenommen. Unter „Ein paar Dinge, die man behalten kann“ nennen sie: weniger
Stress, mehr freie Zeiteinteilung, Selbstorganisation, Wertschätzung von
sozialen Beziehungen, Digitalisierung vorantreiben und ein umweltfreundlicheres
Leben.
Dem Team des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ gehören Prof. Dr. Sabine Andresen und Johanna Wilmes vom Institut für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität an sowie Prof. Dr. Wolfgang Schröer, Dr. Tanja Rusack, Dr. Severine Thomas, Anna Lips und Lea Heyer vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim.
Zusatzinformation
Die beiden Jugendbefragungen “Jugend und Corona“ (JuCo I und II)
wurden von einem Forschungsverbund der Goethe-Universität Frankfurt und der
Universität Hildesheim durchgeführt. An JuCo I (15. April – 3. Mai 2020) nahmen
5.520 Jugendliche teil, an JuCo II (9.-22. November 2020) beteiligten sich mehr
als 7.000 junge Menschen. Die für die JuCo-Studien zusammengetragenen
Erkenntnisse basieren auf jahrelanger wissenschaftlicher Arbeit der Kindheits-
und Jugendforscher:innen zur Lebenswirklichkeit junger Menschen in Deutschland.
Die Ergebnisse der Studien wurden mit Jugendlichen in mehreren
Online-Workshops von September 2020 bis Januar 2021 diskutiert und reflektiert.
Die Jugendlichen haben ihre Erfahrungen und Forderungen in der Broschüre „Fragt
uns 2.0 – Corona Edition“ festgehalten.
Publikationen:
www.bertelsmann-stiftung.de/junge-menschen-corona
www.bertelsmann-stiftung.de/fragt-uns
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Sabine Andresen
s.andresen@em.uni-frankfurt.de
Johanna
Wilmes,
Wissenschaftliche
Mitarbeiterin
wilmes@em.uni-frankfurt.de
Institut
für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung
der Goethe Universität Frankfurt am Main
Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de
Pandemiebedingt finden Gespräche in Form von vier Online-Workshops statt – Aufwandsentschädigung für Teilnehmer von 100 Euro pro Workshop
Wie die Versorgung von Patient:innen verbessert werden kann, die ins Krankenhaus gehen oder dort entlassen werden, will eine Studie der Goethe-Universität herausfinden. Dafür suchen Wissenschaftler:innen des Instituts für Allgemeinmedizin ältere Studienteilnehmer:innen, die selbst von zwei oder mehr chronischen Krankheiten betroffen sind und regelmäßig mehrere Medikamente einnehmen. Alternativ können auch Angehörige solcher Patient:innen an der Studie teilnehmen, wenn sie sich um deren medizinische Angelegenheiten kümmern.
FRANKFURT. Es
läuft zuweilen nicht alles glatt, wenn ältere Patientinnen und Patienten mit
chronischen Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, chronische
Lungenerkrankungen oder Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems wie Arthritis
oder Arthrose in ein Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Meist nehmen die
Patienten mehrere Medikamente gleichzeitig ein, weil sie an verschiedenen
Krankheiten leiden. Da in der Regel kein direkter Kontakt zwischen
Hausarztpraxis und Krankenhaus besteht, müssen die Patient:innen oder ihre
Angehörigen im Krankenhaus ihre derzeitige Medikation mitteilen – das ist
insbesondere unter dem Stress einer akuten Verschlechterung ihrer Krankheiten
nicht immer einfach. Auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus treten im
Übergang zur Betreuung durch die Hausarztpraxis immer wieder Schwierigkeiten
mit der Medikamentierung auf. So erhalten Patient:innen zuweilen im Krankenhaus
Präparate, die sie nach ihrer Entlassung weiter einnehmen, obwohl die Mittel
dafür nicht geeignet sind. Bei der Entlassung zum Wochenende kommt es zuweilen
auch vor, dass die Patienten nicht ausreichend mit Medikamenten versorgt sind.
Solche und andere Erfahrungen beim Übergang zwischen
Hausarztpraxis und Krankenhaus möchte die Studie „Kontinuität in der
medikamentösen Versorgung bei Patienten an der Schnittstelle
Hausarztpraxis-Krankenhaus (HYPERION-TransCare)“ sammeln und daraus
Verbesserungsvorschläge entwickeln. Die Studie wird von Prof. Marjan van den
Akker des Instituts für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität geleitet und
findet in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Dresden statt.
Bisher wurden im Rahmen der Studie bereits Ärzt:innen,
medizinische Fachangestellte, ambulante Pflegedienstleister sowie einige
Patient:innen und Angehörige befragt. So konnten innerhalb der Studie die
aktuellen Abläufe an den Schnittstellen Hausarztpraxis – Krankenhaus erfasst,
mögliche Problemfelder aufgedeckt und erste Lösungsvorschläge entwickelt
werden.
Gesucht werden nun noch Patient:innen oder Angehörige für die vier
Workshops, deren erster am 30. März stattfindet. Am 5. Mai sowie im Juni und
Juli finden die übrigen Workshops statt. Es ist auch möglich, nur an einem Teil
der Workshops teilzunehmen.
