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Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität legen aktuelle Übersichtsarbeit zur Freisetzung von Altlasten aus Sedimenten vor
Eine langfristige Gefahr durch Hochwasser wird häufig unterschätzt: Die reißenden Flüsse wirbeln Schadstoffe aus ihren Sedimenten auf, die von Umweltverschmutzungen vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten herrühren. Solche Schadstoffe können nicht nur ökologische Schäden im Fluss verursachen. In Überschwemmungsgebieten können sich die Schadstoffe ablagern und Ackerpflanzen, Weidetiere und Menschen belasten. Darauf hat ein internationales Wissenschaftsteam in einer Übersicht zu wissenschaftlichen Untersuchungen von Hochwasserereignissen in der ganzen Welt hingewiesen. Die Arbeit ist im Journal of Hazardous Materials erschienen und unter Federführung der Goethe-Universität Frankfurt entstanden.
FRANKFURT.
Sedimente gelten als Langzeitgedächtnis eines Flusses. In der Hauptsache
bestehen sie aus Partikeln, die vom Erdboden abgetragen werden und irgendwann
in Flussdeltas oder im Meer landen. Sedimente können jedoch auch für
verhältnismäßig lange Zeit stabil bleiben – und Schadstoffe binden, die zum
Beispiel durch Bergbau- oder Industrieabwässer in die Flüsse gelangt sind.
Entsprechend befinden sich in vielen Altsedimenten der Flüsse Schadstoffe als
„chemische Zeitbomben“ wie zum Beispiel Schwermetalle oder schwer abbaubare
Dioxine und dioxin-ähnliche Verbindungen.
Bei Hochwasserereignissen in den industriell geprägten Regionen
Europas, Nordamerikas und Asiens können infolge der hohen
Fließgeschwindigkeiten auch Altsedimente aufgewühlt werden. Dabei werden
regelmäßig die in ihnen gebundenen Schadstoffe auf einen Schlag freigesetzt und
kontaminieren Überflutungsgebiete. Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen
dazu hat ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern der Goethe-Universität Frankfurt, der RWTH Aachen, der
kanadischen University of Saskatchewan und weiteren Partnerinnen in einer
aktuellen Übersichtsarbeit zusammengestellt. Darin zeigen die Forscher:innen
unter Federführung der Frankfurter Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Sarah Crawford
und dem kanadischen Forscher Prof. Markus Brinkmann zum Beispiel auf, welche
Schadstoffbelastungen infolge verschiedener Überflutungsereignisse gemessen
wurden, welche Testsysteme für verschiedene Schadstoffe entwickelt wurden und
wie sich unterschiedliche Sedimente bei hohen Fließgeschwindigkeiten verhalten.
Die Gefahren für die Trinkwassergewinnung werden ebenso geschildert wie etwa
der Einfluss der Temperatur auf die Schadstoffaufnahme durch Fische und
Methoden zur Bewertung der mit der Remobilisierung von Schadstoffen verbundenen
ökonomischen Kosten.
Henner Hollert, Professor für Umwelttoxikologie an der
Goethe-Universität Frankfurt und Seniorautor der aktuellen Publikation ist
trotz der langjährigen Forschung zum Thema sehr besorgt: „Ich habe den
Eindruck, dass das Problem der Schadstoffe aus den Altsedimenten in Deutschland
und auch in Europa stark unterschätzt wird. Das mag auch daran liegen, dass es
bislang praktisch keine Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Folgen dieses
Problems gibt, wie wir zeigen konnten. Schadstoffbelastete Altsedimente sind
aber eine tickende Zeitbombe, mit jeder Flut hochgehen kann. Wir brauchen jetzt
flächendeckend ein gutes Management der Flüsse, das nicht nur unmittelbare
Gefahren für Menschen, Tiere und Bauwerke in den Blick nimmt, sondern auch die
langfristigen Folgen durch die Altlasten in den Flussbetten. So müssen wir zum
Beispiel unbedingt die landwirtschaftlich genutzten Überflutungsgebiete auf
Fluss-spezifische Schadstoffe untersuchen, damit diese nicht in Form von
Fleisch und Milchprodukten auf unseren Tellern landen.“
Auch die aktuellen extremen Hochwasserereignisse in
Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden von Wissenschaftler:innen der
Goethe-Universität in Kooperation mit der RWTH Aachen, der University of
Saskatchewan in Kanada, dem Helmholtzzentrum für Umweltforschung Leipzig, dem
ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung, dem Senckenberg-Institut, dem
LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsforschung und vielen weiteren
Partnern in einem interdisziplinären Ansatz von den biologischen,
ökotoxikologischen, ökologischen, geowissenschaftlichen, wasserbaulichen, aber
auch sozialökologischen und ökonomischen Folgen untersucht. Diese
Untersuchungen sind eingebettet in den neuen Forschungscluster RobustNature an
der Goethe-Universität, der Robustheit und die Resilienz von
Natur-Gesellschaftssystemen im sich veränderten Anthropozän untersucht und zur
wissensbasierten Transformationsforschung an den Beispielen Biodiversität und
Wasser beitragen möchte – also vom Wissen zum Handeln.
Publikationen: Sarah E. Crawford, Markus Brinkmann, Jacob D. Ouellet, Frank
Lehmkuhl, Klaus Reicherter, Jan Schwarzbauer, Piero Bellanova, Peter Letmathe,
Lars M. Blank, Roland Weber, Werner Brack, Joost T. van Dongen, Lucas Menzel,
Markus Hecker, Holger Schüttrumpf & Henner Hollert: Remobilization of
pollutants during extreme flood events poses severe risks to human and
environmental health. Journal of Hazardous Materials 421 (2022) 126691 https://doi.org/10.1016/j.jhazmat.2021.126691
Der
Artikel ist unter dem folgenden Link des Verlages die nächsten 6 Wochen frei
zugänglich: https://authors.elsevier.com/c/1dSu515DSlK2Np
Zur Hintergrundinformation: Henner Hollert, Markus Brinkmann,
Sebastian Hudjez, Catrina Cofalla, Holger Schüttrumpf: Hochwasser – ein
unterschätztes Risiko. Schadstoffe als „Zeitbomben“ im Sediment. Biologie
in unserer Zeit, 1/2014 (44) https://doi.org/10.1002/biuz.201410527
Bild zum Download:
www.uni-frankfurt.de/103948311
Bildtext: Die Remobilisation von Schadstoffen aus Sedimenten bei extremen
Hochwässern ist eine bisher unterschätzte Folge von Extremereignissen. Bild:
Crawford, S. et al. (2021) J. Haz. Mat.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Henner Hollert
Abteilung
Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie
Institut
für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität
Frankfurt
und
LOEWE-Zentrum
für Translationale Biodiversitätsgenomik
Tel
+49 69 798-42171 und +49-151-14042119
hollert@bio.uni-frankfurt.de
https://www.bio.uni-frankfurt.de/43970666/AK_Hollert
Neues Publikationsformat präsentiert Positionen und Projekte aus den AIWG-Wissenschaftsformaten
Die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der Goethe-Universität hat heute die erste Ausgabe ihres neuen Formats WiFo paper (Wissenschaftsformate) veröffentlicht. Der erste Artikel beschäftigt sich multiperspektivisch mit den sogenannten Normenversen des Korans. Deren Auslegungen werden unter Musliminnen und Muslimen seit jeher kontrovers diskutiert. Der Beitrag reflektiert klassische Diskurse zu diesen Normenversen und erläutert die vielfältigen Deutungsweisen am Beispiel der Verse zum Erbrecht.
