Dez 9 2005

Frankfurter Wissenschaftler sind Herausgeber von 20 Bänden zur Philosophie des Mittelalters

In einer Bibliothek: Die geistigen Grundlagen der kulturellen Identität Europas

FRANKFURT. Bisher wurde die Philosophie des Mittelalters in Deutschland nur unzureichend wahrgenommen und dies, obwohl sie maßgeblich zu den geistigen Grundlagen der kulturellen Identität Europas beigetragen hat. Doch mit Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters wurde jetzt ein neues Kapitel in der Rezeption des geistigen Profils des Mittelalters aufgeschlagen: In 20 Bänden werden die zentralen Texte erschlossen. Sie haben den Dialog der drei monotheistischen Religionen ermöglicht, der bereits im 11. Jahrhundert einsetzt, die Gründung der Universitäten im 12. Jahrhundert vorbereitet und den mit der Geschichte der Wissenschaften verbundenen Prozess der Rationalisierung und die Geschichte der Aufklärung ausgelöst.

Herausgegeben wird diese Reihe von drei Frankfurter Wissenschaftlern: Prof. Dr. Dr. Matthias Lutz-Bachmann, Dr. Alexander Fidora und Dr. Andreas Niederberger lehren am Institut für Philosophie der Johann Wolfgang Goethe-Universität auf dem Gebiet der Geschichte der Philosophie des Mittelalters, der Philosophie der Neuzeit und Gegenwart sowie in den Bereichen Politische Philosophie, Ethik und Religionsphilosophie.

Die auf 20 Autoren angelegte zweisprachige Auswahl präsentiert die wichtigsten arabischen, jüdischen und lateinischen Autoren der Philosophie des Mittelalters mit ihren zentralen Texten zu den Fragen der menschlichen Erkenntnis, der Entfaltung der Wissenschaften und der philosophischen und theologischen Weisheitslehren: Was macht Wissen überhaupt zu Wissen? Wie wird Wissenschaft organisiert, und wie verhalten sich die verschiedenen Wissenschaften, vor allem Philosophie und Theologie zueinander? Diese Fragen stehen in enger Verbindung mit den kulturellen und religiösen Traditionen der Autoren. So dokumentieren die fünf bisher erschienenen arabischen, hebräischen und lateinischen Bände zugleich den Beitrag der Philosophie des Mittelalters zum Dialog zwischen Judentum, Christentum und Islam - eine für viele mittelalterliche Autoren gleichermaßen existentielle und intellektuelle Herausforderung.

Die Einzelbände, die die originalsprachlichen Texte und deren Übersetzungen enthalten, werden von kompetenten Forschern auf dem Gebiet der Philosophie des Mittelalters vorgelegt; die meisten von ihnen sind als junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in universitären Forschungsprojekten beschäftigt. Jeder einzelne Band führt allgemeinverständlich in Autor und Werk ein und enthält einen Überblick über die weiterführende wissenschaftliche Literatur. So bieten die 20 Bände von Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters eine geeignete Grundlage zum wissenschaftlichen Studium der vorgelegten Texte sowohl für die private Eigenlektüre als auch für das wissenschaftliche Studium der Philosophie und Theologie, der Geschichts- und Rechtswissenschaften, der Politik und aller weiterer Disziplinen, die sich mit dem Beitrag der Philosophen des Mittelalters für die Geschichte und Präsenz der geistigen Identität Europas beschäftigen.

Bislang sind erschienen: Gilbert Crispins Religionsgespräche, Ibn Sab’ins Sizilianische Fragen, Johannes Duns Scotus’ Pariser Vorlesungen über Wissen und Kontingenz, Yusuf al-Basirs Buch der Unterscheidung und John Blunds Traktat über die Seele. Es folgen im nächsten Jahr Texte von al-Farabi, Albertus Magnus, Averroes, Thomas von Aquin und anderen.

Nähere Informationen: Dr. Alexander Fidora, Telefon 069/789-32774 oder Tel. 798-32776 (Sekretariat Prof. Lutz-Bachmann), E-Mail: a.fidora@em.uni-frankfurt.de