Link zur Online-Fassung dieser Meldung
https://tinygu.de/XWNDR
Flyer mit weiteren Informationen
https://tinygu.de/OXtXD
Kontakt
Goethe-Universität Frankfurt
Institut
für Allgemeinmedizin
Truc Sophia Dinh und Maria-Sophie Brückle
Wissenschaftliche
Mitarbeiterinnen
Tel.
069 6301-84483
dinh@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
brueckle@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
www.saxoforn.net
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de
Die Goethe-Universität nimmt Abschied von einem großen Gelehrten
Die Goethe-Universität trauert um einen überragenden Gelehrten:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Michael Stolleis, der von 1974 bis 2006 als
Rechtswissenschaftler an der Frankfurter Universität gewirkt hat und bis 2009
Direktor des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtgeschichte war, ist nach
kurzer und schwerer Krankheit am 18. März mit 79 Jahren verstorben.
FRANKFURT.
Michael Stolleis hat an der Goethe-Universität öffentliches Recht und
Rechtsgeschichte gelehrt. Als sein Hauptwerk gilt die vierbändige Geschichte
des öffentlichen Rechts in Deutschland, die in zahlreiche Sprachen übersetzt
wurde und Maßstäbe setzte. Sein Engagement für die Goethe-Universität und in
vielen Bereichen des geistigen Lebens lässt sich jedoch kaum erschöpfend
darstellen.
Stolleis kam 1941 in Ludwigshafen am Rhein zur Welt. Sein Vater
war Oberbürgermeister und im Nebenberuf Winzer, Michael Stolleis absolvierte
ebenfalls eine Winzerausbildung. Von 1960 an studierte er Jura, Germanistik und
Kunstgeschichte in Heidelberg und Würzburg, in München wurde er promoviert.
Seine Habilitationsschrift befasste sich mit dem Recht im Nationalsozialismus.
1974 wurde Stolleis Professor an der Goethe-Universität. 1991 erhielt er den
renommierten Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft,
im selben Jahr wurde er Direktor am Max-Planck-Institut für europäische
Rechtsgeschichte. Stolleis wurde mit vier Ehrendoktoraten ausgezeichnet – von
den Universitäten Lund, Toulouse, Padua und Helsinki. Er war zudem Träger des
Bundesverdienstkreuzes mit Stern und des Ordens Pour le Mérite (Vizekanzler des
Ordens). Michael Stolleis war Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen
Akademien, etwa der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
Mit Michael Stolleis verliert die Goethe-Universität einen ihr
zutiefst verbundenen Wissenschaftler: In unnachahmlicher Weise hat sich Michael
Stolleis mit der Goethe-Universität identifiziert, brachte ihr auch als
MPI-Direktor sein großes Interesse entgegen, hat sich immer für ihre Belange
eingesetzt und war stets mit Rat und Tat zur Stelle – auch nach seiner
Emeritierung im Jahr 2006. Ein großer, weit über die Rechtswissenschaft
hinausreichender Wissensschatz, das Vermögen, die Universitas in den Blick zu
nehmen sowie Redlichkeit und Integrität zeichneten Michael Stolleis als Mensch
und als Gelehrten aus.
Stimmen aus der Goethe-Universität:
„Die Nachricht von seinem Tod hat mich sehr berührt. Michael
Stolleis war nicht nur ein großer Rechtsgelehrter und Intellektueller, er hat
auch viel für die Universität getan und sich lange über seine Emeritierung
hinaus mit viel Tatkraft und Kreativität für deren Belange und für den
wissenschaftlichen Nachwuchs eingesetzt. Und er war einer der Köpfe, die den
Ruf unserer Hochschule weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus verbreitet
haben, indem er wichtige gesellschaftliche Debatten angestoßen und sich daran
beteiligt hat. Ich habe ihn auch persönlich sehr geschätzt, als freundlichen
Kollegen, der immer ansprechbar war. Er wird uns allen sehr fehlen. Mein Mitgefühl
gilt jetzt vor allem Michael Stolleis' Familie, der ich viel Kraft wünsche, um
diesen großen Verlust verarbeiten zu können.“
Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität
„Michael Stolleis hat die deutsche und europäische Rechtsgeschichte
sowie das Öffentliche Recht maßgeblich geprägt. Mit der Geschichte des
Öffentlichen Rechts hat er ein neues Forschungsfeld etabliert und mit seiner in
viele Sprachen übersetzen vierbändigen Gesamtdarstellung zugleich Maßstäbe
gesetzt. Ebenso hat er sich seit seiner Münchner Habilitationsschrift von
1974 um die Erforschung des nationalsozialistischen Rechts verdient gemacht.
Als grundlagenorientierter, über umfassende Gelehrsamkeit verfügender
Rechtswissenschaftler war er für interdisziplinäre Kooperationen zu gewinnen.