FRANKFURT. Wie
normativ ist der Koran, und was bedeutet das für den muslimischen Alltag in
Deutschland? Welche Rolle spielt der Text für muslimische Menschen, die in
säkularer Umgebung leben? Wie lassen sich normhaltige Verse im islamischen Religionsunterricht
an deutschen Schulen behandeln? Diesen Fragen gehen eine Wissenschaftlerin und
zwei Wissenschaftler der AIWG Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des
Korans im Zeichen gesellschaftlichen Wandels“ in ihrem jetzt erschienen
gleichnamigen Artikel nach. Dr. Farid Suleiman und Dr. Abdelaali El Maghraoui
zeigen, dass es verschiedene Modelle koranischer Normativität gibt. Einige
davon stellen die beiden Autoren im Artikel näher vor. Zudem diskutieren sie
den Begriff der „Normenverse“ des Korans selbst, auf Arabisch āyāt al-aḥkām. Die Lehrerin Sarah Rahman
beschäftigt
sich sodann mit der Frage, welche Möglichkeiten für die
Diskussion der Normverse sich in der religionspädagogischen Praxis ergeben können.
Auch wenn es natürlich immer eine Tendenz gegeben habe, einen
allgemeinen Konsens über koranische Auslegungen herbeizuführen, zeigt der
Beitrag, dass Absolutheitsansprüche aufgrund der Vielfalt der bestehenden
Meinungen klassischer und zeitgenössischer Rechtsgelehrter schwer haltbar sind.
Bestimmte Verse des Korans seien sicher normativ, jedoch könne das Konzept der
Normativität selbst in unterschiedlichen Formen verstanden werden. Sara Rahman
ergänzt die islamrechtlichen und exegetischen Ausführungen mit
religionspädagogischen Vorschlägen. Die Gymnasiallehrerin zeigt, wie Kindern
und Jugendlichen die komplexe Vielfalt des Islams im Islamischen
Religionsunterricht anhand praktischer Übungen nähergebracht werden kann.
„Der jetzt veröffentlichte Beitrag gibt Einblick in eine für den
deutschsprachigen Raum fachübergreifende und umfassende Abhandlung zu
islamtheologischen Fragen der Normativität des Korans. Er stellt eine
Momentaufnahme aus der mehrjährigen Forschung unserer Longterm-Forschungsgruppe
an den Universitäten Tübingen und Erlangen-Nürnberg dar, die dem weiten
thematischen und historischen Spektrum der Diskurse gerecht wird und die
Dynamik und den Wandel im Verständnis des Korans aufzeigt und erklärt. Damit
solche Arbeiten und Erkenntnisse nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft
bleiben, will die AIWG mit ihrem neuen Publikationsformat eine Brücke in die
interessierte Öffentlichkeit schlagen“, kommentiert Dr. Raida Chbib,
Geschäftsführerin der AIWG, das Erscheinen des ersten Beitrags aus den AIWG
Forschungsgruppen im neuen Format.
Die AIWG richtet sich mit diesem Format an die wissenschaftliche
Fachcommunity, aber auch an Lehrkräfte, Studierende, Journalistinnen und
Journalisten und weitere Fachleute aus der Praxis. Das Publikationsformat ist
nicht rein fachwissenschaftlich, die Beiträge reflektieren jedoch die aktuelle
Forschung. „Insbesondere bei aktuellen gesellschaftsrelevanten Fragen ist es
wichtig, dass verlässliche und fachlich ausgewiesene Erkenntnisse möglichst
zeitnah verfügbar sind. Die WiFo papers sollen Informationen, aber auch
Forschungslücken sichtbar machen, die ansonsten nur einem begrenzten
Fachpublikum zugänglich wären“, so Dr. Raida Chbib.
Dr. Farid Suleiman ist wissenschaftlicher
Koordinator der AIWG-Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des Korans im
Zeichen gesellschaftlichen Wandels“ am Department Islamisch-Religiöse Studien
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehören islamische Gottes- und Menschenbilder sowie
deren Verhältnis zu klassischen Konzeptionen von Normativität. Dr. Abdelaali
El Maghraoui ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der
AIWG-Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des Koran im Zeichen
gesellschaftlichen Wandels“, Teilprojekt Islamisches Recht am Zentrum für
Islamische Theologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem Islamische Normenlehre in
Vergangenheit und Gegenwart sowie die sozialen und ethischen Aspekte des
Islamischen Rechts. Sara Rahman hat Chemie, Psychologie und Philosophie
studiert und ist Gymnasiallehrerin in Wien. Zudem lehrt sie an der Universität
Wien zum Verhältnis von Pädagogik und Religion seit der Aufklärung. Sie ist
ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
AIWG-Longterm-Forschungsgruppe.
Die AIWG Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des Korans
im Zeichen gesellschaftlichen Wandels“ hat das Ziel, die Debatte über die
Normenverse des Korans mithilfe eines multidimensionalen Ansatzes
wissenschaftlich zu ordnen und in einen Bezug zu praktischen Fragestellungen zu
bringen. Das standortübergreifende Projekt wird von Prof. Dr. Mohammed Nekroumi
(Universität Nürnberg-Erlangen), Prof. Dr. Mouez Khalfaoui (Universität
Tübingen) und Prof. Dr. Fahimah Ulfat (Universität Tübingen) geleitet. Das
vierjährige Projekt ist im September 2018 angelaufen.
Über die AIWG
Die AIWG ist eine universitäre Plattform für Forschung und
Transfer in islamisch-theologischen Fach- und Gesellschaftsfragen. Sie
ermöglicht überregionale Kooperationen und Austausch zwischen
islamisch-theologischen Studien und benachbarten Fächern sowie Akteuren und
Akteurinnen aus der muslimischen Zivilgesellschaft und weiteren
gesellschaftlichen Bereichen. Die AIWG wird gefördert vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) und durch die Stiftung Mercator.
Publikation: WiFo paper „Die Normativität des Korans“
Bilder zum Download: https://www.puk.uni-frankfurt.de/103459252
Bildtext: Cover des neuen Publikationsformats WiFo paper
Weitere Informationen
Stefanie
Golla
Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft
Goethe-Universität
Telefon 069 798-22459
E-Mail golla@aiwg.de
Homepage https://aiwg.de/
In der neuen Ausgabe von Forschung Frankfurt skizzieren Experten von Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt den Reformbedarf nach Corona
Seine Leistungsfähigkeit hat Deutschlands Gesundheitswesen während der Pandemie im internationalen Vergleich gut dastehen lassen, meinen der Gesundheitsweise Ferdinand Gerlach (Goethe-Universität) und der Planungsstableiter „Stationäre Versorgung“ Prof. Jürgen Graf (Universitätsklinikum Frankfurt) in der jüngsten Ausgabe von Forschung Frankfurt. Trotzdem sehen die beiden Experten großen Reformbedarf etwa in Strukturen und Digitalisierung. Unter dem Titel „Pandemie: Was bleibt?“ berichtet das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität über die Auswirkungen der Pandemie auf Menschen und Gesellschaft.
FRANKFURT.
Deutschland hat in der Pandemie von seinen ambulanten und regionalen Strukturen
profitiert, sind sich Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und
Vorstandvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt und Leiter des
hessischen Planungsstabs „Stationäre Versorgung von COVID-19-Patientinnen und
Patienten“ und Prof. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für
Allgemeinmedizin und Vorsitzender des Sachverständigenrats zu Begutachtung der
Entwicklung im Gesundheitswesen, einig: 90 Prozent der an COVID-19 Erkrankten
wurden ambulant versorgt, dadurch wurden die Krankenhäuser nicht überlastet.
Doch um diese Leistungsfähigkeit auch künftig sichern zu können, so fordern die
beiden Wissenschaftler, müssten künftig zum Beispiel überflüssige Operationen
vermieden, die Datenvernetzung verbessert und die lokalen Gesundheitsversorger
wie auch die Gesundheitsämter besser unterstützt werden. Auch in seinen
Strukturen müsse das Gesundheitswesen fit gemacht werden für künftige Herausforderungen
wie zum Beispiel den Klimawandel – allein im Hitzejahr 2018 starben in
Deutschland 20.000 Menschen mehr als in Durchschnittsjahren an Austrocknung und
Überhitzung.
