Jul 8 2005

Therapieangebot für Schüler zum Abbau von Hemmungen

Wenn Schüchternheit für Kinder zum Problem wird

FRANKFURT. Gerade jetzt vor Schuljahresende nimmt der Leistungsdruck auf Kinder zu. Einher gehen damit Versagens und Prüfungsängste, schlechte Leistungen zu erbringen, die Angst, ausgelacht zu werden oder sich zu blamieren. Derartige soziale Ängste können sich, wenn sie andauern, ausweiten und zu einem erniedrigten Selbstwertgefühl des Kindes führen und weitere Probleme bzw. Entwicklungsrisiken für das Kind nach sich ziehen, die von schlechten Schulleistungen bis hin zum Schulversagen, Depressionen, sozialer Isolation oder Drogenkonsum reichen.

Auch Schüchternheit kann der Auslöser für derartige Entwicklungen sein; fast jeder von uns kennt sie, denn fast 80 Prozent aller Menschen geben an, zumindest zeitweise schüchtern zu sein; 40 Prozent bezeichnen sich als generell schüchtern. Schüchternheit wird dann zu einem Problem, wenn sie einen daran hindert, Dinge zu tun, die man tun möchte und auch tun könnte.

Viele Kinder und Jugendliche, man schätzt bis zu 10 Prozent, leiden unter dieser starken Schüchternheit, die auch als soziale Angst bezeichnet wird. In Schulen fallen diese so angenehmen ‚passiven’ Kinder, die sich in Wirklichkeit vor der Mitarbeit scheuen, oftmals gar nicht auf.

Sie fürchten sich davor, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Ihre Stimme ist oft kaum zu hören, wenn sie gefragt werden. Sie haben große Angst davor, Fehler zu machen, aber, da sie keinen Lärm machen, sind sie kein ‚Problem’ für andere.

Wenn es im Kindesalter zu einer dauerhaften Furcht vor sozialen Situationen kommt und in der Folge zur Vermeidung von Kontakten mit anderen, womöglich zur Vermeidung von Schulbesuchen, so kann sich dies sehr ungünstig auf die weitere emotionale und soziale Entwicklung auswirken. Soziale Ängste können erhebliche Beeinträchtigungen im familiären, schulischen und Freizeitbereich mit sich bringen. Zudem können sie leicht zur Isolierung des Kindes führen.

Sozial ängstliche Kinder fanden in der Therapie lange Zeit wenig Beachtung. Nicht zuletzt deshalb, weil sie oftmals als ‚bequeme’ Kinder gelten, die zunächst viel weniger Sorgen bereiten als etwa Kinder mit externalen Störungen. Aber soziale Ängste können sich sehr negativ auf die Entwicklung eines Kindes auswirken. Auch hat sich gezeigt, dass frühzeitige Hilfestellungen ungünstige und chronische Entwicklungen vermeiden helfen.

Im Rahmen einer Therapiestudie, die am Fachbereich Psychologie der Universität Frankfurt durchgeführt wird, werden Informationsangebote zur Therapie von sozialen Ängsten bei Kindern gemacht; zudem gibt es ein Thera-pieprogramm für sozial ängstliche Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren.

Diese psychotherapeutische Behandlung wird als Einzeltherapie über etwa 20 Behandlungsstunden mit Müttern und Kindern durchgeführt. Sie hat einen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Schwerpunkt mit Methoden, die sich bereits im Erwachsenenbereich als sehr erfolgreich erwiesen haben und die nun in kindgerechter Art für sozial ängstliche Kinder nutzbar gemacht werden.

Kontakt: Dr. Siebke Stieler Melfsen, Martina Kühnemund; Institut für Psychologie, Klinische Psychologie; Postf. 11 19 32 Fach 121; 60325 Frankfurt; Tel (069) 798 –28251; E-Mail: Kuehnemund@psych.uni-frankfurt.de