So hat er als Principal Investigator und später als assoziiertes Mitglied des
Exzellenzclusters ‚Die Herausbildung normativer Ordnungen' seit 2007 maßgeblich
zum Erfolg dieses Forschungsverbundes beigetragen. Mit Michael Stolleis hat der
Fachbereich nicht nur einen bedeutenden Wissenschaftler verloren, sondern auch
einen aufgeschlossenen und zugewandten Kollegen. Seine von professoraler
Herablassung freie, dabei aber wissenschaftliche Ansprüche nicht preisgebende
Haltung hat die Zusammenarbeit mit ihm leicht und vor allem vielen Jüngeren Mut
zur Wissenschaft gemacht.“
Prof. Dr. Klaus Günther, Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaft
„Das öffentliche Recht in Frankfurt, in Deutschland und in Europa
verliert mit Stolleis einen Gelehrten, der wie kaum ein anderer die Einheit
dieses Faches lebte – in der Verbindung von Forschung und Lehre, in der
Verflochtenheit der europäischen, nationalen und lokalen Dimensionen des
öffentlichen Rechts und nicht zuletzt in der historischen Bedingtheit seiner
aktuellen Problemstellungen. Seine vierbändige Geschichte des öffentlichen
Rechts in Deutschland ist Ausdruck und zugleich Kulminationspunkt dieses
Bemühens, mit dem tieferen Verständnis der großen Entwicklungslinien der
Wissenschaftsgeschichte des Faches die Fäden zusammenzuhalten und stets wieder
neu zusammenzuführen. Dieses Anliegen prägte auch das Engagement von Michael
Stolleis in der Lehre, die er neben seinen Verpflichtungen als Direktor des
Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte weit über das zu
erwartende Maß hinaus ernstnahm. Das von ihm vor vierzig Jahren gemeinsam mit
Hans Meyer initiierte Standardwerk für Studierende und Referendar*innen zum
Staats- und Verwaltungsrecht für Hessen hat er als Mitherausgeber, als Autor
der Abschnitte zum Staatskirchenrecht und zum Sozialrecht und bis zuletzt als
Autor der hessischen Landes- und Verfassungsgeschichte geprägt. Generationen
hessischer Jurastudierender hat es als ‚Meyer/Stolleis' begleitet.“
Prof. Dr. Georg Hermes, Geschäftsführender Direktor des Instituts
für Öffentliches Recht
„Das Institut für Rechtsgeschichte der Goethe-Universität trauert
um Michael Stolleis. Mit ihm verlieren wir einen Wissenschaftler von Weltruf.
Er hat nicht nur durch seine Schriften zur Geschichte des Öffentlichen Rechts
Maßstäbe gesetzt. Neben vielen weiteren Themen, wie dem Sozialrecht, behandelte
er auch intensiv die Geschichte unserer Fakultät. Unermüdlich engagierte er
sich als Lehrer und Förderer des wissenschaftlichen Nachwuchses, unter anderem
über 25 Jahre lang in den verschiedenen rechtshistorischen Graduiertenkollegs
an unserem Fachbereich. Mit Michael Stolleis verlieren wir einen geschätzten
Kollegen und treuen Freund, dessen Rat uns schmerzlich fehlen wird. Wir nehmen
Abschied in Dankbarkeit und tiefer Trauer.“
Prof. Dr. David von Mayenburg, Geschäftsführender Direktor des
Instituts für Rechtsgeschichte
„Michael Stolleis war nicht allein eine Ausnahmeerscheinung als
Rechtshistoriker des öffentlichen Rechts, der Frühen Neuzeit und Moderne sowie
der Juristischen Zeitgeschichte. Auch mit diesen Forschungsgebieten, nicht
zuletzt aber durch seine Persönlichkeit hat er das Max-Planck-Institut für
europäische Rechtsgeschichte seit dem Beginn der 90er Jahre geprägt. Er war
Mentor, Förderer und Vorbild für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
aus aller Welt. Ein engagierter Beobachter und ein gelehrter Erzähler des
Rechts.“
Prof. Dr. Thomas Duve, Direktor des Max-Planck-Instituts für
Rechtsgeschichte und Rechtstheorie
„Michael Stolleis war ein Wissenschaftler, wie es leider nur
wenige gibt. Unbestechlich, mutig und großzügig. In München eine kritische
Studie über ‚Gemeinwohlformeln im nationalsozialistischen Recht' vorzulegen,
dazu gehörte jener Mut, der ihn auch später nie verlassen hat, wenn die
Vergangenheit in die Schranken zu weisen war. Er war ein Winzer nicht nur im
pfälzischen Weinberg, sondern vor allem an der Hochschule, wo er an
Generationen von jungen ‚Rebstöcken' sein Wissen weitergab und seine Kollegen
mit der Lektüre ihrer eben gedruckten Werke überraschte. Ein manchmal
unbequemer, immer kongenialer und wohlwollender Leser, der nicht zu ersetzen
sein wird. Auch nicht der Partner bei den Radtouren in der Haardt und im
Rheintal. Ein guter Freund hat sich verabschiedet. Wie schmerzlich und
traurig.“
Prof. Dr. Frankenberg, Seniorprofessur für Öffentliches Recht,
Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung
„Mit Prof. Michael Stolleis verliert die Wissenschaftliche
Gesellschaft an der Goethe-Universität einen überragenden Gelehrten. Bereits im
Jahr 1992, dem Jahr seiner Ernennung zum Direktor am Max-Planck-Institut, wurde
er zum Mitglied der Gesellschaft gewählt. Es war die fachübergreifende
Gelehrsamkeit, die ihn begeisterte. Über die vielen Jahre hinweg fehlte er bei
kaum einer Sitzung. Er ließ sich von den unterschiedlichsten Bereichen aus
Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften faszinieren und trug zum Diskurs mit
wichtigen, oft entscheidenden Beiträgen aus dem großen Repertoire seines
Wissens bei. Auch seine exzellenten Vorträge bereicherten das geistige Leben