In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung
Frankfurt“ berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der
Goethe-Universität beispielsweise darüber, wie die Erfahrung mit digitalem
Lernen im Distanzunterricht die schulische Bildung verändert, wie die Pest in
der frühen Neuzeit durch eine Politik staatlicher Intervention bekämpft wurde
und wie die Pandemie die Rezeption von Filmen beeinflusst hat.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von
Journalisten kostenlos bestellt werden bei ott@pvw.uni-frankfurt.de
Alle
Beiträge sind online erhältlich unter: www.forschung-frankfurt.de
Die Koreastudien an der Goethe-Universität erhalten 700.000 Euro für den weiteren Ausbau ihres Angebots / In zehn Jahren von 20 auf 400 Studierende
Das Fach Koreastudien an der Goethe-Universität gehört zu den sogenannten „kleinen Fächern“. Umso beachtlicher, dass das Fach nun 700.000 Euro an Drittmitteln eingeworben hat. Das Geld fließt in das Projekt „Cultivating Diversity: The global in Korea, Korea in the global“ und soll dazu beitragen, Lehre, Forschung und regionale Zusammenarbeit im Bereich Koreastudien voranzubringen.
FRANKFURT. Seit
2010 gibt es an der Goethe-Universität einen Schwerpunktbereich Koreastudien,
angesiedelt am Institut für Ostasiatische Philologien. Die Zahl der
Studierenden ist von damals 20 auf heute 400 angestiegen – und das Interesse
wächst weiter, schätzt Yonson Ahn, die als Inhaberin der einzigen Professur des
Schwerpunktbereichs Koreanische Kultur und Gesellschaft lehrt. Der wachsenden
Nachfrage kann sie nun mit Hilfe von Drittmitteln besser gerecht werden. Die
Academy of Korean Studies (AKS) hat für die nächsten fünf Jahre rund 700.000
Euro an Fördermitteln zugesagt, die in Forschung, Lehre und „Outreach“ fließen
sollen.
„Ich freue mich sehr über diesen Drittmittelerfolg. Die
Koreastudien sind ein kleines Fach mit großer Ausstrahlung. Die
Goethe-Universität hat sich in diesem Bereich dank Professorin Ahn über die
Grenzen hinaus einen Namen gemacht“, sagt Prof. Bernhard Brüne, der als
Vizepräsident zuständig ist für Forschungsthemen. Die Mittel, die vom
südkoreanischen Ministerium für Bildung zur Verfügung gestellt werden, sollen
dazu dienen, das Fach Koreanistik im Ausland (aus koreanischer Perspektive) zu
stärken („Empowering Korean Studies through innovative education, research and
regional cooperation in Germany“). Außer der Goethe-Universität wurde in Europa
in 2021 lediglich die University of Oxford mit einer Förderzusage bedacht. Das
Frankfurter Forschungsprojekt befasst sich mit ethnischer und kultureller
Diversität in Korea und in koreanischen Populationen in anderen Ländern. Der Titel lautet: „Cultivating Diversity:
The global in Korea, Korea in the global“.
Der Förderzusage sind zwei erfolgreich abgeschlossene Drittmittelprojekte
innerhalb des Seed Program for Korean Studies vorausgegangen, die jeweils über
drei Jahre liefen – von 2015 bis 2021. Auch sie dienten der Forschung und dem
Ausbau des Studiengangs Koreastudien. Im Rahmen des Korean Studies Promotion Program
der AKS haben sich die Koreastudien der Goethe-Universität nun für das
Folgeprojekt „Core University Program for Korean Studies“ mit einer Gesamtdauer
von fünf Jahren – von Juni 2021 bis Mai 2026 – qualifiziert.
In diesem Drittmittelprojekt arbeiten die Koreastudien Frankfurt
unter der Leitung von Professorin Ahn eng mit der Koreanistik der Universität
Hamburg unter Professorin Yvonne Schulz Zinda und der Koreanistik der
Universität Bonn unter Juniorprofessorin Nadeschda Bachem zusammen. Insbesondere
soll ein umfassendes hochschulübergreifendes Netzwerk zwischen den Instituten
aufgebaut werden, um gemeinsam Lehre, Nachwuchsförderung, Öffentlichkeitsarbeit
sowie Forschung weiterzuentwickeln und so auch die Koreaforschung innerhalb des
Interdisziplinäres Zentrum für Ostasienstudien (IZO) an der Goethe-Universität
zu stärken.
Im Bereich Lehre sollen im Projekt neue Seminare konzipiert und
durchgeführt, das digitale Lehrangebot soll ausgeweitet werden. Um junge
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu fördern, sollen deren
Masterarbeiten und Dissertationen gemeinsam betreut werden. Darüber hinaus ist
geplant, verstärkt mit Schulen zu kooperieren. Um die Koreastudien sichtbarer
zu machen, wird auch ein Augenmerk auf der Öffentlichkeitsarbeit liegen. Niedrigschwellige
Angebote sollen hier den Zugang zu Themen der Koreastudien erleichtern.
Insgesamt neun weitere Forscherinnen und Forscher befassen sich im
Rahmen des Projektes „Cultivating Diversity: The global in Korea, Korea in the
global" unter der Leitung von Yonson Ahn mit einer breiten Spanne von
interdisziplinären, transnationalen und intersektionalen Themen. Besondere
Schwerpunkte liegen dabei u.a. auf den Themen Migrationsgeschehen, Gender,
Kunst und Medien.
Die Goethe-Universität ist inzwischen Hessens einzige Hochschule
mit einem Fokus auf Asienstudien. Nachdem andere Institute mit Asienbezug 2008
nach Frankfurt verlagert worden waren, entstand hier das Interdisziplinäre
Zentrum für Asienstudien (IZO). Seitdem haben die Koreastudien sowohl qualitativ
als auch quantitativ an Bedeutung zugenommen. Studierende können hier ohne
Vorkenntnisse ein Studium der Koreanistik beginnen. Außer der Sprache werden im
Studium auch Politik, Kultur und Literatur des Landes gelehrt. Die große
Beliebtheit erklärt sich Prof. Yonson Ahn durch die Beliebtheit der
koreanischen Film- und Popkultur, etwa der Popband BTS oder die in Cannes bzw.
Oscar prämierten Filme, Parasites und Minari. Absolventen hätten
durchaus gute Zukunftsaussichten: In Frankfurt lebt die mit Abstand größte
Anzahl von Auslandskoreanern in Europa, es gibt zahlreiche koreanische Firmen,
eine koreanische Handelsvertretung (KOTRA) sowie ein koreanisches Konsulat.
Ein Porträt von Prof. Yonson Ahn zum Download: www.uni-frankfurt.de/103380737
Bildtext: Prof. Yonson Ahn lehrt an der Goethe-Universität Koreanische
Kultur und Gesellschaft.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Yonson Ahn
Schwerpunktbereich
Koreastudien
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Email: Y.Ahn@em.uni-frankfurt.de
Tel.:
+49 (0)69 798-23769 bzw. -22872
Fax:
+49 (0)69 798-24969
Wer besiegt den Schwarzen Tod? Rechtshistoriker David von Mayenburg berichtet in „Forschung Frankfurt“ über den Streit um den richtigen Umgang mit der Pest in Mittelalter und früher Neuzeit
Juristen
spielten bei der Pestbekämpfung vom Spätmittelalter an eine wachsende Rolle:
Während die Mediziner noch darüber stritten, ob die Körpersäfte schuld waren an
der Ausbreitung der Seuche, organisierten juristisch gebildete Amtsträger eine
beispiellose Strategie staatlicher Intervention. Diese war zwar erfolgreich,
oft aber auch brutal, wie Rechtshistoriker Prof. David von Mayenburg im neuen
„Forschung Frankfurt“ darlegt.
FRANKFURT. Im
Jahr 1606 brach in der Umgebung der kleinen Universitätsstadt Altdorf bei
Nürnberg die Pest aus. Die Studenten ergriffen aus Angst vor Ansteckung die
Flucht – zum Missfallen einiger Professoren. Insbesondere Vizekanzler Konrad
Rittershausen, ein Jurist, widersetzte sich seinen Kollegen aus der Medizin und
rief den akademischen Nachwuchs zur Rückkehr auf. „Der Fall Altdorf steht
beispielhaft für das auch heute noch häufig schwierige Verhältnis medizinischer
und juristischer Experten in Fragen der Seuchenbekämpfung“, schreibt Prof.
