Deutsches Nominierungskomitee wählt Archiv des Frobenius-Instituts an der Goethe-Universität aus – Entscheidung fällt voraussichtlich 2026 in Paris
Bereits jetzt ist die Felsbildsammlung des Frobenius-Instituts an
der Goethe-Universität Frankfurt international bekannt - spätestens seit der
vielbeachteten Ausstellung im Berliner Gropiusbau 2016. Nun hat das Deutsche
Nominierungskomitee das Archiv einstimmig für das UNESCO-Dokumentenerbe
nominiert.
FRANKFURT. Das
Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung an der
Goethe-Universität Frankfurt verfügt über die weltweit älteste und umfassendste
Sammlung von Kopien prähistorischer Felsbilder. Das Deutsche
Nominierungskomitee des UNESCO-Programms „Memory of the World“ hat diese
Sammlung nun für die Endauswahl zur Aufnahme in das internationale Register des
UNESCO-Weltdokumentenerbes nominiert. Eine endgültige Entscheidung über die
Aufnahme erfolgt vermutlich 2026.
Das internationale Register verzeichnet die weltweit bedeutendsten
Dokumentensammlungen; Deutschland ist zurzeit mit 24 Einträgen vertreten –
darunter die 42-zeilige Göttinger Gutenberg-Bibel, das Manuskript der h-Moll
Messe von Johann Sebastian Bach und die Unterlagen aus dem Frankfurter
Auschwitz-Prozess. Alle zwei Jahre darf das Deutsche UNESCO-Nominierungskomitee
zwei nationale Vorschläge für die Aufnahme in das weltweite Register machen.
Die Feldbildsammlung hat es nun in diese wichtige Auswahl geschafft. „Wir
freuen uns sehr über die Nominierung für das Weltdokumentenerbe. Dies bestätigt
die Bedeutung des Frobenius-Instituts als weltweit führend in der Geschichte
der Felsbildforschung“, sagt Prof. Dr. Roland Hardenberg, der Leiter des
Frobenius-Instituts.
Die Felsbildsammlung umfasst etwa 8.600 Felsbildkopien, von denen
viele heute als Raritäten gelten. Die Bedeutung des Archivs liegt zum einen im
Alter der Kopien – sie wurden zwischen 1913 und den frühen 1960er Jahren von
rund zwei Dutzend professionellen Malerinnen und Malern vor Ort originalgetreu
abgezeichnet. Aber auch die regionale Breite der Entstehungsorte der Bilder,
die aus Afrika, Europa, Indien, Australien und Ozeanien stammen, macht die
Sammlung so besonders. In einigen Fällen sind die von Mitgliedern des Instituts
angefertigten Kopien heute das einzige verbliebene Zeugnis von
Felskunstensembles, deren Originale inzwischen nicht mehr existieren.
Leo Frobenius, der Gründer des Instituts, erkannte als einer von
wenigen Forschern früh den enormen kulturhistorischen Wert der Felsbilder
Afrikas. Eine erste Expedition führte ihn und ein Team von 1913 bis 1914 in den
nordafrikanischen Sahara-Atlas, wo sie die bis zu 12.000 Jahre alten Motive
meist in Originalgröße auf Leinwand kopierten. Weitere Felskunstexpeditionen
folgten in den 1920er und 1930er Jahren, etwa in die libysche Sahara, ins
südliche Afrika, nach Norwegen, Norditalien, Südfrankreich und Ostspanien sowie
Neuguinea und Australien. Heute besteht das Archiv aus Zeichnungen, Aquarellen
und Gemälden in verschiedenen Techniken und Formaten von bis zu 2,5 auf 10
Metern sowie aus Tausenden Schwarzweißfotografien, die den Kopiervorgang und
die Originalschauplätze der Felskunst dokumentieren.
Die damals neu entdeckte prähistorische Kunst hatte großen
Einfluss auf die künstlerische Avantgarde des frühen 20. Jahrhundert in Europa und
den USA. Sie zog den Blick europäischer und nordamerikanischer Künstler in
einer Zeit auf sich, als sie die akademische Form des Gemäldes aufgaben, auf
figurative Motive verzichteten und begannen, Collagen und große Wandgemälde zu
realisieren. Seit Ende der 1920er Jahre wurden Teile der Sammlung in
zahlreichen Ausstellungen gezeigt. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in
Paris, Brüssel, Amsterdam, Zürich, Johannesburg und New York erregten die
ungewöhnlichen Gemälde viel Aufmerksamkeit und inspirierten namhafte Künstler
der Moderne. Die Ausstellung 1937 im New Yorker Museum of Modern Art war so
erfolgreich, dass die Bilder auf eine zweijährige Tournee durch 31 US-Städte
gingen. Später behauptete Joan Miró, „die Malerei befindet sich seit dem
Höhlenzeitalter im Niedergang“, und Alberto Giacometti, „dort und nur dort ist
die Bewegung gelungen“.
Heute werden die Bestände des Felsbildarchivs in gesicherten
Archivräumen an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main aufbewahrt und nach
bestandserhaltenden Maßgaben gelagert. In den Jahren 2006 bis 2009 wurde das
Archiv im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
finanzierten Projekts am Frobenius-Institut erschlossen und digitalisiert.
Seitdem ist das Felsbildarchiv in Form einer Bilddatenbank über das Internet
zugänglich: http://bildarchiv.frobenius-katalog.de/
Bilder zum Download finden Sie unter: https://www.uni-frankfurt.de/108631667
Bildunterschrift: Felsbildkopien in der Ausstellung „Kunst der Vorzeit. Feldbilder
der Frobenius-Expedition“, 2021 im Museum Rietberg, Zürich. (Foto: Rainer
Wolfsberger)
Weitere Informationen
Dr.
Richard Kuba
Wissenschaftlicher
Mitarbeitet, Leiter des Felsbildarchivs
Frobenius-Institut
für kulturanthropologische Forschung an der Goethe-Universität
Telefon +49 (0)69 798-33056
Kuba@em.uni-frankfurt.de
www.frobenius-institut.de
https://www.frobenius-institut.de/sammlungen/felsbildarchiv
Pressekontakt:
Susanne
Fehlings
Frobenius-Institut
für kulturanthropologische Forschung
an
der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Telefon 069 798-33058
fehlings@em.uni-frankfurt.de
www.frobenius-institut.de