der Gesellschaft, deren Schicksal ihm besonders am Herzen lag. Er diente ihr
als Stellvertretender Vorsitzender, verhandelte erfolgreich mit dem Präsidium
der Universität und bahnte den Weg für die Übernahme neuer Räumlichkeiten im
Gebäude des Forschungsverbunds Normative Ordnungen. Die Aufnahme hervorragender
gelehrter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler war ihm ein Herzensanliegen,
auch hier hatte seine Stimme stets großes Gewicht. Neben seiner Schaffenskraft
waren Empathie, Begeisterungsfähigkeit und das Bewusstsein, dass Wissenschaft
Verantwortung trägt für den offenen Diskurs mit der Stadtgesellschaft,
wesentliche Eigenschaften von Michael Stolleis.“
Prof. Dr. Herbert Zimmermann, Präsident der Wissenschaftlichen
Gesellschaft an der Goethe-Universität
„Mit Michael Stolleis verliert die Goethe-Universität eine ihrer
besten Forscherpersönlichkeiten, die weit über ihr eigenes Fachgebiet, die
Rechtsgeschichte, hinaus gewirkt hat. Mit seiner unermüdlichen, stets neuen
Fragen zugewandten Gesprächsbereitschaft beförderte er wie sonst nur wenige
Personen an unserer Universität die interdisziplinäre Kooperation, so im Rahmen
der ‚Frankfurter Wissenschaftlichen Gesellschaft', im Sonderforschungsbereich
‚Wissenskultur und gesellschaftlicher Wandel', im Exzellenzcluster ‚Die
Herausbildung normativer Ordnungen' oder im Forschungskolleg
Humanwissenschaften der Goethe-Universität, zu dessen engagierten Begleitern
Michael Stolleis bis heute gehörte. Zu den Problemen, die ihn ein Leben lang
beschäftigten, gehörte zentral die Frage nach der Lernfähigkeit des
demokratischen Rechtsstaats, deren grundlegende Bedeutung uns gerade heute
deutlich vor Augen steht.“
Prof. Dr. Matthias Lutz-Bachmann, Direktor des Forschungskollegs
Humanwissenschaften der Goethe-Universität
„‚Wer viele Jahre an der Goethe-Universität unter besten
Bedingungen gelehrt und geforscht hat, kann und sollte ihr durch ein Engagement
bei den ‚Freunden' verbunden bleiben.'“ – Mit diesem Zitat von Michael Stolleis
ist trefflich umschrieben, wie stark der Hochschullehrer mit der
Freundesvereinigung der Universität verbunden war. Wir sind sehr traurig. Ich
verneige mich vor einem Freund, einem großzügigen Stifter und einem Botschafter
der Bürgergesellschaft.“
Prof. Dr. Wilhelm Bender, Vorsitzender des Vorstandes der
Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität Frankfurt
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/99204044
Bildtext: Abschied von einem großen Gelehrten: Am 18. März ist Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Michael Stolleis nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. (Bild 1: Foto privat, Bild 2: Foto Uwe Dettmar, Bild 3: Christiane Birr)
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Auftakt der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ des Frankfurter Standorts des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) an der Goethe-Universität am 25. März 2021
FRANKFURT. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es entscheidend, dass Konflikte nicht vermieden, sondern sozial produktiv ausgetragen werden. Dieser Gedanke begleitet das Projekts „Frankfurt streitet!“ des Frankfurter Standorts des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) an der Goethe-Universität. Das Projekt verfolgt das Ziel, in drei verschiedenen Veranstaltungsformaten die Bedeutung einer Konfliktkultur des produktiven Streits für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu vermitteln und praktisch erlebbar zu machen. Auch zu unterschiedlichen Perspektiven von Wissenschaftler*innen wird im Rahmen des Projekts ein öffentlicher Diskussionsraum geboten. Beim Auftakt der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“, in der Themen und Thesen aus der Frankfurter Forschung zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu kontroversen Positionen zugespitzt, vermittelt und diskutiert werden, wird die Frage „Freiheit und Leben: Wege aus dem Ausnahmezustand?“ im Zentrum der Debatte stehen.
Nach
knapp einem Jahr, in dem die Covid-19-Pandemie und der durch sie hervorgerufene
Ausnahmezustand unseren Alltag im Privaten wie im Öffentlichen mitbestimmt,
rufen verzögerte Impfstofflieferungen, Lockdown-Verlängerungen und wieder
steigende Inzidenzwerte Unmut und Frust in der Bevölkerung hervor. Viele
blicken hoffnungsvoll auf den Sommer und auf ein Ende der Kontaktbeschränkungen
sowie damit verbundenen Einschnitten im sozialen oder wirtschaftlichen Bereich.
Es scheint, dass Einigkeit darüber herrscht, die Zeit der Pandemie schnellstmöglich
hinter sich lassen zu wollen.
Doch
welchen Regeln sollte eine solche Rückkehr folgen? Sollten bereits geimpfte
Personen individuell ihre durch den Staat eingeschränkten Freiheiten
zurückerlangen, oder gilt es vielmehr ein No-Covid-Ziel gemeinschaftlich zu
verfolgen, bei dem die Aufhebung von Beschränkungen an konkrete Meilensteine
geknüpft sind? Können mit einer sinkenden Infektionsrate
Freiheitseinschränkungen überhaupt noch gerechtfertigt werden, oder sind sie
gar zum Schutz der Bürger*innen weiterhin erforderlich und wenn ja, wie lange?