David von Mayenburg in der neuesten Ausgabe von Forschung Frankfurt, die den
Schwerpunkttitel „Pandemie: Was bleibt?“ trägt. Der Rechtshistoriker nahm den
Fall zum Anlass für ein Projekt zur Frage, wie die juristischen Experten des
Mittelalters und der frühen Neuzeit auf die Pest reagierten, wie sie mit
anderen Experten interagierten und welche Bedeutung juristisches Expertenwissen
für den Aufstieg des modernen Gesundheitsstaats hatte. In „Forschung Frankfurt“
entwirft er ein lebendiges Bild früherer Gesellschaften und deren Umgang mit
Pandemien bis hin zu den strikten Methoden eines Girolamo Gastaldi im Rom des
17. Jahrhunderts. Parallelen zur heutigen Corona-Situation drängen sich auf,
die ebenfalls nicht nur medizinische, sondern auch viele juristische Fragen
aufwirft.
Weitere Beiträge in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins
der Goethe-Universität gehen zum Beispiel folgenden Fragen nach: Was wissen wir
über die körperlichen Langzeitfolgen von COVID, insbesondere bei
kardiologischen Beschwerden? Wie können wir unser Gesundheitssystem für
künftige Pandemien besser aufstellen? Wie hat die Coronapandemie unser
Zusammenleben geprägt? Was wird im Schulalltag übrigbleiben von Homeschooling
und Distanzlernen? Und wie kann sich die Wirtschaft für weitere Krisen besser
wappnen? Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie im alten Athen Seuche und
Exzess Hand in Hand gingen und dass in China schon einmal die erfolgreiche
Pandemiebekämpfung den Status der Machthaber festigte – nämlich bei den
mächtigen Kaisern der Qing-Dynastie.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von
Journalisten kostenlos bestellt werden bei: ott@pvw.uni-frankfurt.de.
Alle Beiträge sind online verfügbar unter: www.forschung-frankfurt.de.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. David von Mayenburg
Professur
für Neuere Rechtsgeschichte, Geschichte des Kirchenrechts und Zivilrecht
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
E-Mail
mayenburg@jur.uni-frankfurt.de
Forscherteam mit Beteiligung der Goethe-Universität schlägt erfolgreich ehemaligen Steinbruch in Niedersachsen als Global Stratotype Section and Point vor
Ein Wissenschaftsteam der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität Warschau, des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover, und weiterer Institutionen hat in Salzgitter-Salder das gefunden, wonach Forscher mehr als 20 Jahre lang weltweit gesucht haben: Eine geologische Formation, die perfekt den Übergang der Kreidezeitalter Turon und Coniac abbildet. Das Team hat den ehemaligen Kalksteinbruch so genau charakterisiert, dass er nun als weltweiter Referenzpunkt für die Zeitenwende vor 89,4 Millionen Jahren gilt. Dies wurde von der International Union of Geological Sciences bekannt gegeben, die dem Schichtenprofil den Titel „Global Stratotype Section and Point“ (GSSP) verlieh.
FRANKFURT/HANNOVER. Das
internationale Team von Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftlern um
Prof. Silke Voigt von der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Ireneusz
Walaszczyk von der Universität Warschau und Dr. André Bornemann vom Landesamt
für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) haben 40 Meter der geologischen
Schichtenfolge im ehemaligen Kalksteinbruch am Hasselberg eingehend untersucht.
Dabei stellten die Forscherinnen und Forscher fest, dass nur hier der Übergang
zwischen Turon und Coniac lückenlos ist und daher eine perfekte Gesteinsabfolge
darstellt, um Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftlern aus aller Welt
als Referenz für deren Forschung zu dienen – als „Global Stratotype Section and
Point“ oder, im Jargon der Geowissenschaften, als „goldener Nagel“.
Mit dem Coniac treten bestimmte Muschelarten auf, so genannte
Inoceramen, die in Salder zahlreich zu finden sind. In Schicht 46 des Steinbruchs,
so stellte das deutsch-polnische Wissenschaftsteam fest, findet sich erstmals
die Inoceramen-Art Cremnoceramus deformis erectus und markiert damit die
Zeitengrenze, ebenso wie weitere Mikrofossilien und eine charakteristische
Änderung im Verhältnis der Kohlenstoffisotope 12C und 13C,
eine so genannte negative Anomalie im Kohlenstoffkreislauf.
„Damit können nun geologische Schichtenprofile wie zum Beispiel
marine Schelfsedimente in Mexiko oder der Tiefsee im tropischen Atlantik
miteinander verglichen und zeitlich eingeordnet werden“, erläutert Prof. Silke
Voigt. „Dies ist wichtig, um auch bei unvollständigen Schichtenprofilen eine
genaue zeitliche Einordnung vornehmen zu können und letztlich zu sehen, wie zum
Beispiel das Klima zu einem bestimmten Zeitpunkt der Vergangenheit an
verschiedenen Orten der Welt beschaffen war.“
Prof. Ireneusz Walaszczyk sagt: „Die Schichtenfolge in
Salzgitter-Salder konnte sich gegenüber anderen Kandidaten zum Beispiel in den
USA, in Indien, Madagaskar, Neuseeland und Polen durchsetzen, weil wir hier
über 40 Meter eine perfekte Gesteinsschichtenabfolge haben, die ein gut
definiertes Abbild der Ereignisse darstellt, die in diesem geologischen
Zeitintervall stattgefunden haben.“
„Das Zechsteinmeer hat vor mehr als 250 Millionen Jahren mächtige
Salzschichten im norddeutschen Becken hinterlassen“, erklärt André Bornemann.
„Die später abgelagerten Gesteinsschichten übten Druck auf diese Salzschichten
aus, die sich zum Teil zu großen Salzstöcken aufwölbten und damit jüngere Schichten
deformierten. In der Nähe eines solchen Salzstocks liegt Salder, sodass hier
die fossilreichen Gesteinsschichten der Kreidezeit steil aufgerichtet sind und
ein wunderbares, für wissenschaftliche Untersuchungen sehr gut zugängliches
Profil ergeben. Daher haben wir vom LBEG diesen Ort als Geotop ausgewiesen, und
dieser ist einer der bedeutendsten Geopunkte des UNESCO Geoparks
Harz-Braunschweiger Land-Ostfalen.“
Hintergrund:
Im Kalksteinbruch am Hasselberg bei Salder im Nordosten des
Salzgitterschen Höhenzuges wurden früher Kalksteine und Mergel für die
Zementindustrie und zum Schluss für die Erzaufbereitung abgebaut. Heute
befindet sich dort ein bekanntes Biotop und Geotop als Eigentum der Stiftung
Naturlandschaft, die vom BUND-Landesverband Niedersachsen eingerichtet wurde.
Während die Betreuung des Steinbruchgeländes der Kreisgruppe Salzgitter des
BUND übertragen wurde, kümmert sich der UNESCO Geopark Harz-Braunschweiger
Land-Ostfalen um den geowissenschaftlichen Part des Steinbruchs. Der Steinbruch
ist aus Naturschutzgründen nicht frei zugänglich, aber es werden gelegentlich
geführte Wanderungen angeboten.
Vor 90 Millionen Jahren, in der zweiten Hälfte der Kreide, war es
tropisch warm auf der Erde: Die eisfreien Pole sorgten für einen hohen
Meeresspiegel, Mitteleuropa bestand aus einer Schar von Inseln. Im Meer
entwickelten Ammoniten eine ungeheure Formenvielfalt, an Land herrschten die
Dinosaurier. Die ersten Blütenpflanzen begannen, Schachtelhalmen und Farnen
Konkurrenz zu machen. Vor 89,39 Millionen Jahren fing das Klima an, sich leicht
abzukühlen und der Meeresspiegel von seinem Höchststand etwas zu sinken: Ein
neuer erdgeschichtlicher Abschnitt, das Zeitalter Coniac, löste das Zeitalter
Turon ab.
Publikation: Voigt
S, Püttmann T, Mutterlose J, Bornemann A, Jarvis I, Pearce M, Walaszczyk, I
(2021) Reassessment of the Salzgitter-Salder section as a potential
stratotype for the Turonian–Coniacian Boundary: stable carbon isotopes and
cyclostratigraphy constrained by nannofossils and palynology. Newsl Stratigr, 54/2, 209–228, https://doi.org/10.1127/nos/2020/0615
Walaszczyk,
I., Čech, S., Crampton, J.S., Dubicka, Z., Ifrim, C., Jarvis,
I., Kennedy, W.J., Lees, J.A., Lodowski, D., Pearce, M. Peryt, D.,
Sageman, B., Schiøler, P., Todes, J., Uličný, D.,
Voigt, S., Wiese, F., With contributions by, Linnert, C., Püttmann, T.,
and Toshimitsu, S. (2021) The Global Boundary Stratotype Section and Point
(GSSP) for the base of the Coniacian Stage (Salzgitter-Salder, Germany) and its
auxiliary sections (Słupia Nadbrzeżna, central Poland; Střeleč, Czech Republic;
and El Rosario, NE Mexico). Episodes 2021; 44(2): 129-150l. https://doi.org/10.18814/epiiugs/2020/020072
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/103366248
Bildtexte:
Salzgitter-Salder:
Eine perfekte Gesteinsschichtenabfolge über 40 Meter. (Foto: Silke Voigt,
Goethe-Universität Frankfurt)
GSSP
in Salzgitter-Salder: Die Schicht 46 markiert den Übergang der Kreidezeitalter
Turon und Coniac. Foto und Montage: Silke Voigt, Goethe University Frankfurt.
Fossil: Walaszczyk et al. (2010)
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Silke Voigt
Geozentrum der Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 69 798-40190
s.voigt@em.uni-frankfurt.de
https://www.uni-frankfurt.de/69718561/Homepage-Voigt
Prof.
Dr. Ireneusz Piotr Walaszczyk
Institut
für Historische und Regionale Geologie und Paläogeologie
i.walaszczyk@uw.edu.pl
https://usosweb.uw.edu.pl/kontroler.php?_action=katalog2/osoby/pokazOsobe&os_id=61076
Dr.
André Bornemann
über
Eike
Bruns
LBEG,
Pressestelle
Tel.:
+49 511 643-2274
presse@lbeg.niedersachsen.de
http://www.lbeg.niedersachsen.de
Forscher:innen der Goethe-Universität Frankfurt finden kleine Moleküle als Bindungspartner für genomische RNA des Coronavirus
Bestimmte Regionen im SARS-CoV-2-Erbgut könnten sich als Ziel für künftige Medikamente eignen. Dies fanden jetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und ihre Kooperationspartner im internationalen COVID-19-NMR-Konsortium heraus. Mithilfe einer speziellen Substanzdatenbank identifizierten sie mehrere kleine Moleküle, die an bestimmte Stellen des SARS-CoV-2-Genoms binden, die fast nie durch Mutationen verändert werden.
FRANKFURT. Wenn
SARS-CoV-2 eine Zelle befällt, schleust es sein Erbgut in die Zelle ein und
programmiert die Zelle so um, dass diese zunächst Viren-Proteine und
schließlich ganze Virenpartikel herstellt. Auf der Suche nach Wirkstoffen gegen
SARS-CoV-2 haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich bisher meist auf
die viralen Proteine fokussiert, deren Blockade eine Vermehrung zu verhindern
oder zu mindern verspricht. Doch auch der Angriff des viralen Erbguts, eines
langen RNA-Moleküls, könnte die Vermehrung des Virus womöglich stoppen oder
verlangsamen.
Einen wichtigen ersten Schritt zur Entwicklung einer solchen neuen
Klasse von SARS-CoV-2-Medikamenten haben jetzt die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des COVID-19-NMR-Konsortiums gemacht, das von Prof. Harald
Schwalbe vom Institut für Organische Chemie und chemische Biologie der
Goethe-Universität Frankfurt koordiniert wird. Sie identifizierten 15 kurze
Abschnitte des SARS-CoV-2-Genoms, die bei verschiedenen Coronaviren sehr
ähnlich sind und daher vermutlich essenzielle regulatorische Funktionen haben.
Auch im Verlauf des Jahres 2020 waren diese Genomabschnitte nur äußerst selten
von Mutationen betroffen.
Die Forscherinnen und Forscher ließen eine Substanzbibliothek von
768 kleinen, chemisch einfachen Molekülen mit den 15 RNA-Abschnitten reagieren
und analysierten das Ergebnis mittels Kernresonanzspektroskopie
(NMR-Spektroskopie). Bei der NMR-Spektroskopie werden Moleküle zunächst mit
speziellen Atomsorten (Isotopen) markiert und dann einem starken Magnetfeld
ausgesetzt. Durch einen kurzen Radiowellen-Impuls werden die Atomkerne angeregt
und geben ein Frequenzspektrum ab, mit dessen Hilfe sich der Aufbau der
Moleküle bestimmen lässt und welche Bindungen sie eingehen.
Auf diese Weise konnten die Forschenden um Prof. Schwalbe 69 kleine
Moleküle finden, die an 13 der 15 RNA-Abschnitte banden. Prof. Harald Schwalbe:
„Drei der Moleküle banden sogar spezifisch an nur einen RNA-Abschnitt. Wir
konnten damit zeigen, dass sich die SARS-CoV-2-RNA sehr gut als potenzielle
Zielstruktur für Medikamente eignet. Angesichts der zahlreichen Mutationen von
SARS-CoV-2 sind solche konservativen RNA-Abschnitte, wie wir sie identifiziert
haben, für eine Wirkstoffentwicklung besonders interessant. Und da in einer
infizierten Zelle die Viren-RNA bis zu zwei Drittel der gesamten RNA ausmacht,
sollten wir mit geeigneten Molekülen die Virusvermehrung erheblich stören
können.“ Entsprechend hätten die Forschenden, so Schwalbe weiter, jetzt bereits
Untersuchungen kommerziell verfügbarer Substanzen begonnen, die chemisch
ähnlich zu den Bindungspartnern aus der Substanzbibliothek sind.
Publikation: Sridhar Sreeramulu, Christian Richter, Hannes Berg, Maria A Wirtz
Martin, Betül Ceylan, Tobias Matzel, Jennifer Adam, Nadide Altincekic, Kamal
Azzaoui, Jasleen Kaur Bains, Marcel J.J. Blommers, Jan Ferner, Boris Fürtig, M.
Göbel, J Tassilo Grün, Martin Hengesbach, Katharina F. Hohmann, Daniel Hymon,
Bozana Knezic, Jason Martins, Klara R Mertinkus, Anna Niesteruk, Stephen A
Peter, Dennis J Pyper, Nusrat S. Qureshi, Ute Scheffer, Andreas Schlundt,
Robbin Schnieders, Elke Stirnal, Alexey Sudakov, Alix Tröster, Jennifer Vögele,
Anna Wacker, Julia E Weigand, Julia Wirmer-Bartoschek, Jens Wöhnert, Harald
Schwalbe: Exploring the druggability of conserved RNA regulatory elements in
the SARS-CoV-2 genome, Angewandte Chemie International Edition, https://doi.org/10.1002/anie.202103693
Über das COVID-19-NMR-Konsortium
Weltweit
forschen mehr als 40 Arbeitsgruppen aus 18 Ländern mit insgesamt 230
Wissenschaftlern im COVID-19-NMR-Konsortium, in Frankfurt haben seit Ende März
2020 45 Doktoranden und Postdocs teilweise in zwei Schichten pro Tag an sieben
Tagen die Woche mitgearbeitet. www.covid19-nmr.de
Frühere Meldung „Faltung von SARS-CoV2-Genom zeigt Angriffspunkte
für Medikamente – auch Vorbereitung auf „SARS-CoV3“ https://tinygu.de/sEhyD
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof.