Welche Rolle spielt dabei das Verhältnis von Recht auf Schutz durch den Staat
zu dem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben?
Darüber
diskutieren am 25. März ab 18.30 Uhr Prof. Dr. Uwe Volkmann, Professor für
Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt
und Mitglied des FGZ, und Prof. Dr. Elvira Rosert, Juniorprofessorin für
Politikwissenschaft, insbes. Internationale Beziehungen an der Universität
Hamburg und am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH)
sowie Co-Autorin des No-Covid-Strategiepapiers. Moderieren wird die Diskussion
zu der hochaktuellen und durchaus polarisierenden Frage Prof. Dr. Nicole
Deitelhoff, Professorin für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität
Frankfurt, eine der drei Sprecher*innen des FGZ und Co-Sprecherin des
Forschungsverbunds Normative Ordnungen der Goethe-Universität.
Die
Diskussion findet online via Zoom statt. Eine Anmeldung an veranstaltungen-fgz@uni-frankfurt.de ist erforderlich.
Die Logindaten werden nach Anmeldung übermittelt.
Informationen
zur Veranstaltung:
https://www.normativeorders.net/de/feed/8098-freiheit-und-leben-wege-aus-dem-ausnahmezustand
Ansprechpartnerin:
Rebecca
Caroline Schmidt, Administrative Geschäftsführerin Forschungsinstitut
Gesellschaftlicher Zusammenhalt, c/o Forschungsverbund "Normative
Ordnungen" der Goethe-Universität, 069 798-31401, rebecca.schmidt@em.uni-frankfurt.de; www.fgz-risc.de
Modelle rechnen direkten Einfluss des Menschen heraus
Die Wassermengen in Flüssen haben sich in den letzten Jahrzehnten
weltweit stark verändert. Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung
der Goethe-Universität Frankfurt konnte nun belegen, dass der Klimawandel dafür
eine entscheidende Rolle spielt. Die Leitung des Projekts lag bei der
Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. (Science, DOI
10.1126/science.aba3996)
FRANKFURT. Der
Klimawandel beeinflusst den Wasserhaushalt der Erde: Je nach Region und
Jahreszeit kann er zu mehr Überschwemmungen oder Dürren führen und sich auch
auf die Wassermengen in Flüssen auswirken. Die Abflussmengen sind ein wichtiger
Indikator für die Wasserressourcen, die Mensch und Umwelt zur Verfügung stehen.
Wieviel Wasser regional verfügbar ist, hängt auch von weiteren Faktoren wie
direkten Eingriffen in den Wasserhaushalt oder der Landnutzung ab: Wird
beispielsweise Wasser zur Bewässerung abgezweigt, ändert sich die Landnutzung
etwa durch Abholzung oder Aufforstung von Wäldern oder werden Staudämme gebaut,
verändert dies ebenfalls die Wassermenge in Flüssen.
Wie stark sich die Abflussmengen in verschiedenen Weltregionen
während der letzten Jahrzehnte verändert haben, wurde bisher auf globaler Ebene
noch nicht anhand von konkreten Messdaten untersucht. Ebenso war die Frage, ob
global sichtbare Veränderungen auf den Klimawandel oder auf den direkten
Einfluss den Menschen zurückzuführen sind, bislang nicht geklärt.
Nun ist es einem internationalen Forschungsteam unter Leitung von
Forschenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich gelungen,
den Einfluss dieser Faktoren aufzuschlüsseln. Dazu analysierten die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von 7250
Durchfluss-Messstationen weltweit. Die Studie, die nun in der Fachzeitschrift
Science erschienen ist, belegt: Wie viel Wasser Flüsse führen, hat sich
zwischen 1971 und 2010 stark verändert. Es zeigen sich komplexe Muster: Manche
Regionen sind trockener geworden, etwa der Mittelmeerraum, das südliche Afrika
oder der Nordosten Brasiliens. Anderswo hingegen nahmen anderswo die
Wassermengen zu, zum Beispiel in Skandinavien.
Suche nach den Ursachen
Wie es zu diesen Veränderungen kam, untersuchten die Forschenden
in Computersimulationen, die sie im Rahmen des internationalen
Klimaforschungsnetzwerks ISIMIP mit
dem Ziel durchführten, mögliche Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen.