Dr. Harald Schwalbe
Institut für organische Chemie und chemische Biologie
Center for Biomolecular Magnetic Resonance (BMRZ)
Goethe-Universität Frankfurt
Tel +49 69 798-29137
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
Studie der Goethe-Universität zu Folgen von Arbeitslosigkeit in mehr als 30 Ländern / Forschung Frankfurt: Markus Gangl zur Coronakrise
Menschen, die durch die Finanzkrise 2008/09 arbeitslos wurden, hatten danach mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten zu kämpfen. In einer langjährigen internationalen Studie hat das Team um den Soziologen Prof. Markus Gangl an der Goethe-Universität die gesellschaftlichen Folgen der Krise und das politische Krisenmanagement untersucht. In der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ stellt Gangl einige Ergebnisse vor – und zieht Schlüsse für die Folgen der Corona-Pandemie.
FRANKFURT. Armutsrisiko,
Arbeitslosigkeit, Bildungsmangel, Scheidungsrisiken, Vertrauensrisiken:
Ökonomische Schocks haben beträchtliche Folgen für die Gesellschaft. Wie gehen
politische Systeme damit um? Und vor allem: Welche Maßnahmen stellen sich als
erfolgreich heraus?
In einem vom European Research Council (ERC) finanzierten
Forschungsprojekt hat das Team von Markus Gangl, Soziologieprofessor an der
Goethe-Universität, in mehr als 30 Ländern gesellschaftliche Folgen der
Finanzkrise von 2008/09 untersucht und festgestellt: Sie reichen von erhöhtem
Armutsrisiko und schlechteren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten über
Trennungsrisiken, durchkreuzte Familienplanungen und geringere Bildungschancen
der nächsten Generation bis hin zum Vertrauensverlust der Menschen in
demokratische Prozesse.
Ein
Ergebnis der Studie: Je besser ausgebaut die sozialen Sicherungssysteme, desto
geringer ist das Risiko, durch die Arbeitslosigkeit Armut zu erleiden. Länder
mit langen Phasen sozialstaatlich engagierter Politik konnten die Folgen der
Finanzkrise am besten abfedern; weniger geschützt war die Bevölkerung in den
wirtschaftsliberalen angelsächsisch geprägten, aber auch den
südeuropäischen Gesellschaften. In Südeuropa hatte die Finanzkrise zu einer
jahrelangen Arbeitsmarktkrise geführt.
In
der Corona-Pandemie ist der wirtschaftliche Einbruch mindestens doppelt so
schwer ausgefallen wie nach der Finanzkrise von 2008/2009. Dennoch ist es
bislang vielen Ländern gelungen, den Arbeitsmarkt davon weitgehend zu
entkoppeln. „Der schmerzhafte Lernprozess aus der Finanzkrise hat wohl dazu
geführt, dass sich die europäischen Länder in der Pandemie zu einem deutlich
entschlosseneren wirtschaftspolitischen Handeln entschieden haben als noch vor
zehn Jahren. Und vor allem auch: dass sie gemeinsam in eine substanzielle
europäische Sozialpolitik eingestiegen sind“, erklärt Markus Gangl.
Einen
neuralgischen Punkt in der Bewältigung der Pandemie sieht Gangl – auch im
Vergleich mit seiner Studie – in der Situation der jungen Generation. Haben
doch seine eigenen wie bereits frühere Studien ergeben, dass wirtschaftliche
Krisen bei jungen Menschen zu einer „Reduktion des subjektiv empfundenen
Möglichkeitsraums“ führen. „Es wird vielleicht die wichtigste
gesellschaftspolitische Herausforderung sein“, so Gangl, „die
Lebensperspektiven junger Menschen in den Blick zu
nehmen und zu stärken.“
Einen Überblick über die Studienergebnisse vermittelt Gangls
Beitrag „Aus Krisen lernen“ in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Forschung
Frankfurt der Goethe-Universität; die Ergebnisse im Einzelnen wurden in
begutachteten internationalen Fachzeitschriften, unter anderem in American
Sociological Review, der weltweit führenden Zeitschrift der Disziplin,
veröffentlicht.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021)
kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: ott@pvw.uni-frankfurt.de.
Alle Beiträge sind online verfügbar unter: www.forschung-frankfurt.de
Wissenschaftliche Publikationen
Giustozzi,
Carlotta, und Markus Gangl: Unemployment and political trust
across 24 Western democracies: Evidence on
a welfare state paradox, Acta
Sociologica, 2021, https://doi.org/10.1177/00016993211008501
Goñalons-Pons, Pilar, und Markus Gangl.
2021. Marriage and masculinity:
Male‐breadwinner
culture, unemployment, and separation risk in 29 countries.
American Sociological Review 86 (3):
465-502.
https://doi.org/10.1177/00031224211012442
Goñalons-Pons, Pilar, und Markus Gangl:
Regulated earnings security: The
relationship between employment protection
and unemployment scarring
during the Great Recession, Socio-Economic
Review, 2021,
https://doi.org/10.1093/ser/mwaa049
Lindemann, Kristina, und Markus Gangl:
Parental unemployment and the
transition into tertiary education: Can
institutions moderate the
adverse effects?, Social Forces, 2020, Bd.
99, S. 616-647,
https://doi.org/10.1093/sf/soz155
Lindemann, Kristina, und Markus Gangl: The
intergenerational effects of
unemployment: How parental unemployment
affects educational transitions
in Germany, Research in Social
Stratification and Mobility, 2019, Bd.
62,
Art. 100410, https://doi.org/10.1016/j.rssm.2019.100410
Lindemann, Kristina, und Markus Gangl:
Parental unemployment and the
transition to vocational training in
Germany: interaction of household
and regional sources of disadvantage,
European Sociological Review,
2019, Bd. 35, S. 684-700, https://doi.org/10.1093/esr/jcz027
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Markus Gangl
Institut für Soziologie
Goethe-Universität
mgangl@soz.uni-frankfurt.de
www.corrode-project.org
Was ist Hoffnung? Ein Gespräch mit der Philosophin Claudia Blöser in „Forschung Frankfurt“ zu den Folgen der Corona-Pandemie
Welche Rolle spielt Hoffnung in Krisenzeiten? In welchem Verhältnis steht Hoffnung zu Angst und Mut, Wissen und Glauben? Und was verstehen wir unter radikaler Hoffnung? Mit diesen Fragen befasst sich die Physikerin und Philosophin Claudia Blöser in der jüngsten Ausgabe von „Forschung Frankfurt“, dem Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität.
FRANKFURT. In Krisenzeiten suchen Menschen nach einem Zeichen der Hoffnung. Was genau unter Hoffnung zu verstehen ist, untersucht die Physikerin und Philosophin Claudia Blöser in ihrem Habilitationsprojekt an der Goethe-Universität. Ihr Fazit: „Hoffnung ist ein schwer greifbares Phänomen, das uns in vielen Formen begegnet. Doch die Philosophie kann Erhellendes über Natur und Rationalität der Hoffnung sagen.“
Hoffnung, so erläutert Blöser, ist beispielsweise klar von Optimismus zu unterscheiden, der das, was erwünscht ist, als wahrscheinlich ansieht. Hoffnung bezieht sich dagegen auf die Möglichkeit von etwas. Auch Wissen spielt für Hoffende eine Rolle, da sie die Sachlage kennen müssen, um nicht auf Illusorisches zu hoffen. Andererseits gibt es keine Hoffnung ohne Zweifel: Wer hofft, so Blöser, befinde sich grundsätzlich in unsicherer Lage. Immanuel Kant gilt ihr als zentraler Gewährsmann in der Philosophiegeschichte: „Was dürfen wir hoffen?“ ordnet Kant als eine der zentralen Fragen der Philosophie ein. Er war es auch, der darauf hinwies, dass Hoffnung dort ins Spiel kommt, wo der Mensch an die Grenzen seines Wissens und Handelns stößt.