Sie verwendeten insgesamt neun globale hydrologische Modelle, in die sie
Klimadaten aus dem untersuchten Zeitraum einspeisten (1971 bis 2010). Eines der
Modelle betreute federführend Dr. Hannes Müller Schmied von der
Goethe-Universität Frankfurt und dem Senckenberg Biodiversität und Klima
Forschungszentrum. „Modellrechnungen sind für die Interpretation von gemessenen
Daten und für die Berechnung von verschiedenen Szenarien sehr wichtig“, erklärt
der Frankfurter Geograph, „denn wir können quasi mit einem Schalter den Einfluss
des Klimawandels und die direkten Einflüsse des Menschen ein- und ausschalten
und die Ergebnisse mit den gemessenen Daten vergleichen.“
Die Ergebnisse der Modellrechnungen stimmten gut mit der Analyse
der Flussmessdaten überein. «Das heißt, dass die klimatischen Bedingungen die
beobachteten Trends erklären können», sagt Lukas Gudmundsson, Klimaforscher an
der ETH Zürich und Erstautor der Studie. In einem zweiten Durchgang schlossen
die Forschenden in ihre Simulationen zusätzlich direkte menschliche Veränderungen
ein, um den Einfluss dieser Faktoren zu untersuchen. Das Ergebnis änderte sich
dadurch jedoch nicht. Veränderungen in der Wasser- und Landnutzung sind also
offenbar nicht die Ursache für die globalen Veränderungen in Flüssen.
Gewässermanagement und Landnutzung können zwar lokal zu großen
Schwankungen der Abflüsse führen. «Uns ging es aber nicht um lokale, sondern um
globale Trends, die über längere Zeiträume sichtbar werden», sagt Gudmundsson.
Deshalb betrachteten die Forschenden nicht isoliert die Daten einzelner
Messstationen, sondern fassten diese für die Analyse zu größeren,
subkontinentalen Regionen zusammen. Dadurch wurde es möglich, den Einfluss des
Klimawandels in den Daten zu erkennen.
Einfluss der Treibhausgase
Die Rolle des Klimawandels konnten die Forschenden mit der
sogenannten Attributions-Methode untermauern: Sie verglichen ihre Messdaten mit
Simulationen von Klimamodellen, die einmal mit den menschengemachten
Treibhausgasen berechnet wurden und einmal ohne diese. Im ersten Fall stimmte
die Simulation mit den tatsächlichen Daten überein, im zweiten Fall jedoch
nicht. Ohne den Klimawandel hätte es die beobachteten Veränderungen also
wahrscheinlich nicht gegeben.
Die Studie ist die erste, die mit Messdaten nachweist, dass der Klimawandel
einen global sichtbaren Einfluss auf das Fließgewässer hat. «Dies war nur durch
die gute Zusammenarbeit der beteiligten Forschenden und Institutionen aus zwölf
verschiedenen Ländern möglich», betont Gudmundsson. Auch die gesammelten Daten
von den 7250 Messstationen weltweit waren ein Gemeinschaftswerk: Die
Forschenden trugen sie mit australischen Kollaborationspartnern in einer
Vorgängerstudie zusammen. Sie bilden den größten weltumspannenden Datensatz zum
Wasserabfluss in Flüssen, der heute verfügbar ist.
„Dank der Modelle können wir nun verlässliche Szenarien berechnen,
wie sich große Flüsse unter dem Einfluss des Klimawandels künftig weiter
verändern werden“, meint Hannes Müller Schmied. Solche Projektionen werden für
betroffene Regionen eine wichtige Planungsgrundlage darstellen, um die
Wasserversorgung sicherzustellen und sich an den Klimawandel anzupassen.
Publikation: Lukas
Gudmundsson, Julien Boulange, Hong X. Do, Simon N. Gosling, Manolis G.
Grillakis, Aristeidis G. Koutroulis, Michael Leonard, Junguo Liu, Hannes Müller
Schmied, Lamprini Papadimitriou, Yadu Pokhrel, Sonia I. Seneviratne, Yusuke
Satoh, Wim Thiery, Seth Westra, Xuebin Zhang, Fang Zhao: Globally observed
trends in mean and extreme river flow attributed to climate change. Science https://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.aba3996
Weitere Informationen
Dr.
Hannes Müller Schmied
Institute für Physikalische Geographie
Goethe-Universität Frankfurt
und
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel.: +49 69 798-40216
hannes.mueller.schmied@em.uni-frankfurt.de
http://www2.uni-frankfurt.de/45217668/dl
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de
Studierende der Goethe-Universität präsentieren im Internet eine Sammlung von Tithu-Figuren aus Arizona
Die virtuelle Ausstellung „Die Wanderer. Katsinam, Tithu und Aby Warburg“ zeigt die Vielfalt spiritueller Figuren aus der Tradition der Hopi. Erarbeitet haben die Schau Studierende der Goethe-Universität in einem interdisziplinären Lehrprojekt im Sommersemester 2020. Unter durch Corona deutlich erschwerten Bedingungen haben sie eine private Sammlung aus der Schweiz für das Publikum aufbereitet.
FRANKFURT. Manche
sehen aus wie Adler im Menschengewand, manche wie bunt behangene Außerirdische.
Eine Art Clown mit Kopf und Körper einer Biene schleckt an einem Lutscher. Ein
überdimensionierter Kopf ist von Kaktusblättern umkränzt. – Die Phantasie der
Hopi beim Schnitzen ihrer sogenannten Katsina-Puppen scheint grenzenlos zu
sein. Und doch wiederholen sich bestimmte Themen und Figuren, deren
spirituellen Vorbildern bestimmte Funktionen rund um das Thema Wasser und
Fruchtbarkeit zugewiesen sind. Das Spektrum umfasst ungefähr 300 immer
wiederkehrende Katsinam, doch verändert sich diese Zahl stetig. Wer sich ein
Bild davon machen möchte, kann sich unter www.diewanderer.info die Ausstellung „Die
Wanderer. Katsinam, Tithu und Aby Warburg“ ansehen. Studierende der
Kunstgeschichte und der Ethnologie haben im Rahmen eines Lehrprojekts eine
Schweizer Sammlung aufgearbeitet.