Auf den US-amerikanischen zeitgenössischen Philosophen Jonathan Lear verweist Blöser, wenn sie das Konzept der „radikalen Hoffnung“ beschreibt – eine krisengeprägte Hoffnung, die sich angesichts des Verlusts aller bisheriger Lebensgrundlagen auf nichts mehr beziehen kann als darauf, das Gute prinzipiell für möglich zu halten. Das vollständige Interview ist in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ zu finden, die diese Woche erschienen ist. Weitere Beiträge gehen zum Beispiel folgenden Fragen nach: Was wissen wir über die körperlichen Langzeitfolgen von COVID, insbesondere bei kardiologischen Beschwerden? Wie können wir unser Gesundheitssystem für künftige Pandemien besser aufstellen? Wie hat die Coronapandemie unser Zusammenleben geprägt? Was wird im Schulalltag übrigbleiben von Homeschooling und Distanzlernen? Und wie kann sich die Wirtschaft für weitere Krisen besser wappnen? Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie im alten Athen Seuche und Exzess Hand in Hand gingen, wie sich in Europa die Juristen in der Pestbekämpfung durchgesetzt haben – und dass in China schon einmal die erfolgreiche Pandemiebekämpfung den Status der Machthaber festigte – bei den mächtigen Kaisern der Qing-Dynastie.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: sauter@pvw.uni-frankfurt.de.
Alle Beiträge sind online verfügbar unter: www.forschung-frankfurt.de
Weitere Informationen
Dr. Claudia Blöser
Institut für Philosophie
Goethe-Universität
E-Mail: bloeser@em.uni-frankfurt.de
Lore-Steubing-Institut vernetzt Forschung zu Artenvielfalt und -verlust in Hessen – Hessische Ministerien für Umwelt und Forschung geben Unterstützung
Neben dem Klimawandel ist der zunehmende Verlust an Tier- und Pflanzenarten die größte Umweltbedrohung. Um die Forschung über Biodiversität zu intensivieren, haben sich heute mit der Goethe-Universität die Universitäten Gießen, Marburg und Kassel, die TU Darmstadt, die Hochschule Geisenheim, die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie zu einem hessischen Kompetenzzentrum zusammengeschlossen, dem Lore-Steubing-Institut für Biodiversitätsforschung. Das Institut wird zudem mit im Naturschutz engagierten Akteuren und Verbänden kooperieren.
FRANKFURT. Der Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Enrico Schleiff, betont die Bedeutung des Forschungsnetzwerks: „Mit dem Lore-Steubing-Institut erhält die Biodiversitätsforschung in Hessen ein Momentum, das nicht nur dem Natur- und Artenschutz in Hessen zugutekommen wird, sondern das auch für deutschlandweite Ausstrahlung sorgen wird. Ich freue mich, dass die Goethe-Universität hier einen wichtigen Beitrag leisten kann. Ganz besonderer möchte ich Dekan des Fachbereichs Biowissenschaften, Prof. Sven Klimpel, zum Erfolg dieser Gründung beglückwünschen, der einen zweijährigen, intensiven Planungsprozess krönt.“
Präsident Schleiff weiter: „Biodiversitätsforschung ist seit vielen Jahren einer der strategischen Pfeiler der Goethe-Universität. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen die gravierenden Veränderungen, die Landnutzung und Klimawandel auf Arten und Artengemeinschaften haben, wie Arten sich anpassen, wandern oder aussterben und wie Arten in der erdgeschichtlichen Vergangenheit auf Umweltänderungen reagiert haben. Auch die Vereinbarkeit von Landnutzung mit dem Artenschutz und die Erforschung von Natur-Gesellschaftssystemen gehören zu unseren Forschungsthemen. Institutionell wird dieses Forschungsengagement sichtbar in der engen wissenschaftlichen Vernetzung mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und Forschungsverbünden wie etwa dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik, das sich mit den genetischen Grundlagen der biologischen Vielfalt befasst. “ Nicht zuletzt gehöre die Entwicklung pädagogischer Konzepte zur Vermittlung der Werte von Biodiversität zum Forschungskanon der Goethe-Universität, so Schleiff.
In einem Festakt wurde das Lore-Steubing-Institut für Biodiversitätsforschung heute gegründet. Als Würdigung ihrer Verdienste ist es nach der 2012 verstorbenen Gießener Botanikerin und Ökologin Prof. Dr. Dr. h.c. Lore Steubing benannt.
Link: Pressemitteilung des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie
Das Wissenschaftsmagazin Forschung Frankfurt der Goethe-Universität nimmt die körperlichen Langzeitfolgen der SARS-CoV-2-Infektion in den Blick
Selbst wenn das Virus verschwunden scheint, ist COVID-19 bei vielen Menschen noch nicht vorbei: SARS-CoV-2 hinterlässt häufig einen geschädigten Herzmuskel. In der aktuellen Ausgabe von Forschung Frankfurt schildern Wissenschaftler:innen ihre beunruhigenden Erkenntnisse aus der Untersuchung eigentlich genesener Patientinnen und Patienten und ihre Suche nach den Krankheitsmechanismus. Unter dem Titel „Pandemie: Was bleibt?“ versammelt das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität ein facettenreiches Spektrum von Forschungsprojekten, Einschätzungen und Analysen von Forscherinnen und Forschern der Goethe-Universität zu den Auswirkungen der Pandemie auf Menschen und Gesellschaft.
FRANKFURT. Dass selbst ein milder Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion langwierige Herzprobleme nach sich ziehen kann, musste die Spitzensportlerin Juliane Wolf am eigenen Leib erfahren: Nur langsam erholte sich ihr Herz von der Entzündung, die das Virus verursacht hatte. In der aktuellen Ausgabe von Forschung Frankfurt schildert Prof. Eike Nagel vom Institut für Translationale Kardiovaskuläre Bildgebung des Universitätsklinikums Frankfurt, dass es vielen COVID-19-Patientinnen und –Patienten ähnlich geht: Bei 78 Prozent der Probanden einer von seiner Kollegin Dr. Valentina Puntmann und ihm geleiteten Studie waren zwei Monate nach dem Beginn der Infektion Veränderungen am Herzen feststellbar. Er berichtet über seine Forschung an möglichen Therapien für solche frühen Formen der Herzmuskelentzündungen, ebenso wie die Herzforscherin Prof. Stefanie Dimmeler, die feststellen konnte, dass Herzmuskelzellen auf einem etwas anderen Weg infiziert werden als Lungenzellen.
In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität darüber, welche Schäden die Pandemie im demokratischen System hinterlässt, wie sich die fehlende Nähe zu Kranken und Sterbenden auf die Psyche vieler Menschen ausgewirkt hat, ob das Homeschooling auch nach dem Lockdown eine Option bleibt und welche Chancen ein Neubeginn nach der Krise für Reformen in Wirtschaftspolitik und Gesundheitswesen bietet.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Alle Beiträge sind online erhältlich unter: www.forschung-frankfurt.de
Goethe-Universität erhält Landesförderung für „mutige“ Forschungsprojekte
Forschungsprojekte, die besonders innovativ sind und damit gleichzeitig auch ein hohes Risiko haben zu scheitern, unterstützt das Land Hessen in der Förderlinie LOEWE-Exploration. Forscher der Goethe-Universität haben sich jetzt mit drei von zwölf LOEWE-Explorationsprojekten erfolgreich um Forschungsgelder in Höhe von jeweils 200.000 bis 300.000 Euro beworben.
FRANKFURT. Die drei Frankfurter LOEWE-Explorationsprojekte befassen sich mit der Verwendung Künstlicher Intelligenz (KI) in der Kolonialismus- und Provenienzforschung archäologischer Objekte, mit einem nicht invasiven Verfahren zu Bestimmung des Langzeitzuckerwerts zur Diabetes-Diagnose und -Überwachung sowie mit einem neuartigen Therapieansatz zur Behandlung chronischer Schmerzen.