Die virtuelle Ausstellung ist im Sommersemester 2020 entstanden –
unter widrigen Bedingungen: Wegen der Pandemie konnten sich die Studierenden
nur online besprechen; ein Besuch von Mitgliedern des Hopi-Stammes in Frankfurt
musste abgesagt werden; und auch die bereits organisierte Exkursion nach Zürich
fand nicht statt. Die 18 Studierenden, angeleitet durch den Ethnologen Dr.
Markus Lindner und die Kunsthistorikerin Dr. Hilja Droste (inzwischen an der
Universität Bonn) machten das Beste daraus und befassten sich intensiv mit dem
Material, das ihnen vom Nordamerika Native Museum der Stadt Zürich (NONAM) zur
Verfügung gestellt worden war: Bilder und Informationen zu den knapp 200 so
genannten Katsina-Puppen aus der Sammlung Antonio und Christin Ferretti, die
die Hopi selbst als tithu (Singular tihu) bezeichnen. 30 Jahre
lang haben die Ferrettis, die viele Jahre in Nordamerika lebten, die kleinen
und größeren Skulpturen den Hopi-Künstlern abgekauft. Dann übergaben sie die
wertvolle Sammlung dem Zürcher Museum.
Die Tithu, die von Hopi-Künstlern in Arizona aus dem Wurzelholz
der Amerikanischen Pappel geschnitzt werden, dienten bis ins späte 19.
Jahrhundert ausschließlich als zeremonielle Geschenke für Mädchen. Sie stellen
spirituelle Wesen (Katsinam) dar, die im Lauf des zeremoniellen Jahreszyklus zu
den Hopi kommen, um durch ihre Gebete und Tänze für Niederschlag zu sorgen und
somit für eine erfolgreiche Ernte. Diesen Jahreszyklus der Tänze und Rituale
lernen die Mädchen anhand der Puppen, während Jungen direkt in die Zeremonien
eingeführt werden. Die Figuren erscheinen in unterschiedlicher Ausführung, je
nach Stil und Zeit, in der sie entstanden sind.
Im späten 19. Jahrhundert wuchs das Interesse von Ethnologen und
Touristen an den bunten Skulpturen und ihrer rituellen Bedeutung, so dass diese
bald intensiv gesammelt wurden. Auch für den Kunsthistoriker und
Kulturwissenschaftler Aby Warburg, der 1895/96 die USA bereiste, wurde die
Kultur der Hopi prägend für sein späteres Schaffen. Zur selben Zeit
entwickelten viele internationale Künstler wie André Breton, Max Ernst und
Marcel Duchamp ein großes künstlerisches Interesse Teil in ihren Werken
abbildeten. Die Ausstellung im Internet zeigt zum einen die Figuren der
Sammlung, die ausführlich eingeordnet und beschrieben sind. Zum anderen wird auch
die Bedeutung Aby Warburgs skizziert. Warburg wird häufig auch als „Wanderer
zwischen den Welten“ bezeichnet – ähnlich wie die Katsinam für die Hopi die
Menschen waren, die für die Zeremonien von der spirituellen in unsere Welt
wandern. Der Begriff des Wanderers im Titel verweist außerdem auch auf die
„Wanderung“ der Tithu, der zeremoniellen Objekte, die als Kunstwerke in die
westliche Welt eingewandert sind.
Die Ausstellung steht zunächst unbefristet online zur Verfügung.
Das Schweizer Museum NONAM, wo man von der Arbeit der Studierenden sehr
begeistert ist, hat jedoch bereits Interesse signalisiert und plant die
Webseite künftig in ihre Dauerausstellung zu integrieren. Derweil widmen sich
Dr. Markus Lindner und Dr. Hilja Droste der Erstellung einer Onlinepublikation,
zudem sollen alle Texte noch ins Englische übersetzt werden.
Das Projekt wurde durch den Förderfonds Lehre und durch das
Projekt Starker Start ins Studium unterstützt.
Die Ausstellung finden Sie unter folgendem Link: www.diewanderer.info
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/98488779
Bildtext:
Bild
1: Clowns wie dieser mit dem Aussehen einer Biene sollen die Hopi für ihre
Fehler sensibilisieren und inakzeptables Verhalten beleuchten. Sie sind Teil
verschiedener Zeremonien und dienen besonders in den Pausen als Unterhaltung.
(Foto: Nordamerika Native Museum der Stadt Zürich)
Bild
2: Yung'a, der Opuntienfrucht-Katsina, erschien kurz vor dem Jahr 1900. Seine
Aufgabe war unter anderem die Reinigung von Quellen. Die Kreuze an seinem Kopf
und Oberkörper stellen Sterne dar. (Foto: Nordamerika Native Museum der Stadt
Zürich)
Bild
3: Diese stattliche Figur ist mehr als 50 Zentimer hoch. Sie zeigt eine
Polimana (Schmetterlingsmädchen), die weibliche Begleitung der
Polìitaqa-Katsinam beim Schmetterlingstanz. (Foto: Nordamerika Native Museum
der Stadt Zürich)
Bild
4: Screenshot der virtuellen Ausstellung „Die Wanderer. Katsinam, Tithu und Aby
Warburg“. (Foto: Lindner)
Weitere Informationen
Dr.
Markus Lindner
Institut
für Ethnologie
Goethe-Universität
m.lindner@em.uni-frankfurt.de
Dr.
Hilja Droste
Kunsthistorisches
Institut
Universität
Bonn
hdroste@uni-bonn.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Der studentische Podcast „Podcasting Populism“ gibt die aktuellen Diskussionen über einen umstrittenen Gegenstand wieder
Es gibt ihn von rechts, es gibt ihn von links, aber gibt es ihn
auch aus der Mitte der demokratischen Gesellschaft? Vom „Populismus“ ist in
diesen Tagen häufig die Rede, aber was genau sich dahinter verbirgt und welche
Ausprägungen es gibt, dem wollten Studierende der Goethe-Universität auf den
Grund gehen. Die Ergebnisse haben sie in einem sechsteiligen Podcast
veröffentlicht.
FRANKFURT. Wer den Klimawandel leugnet, Migranten die Schuld an Arbeitslosigkeit zuschiebt oder gar an der Grenze auf Frauen und Kinder schießen lassen will, ist nach Meinung vieler Menschen ein Populist. Es gibt populistische Parteien, Bewegungen und Aktionen in den sozialen Netzwerken. Doch was genau macht Populismus aus? Wie wirkt er? Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist das alles andere als klar. Im Seminar „Populismus als soziales Phänomen – aktuelle Diskussionen über einen strittigen Gegenstand" haben sich Studierende zusammen mit dem Seminarleiter Dr. Frieder Vogelmann dem Begriff angenähert und dazu einen Podcast produziert.
In sechs Folgen haben sie das Thema aufgefächert und die
Teilaspekte in Kleingruppen bearbeitet. Sie haben sich mit Literatur
beschäftigt und Interviews mit einschlägig Forschenden geführt. Das Ergebnis
ist nachzuhören unter https://anchor.fm/podcasting-populism,
wöchentlich wird eine Folge hochgeladen.
Ist der Populismus Sargnagel des demokratischen Zusammenlebens
oder ein Korrektiv für in die Jahre gekommene Demokratien? Diese sehr grundsätzliche
Frage schwebt über den sechs Beiträgen, in denen es zum Beispiel um das
Verhältnis von Populismus und Demokratie, um Populismus auf Social Media, um
Abstiegsängste, „Querdenken“ geht. Gesprächspartner in der ersten Folge ist
unter anderem Prof. Dr. Dirk Jörke vom Institut für Politikwissenschaft der TU
Darmstadt. Die Soziologin und Politikwissenschaftlerin Verena Stern beantwortet
in der zweiten Folge Fragen zum Spannungsfeld der Corona-Demos („Zwischen
Existenzängsten, Freiheitsideologien und Verschwörungsmythen“) und spricht über
ideologische Allianzen und die Handlungsoptionen der Politik.
In der dritten Folge des Podcasts werden Paradoxien des Populismus
diskutiert und die Frage erörtert, ob es sich um Tatsachen oder Mythen handelt.
Die vierte Folge ist der sozialräumlichen Perspektive gewidmet: Gibt es
„Geographien des (Rechts-)Populismus? Folge Nummer fünf beleuchtet das
Phänomen, dass die etablierten Parteien während der Corona-Krise an Zustimmung
gewonnen haben. Bedeutet das zugleich einen Rückzug des Populismus? Und wie
wäre das zu erklären? Populismus ist gewiss kein neues Phänomen, aber wie sieht
die moderne Erscheinungsform in Zeiten der Digitalisierung aus? Darum geht es
in der sechsten und letzten Folge von Podcasting Populismus: Wie agieren
Populistinnen und Populisten in sozialen Medien? Welche Strategien verwenden
sie, um ihre Standpunkte unter die Menschen zu bringen?
80 Studentinnen und Studenten haben am Seminar teilgenommen, es
gab verschiedene Möglichkeiten des Leistungsnachweises. Unter den 20
Studierenden, die sich dafür entschieden haben, zusätzlich zur Seminararbeit
eine Podcastfolge zu produzieren, war auch Edith Schönig, die den
Masterstudiengang internationale Beziehungen absolviert. „Die Inhalte in einem
Podcast zu erarbeiten, das war sehr kreativ und hat viel Spaß gemacht“, sagt
die 24-Jährige. Natürlich habe sie viel über Populismus gelernt – zum Beispiel,
dass er nicht zwangsläufig undemokratisch sei –, aber dazu auch noch
Gesprächsführung und Schnitttechnik.
Link zum Podcast: https://anchor.fm/podcasting-populism
Bild zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/98736323
Bildtext: Studierende am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften haben einen
Podcast zum Thema Populismus erstellt – eine etwas andere Form des
Leistungsnachweises.
Weitere Informationen
Dr.
Frieder Vogelmann
Vertretungsprofessor
für Soziologie mit dem Schwerpunkt Soziologische Theorie und Theoriegeschichte
Telefon
+49-(0)69 798-36694
E-Mail
vogelmann@soz.uni-frankfurt.de
https://www.frieder-vogelmann.net
Instagram-Kanal
zum Projekt: podcasting_populism
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax
069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de