Mit der wirtschaftlichen Ausbeutung von Kolonien und kolonialartigen Machtstrukturen ging oft eine kulturelle Plünderung einher. Archäologische Funde wurden in Mengen außer Landes gebracht und verkauft. Deren wissenschaftliche Bewertung ist heute eine Herausforderung. Inwiefern Künstliche Intelligenz dabei helfen kann, das wollen der Archäologe Dr. Matthias Recke und der Informatiker Dr. Karsten Tolle in einem gemeinsamen Projekt herausfinden, das in enger Kooperation mit dem Winkelmann-Institut der Humboldt-Universität Berlin unter Prof. Stephan Schmid geplant ist. Als Beispiel dienen die Grabungsfunde des aus Sachsen stammenden Max Ohnefalsch-Richter (1850-1917), der seine Sets aus archäologischen Stücken auf 100 großformatigen historischen Fotografien darbot, um sie bei der Berliner Gewerbeausstellung zu verkaufen. „Wir wollen dem Computer beibringen, die Artefakte zu erkennen“, hofft Recke. Mittels automatisierter Bilderkennung und neuronaler Netzwerke sollen die rund 5000 Objekte analysiert und eingeordnet werden. Langfristig könnten sich neue Möglichkeiten für die Aufarbeitung entsprechender Materialkomplexe in Museen und Sammlungen ergeben und Einblicke in die Verschränkung von Kolonialherrschaft und Antikenhandel.
Anhaltend hoher Blutzuckerspiegel über Wochen will Prof. Viktor Krozer vom Physikalischen Institut der Goethe-Universität zusammen mit Prof. Dr. Pablo Acedo von der Universität Carlos III in Madrid mit einem neuartigen Verfahren bestimmen, bei dem kein Blut abgenommen wird. Bisher erfolgt ein Langzeitzuckertest über den so genannten HbA1c-Wert. Hier wird Blut abgenommen und in spezialisierten Laboren daraufhin untersucht, wie viele Zuckermoleküle am roten Blutfarbstoff Hämoglobin gebunden sind. Erhöhte Werte deuten auf die Erkrankung Diabetes mellitus hin; bei Diabetikern hilft die Untersuchung, die Therapie zu kontrollieren. Das neue Verfahren, das an der Goethe-Universität entwickelt wird, „durchleuchtet“ die Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger mit elektromagnetischer Strahlung im Millimeter-Wellenlängenbereich und bestimmt so nicht-invasiv den Langzeitzuckerwert im Blut. Bisher ist für die Auswertung der Messergebnisse ein erfahrener Wissenschaftler nötig. Künftig sollen die Daten über selbstlernende Computerprogramme (maschinelles Lernen) interpretiert werden, damit solche Messsysteme einmal in Point-of-Care-Stellen aufgestellt werden können.
Die Behandlung chronischer Schmerzen ist schwierig, wenn sich das schmerzverarbeitende System dauerhaft verändert und überempfindlich wird. Denn auf diese Weise überdauern die Schmerzen den eigentlichen Heilungsprozess des entzündeten oder verletzten Gewebes, und viele Schmerzmittel wirken nicht mehr. Prof. Robert Fürst vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Prof. Achim Schmidtko vom Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmazie (beide Goethe-Universität Frankfurt) untersuchen, inwieweit Sensibilisierungsprozesse im schmerzverarbeitenden System durch eine gezielte Hemmung der Protein-Biosynthese (mRNA-Translation) beeinflusst werden können. Im Projekt werden die beiden Forscher zum Beispiel untersuchen, wie sich verschiedene Translationsinhibitoren auf die Protein-Biosynthese in Nerven- oder Blutgefäßzellen auswirken und welche Nebenwirkungen damit verbunden sind. Dies könnte die Grundlage für eine neue Klasse von Schmerzmitteln legen, die spezifisch gegen chronische Schmerzen wirken würden.
Weitere Informationen
„Künstliche Intelligenz zur Erschließung kolonialer Verwertungspraktiken archäologischer Objektsammlungen“
Dr. Matthias Recke
Institut für Archäologische Wissenschaften
Goethe-Universität
Telefon: 069 798-32301
recke@em.uni-frankfurt.de
Dr. Karsten Tolle
Institut für Informatik
Goethe-Universität
Telefon: 069 798-28434
K.Tolle@em.uni-frankfurt.de
„Selbstlernende Systeme für nicht-invasive Diabetesüberwachung“
Prof. Dr.-Ing. Victor Krozer
Physikalisches Institut/ Terahertz-Photonik
Goethe-Universität
Tel. 069 798-47212
krozer@physik.uni-frankfurt.de
„Gezielte Hemmung der mRNA-Translation zur Therapie chronischer Schmerzen“
Prof. Dr. Robert Fürst
Institut für Pharmazeutische Biologie
Goethe-Universität
Tel. 069 798-29655
fuerst@em.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Dr. Achim Schmidtko
Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmazie
Goethe-Universität
Tel. 069 798-29376
schmidtko@em.uni-frankfurt.de
Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema „Pandemie: Was bleibt?“ – Politologin Heike Holbig spricht im Interview über Chinas Vorgehen in der Coronakrise
Wer erinnert sich nicht an die Bilder vom Januar 2020? Ein neuartiges Virus kursierte, und im Land der Mitte schien Chaos zu herrschen. Doch derlei Nachrichten verschwanden schon bald von den Bildschirmen, abgelöst durch eine Erfolgsmeldung nach der anderen. Wie erfolgreich war der autokratische Staat tatsächlich bei der Pandemiebekämpfung? Dieser Frage widmet sich ein Interview mit der Politologin und China-Expertin Prof. Heike Holbig in der neuen Ausgabe von Forschung Frankfurt, die heute erschienen ist. Das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität nähert sich unter dem Titel „Pandemie: Was bleibt?“ dem Thema Pandemie aus unterschiedlichen Perspektiven. Das Heft kann (für Journalisten kostenfrei) bestellt werden über sauter@pvw.uni-frankfurt.de. Online steht es unter www.forschung-frankfurt.de/ zur Verfügung.
FRANKFURT. Was Anfang 2020 geschah, war den Machthabern in China ein Dorn im Auge: Weltweit verbreitete sich die Ansicht, in China herrsche Chaos, das Gesundheitswesen sei zu schwach, um die vielen Kranken aufzufangen, und die Maßnahmen gegen das Virus seien rigide und menschenverachtend. Vor allem aber: Viel zu spät habe man reagiert und die Weltöffentlichkeit über die drohende Gefahr informiert. Doch nach kurzer Zeit hatte die chinesische Führung die Situation offenbar besser im Griff – oder vor allem die Nachrichtenlage? Seither feiert sich China für seine Erfolge. Doch wie erfolgreich war das chinesische Vorgehen tatsächlich? Kann der Westen gar von China lernen? Und wie hat sich der Status Chinas in der Welt verändert? Darüber gibt Prof. Heike Holbig, Politologin und China-Expertin, in der neuen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ Auskunft. Sie macht deutlich: Pandemien gelten in China als „hochgradig sensibel“, und „die Wahrung gesellschaftlicher Stabilität hat Vorrang.“ Was China uns ebenso wie die demokratischen Staaten Asiens voraushatte, war die Pandemieerfahrung. Aus Corona zu lernen, dass sollte auch für den Westen ein Gebot der Nachpandemiezeit sein.
In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ schauen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität denn auch genau hin: Was wissen wir über die körperlichen Langzeitfolgen von COVID, insbesondere bei kardiologischen Beschwerden? Wie können wir unser Gesundheitssystem für künftige Pandemien besser aufstellen? Wie hat die Coronapandemie unser Zusammenleben geprägt? Wie kann es trotz der Kontaktverbote menschlich bleiben? Was wird im Schulalltag übrigbleiben von Homeschooling und Distanzlernen? Und wie kann die Wirtschaft noch besser gewappnet sein? Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie im alten Athen Seuche und Exzess Hand in Hand gingen, wie sich in Europa die Juristen in der Pestbekämpfung durchgesetzt haben – und dass in China schon einmal die erfolgreiche Pandemiebekämpfung den Status der Machthaber festigte – bei den mächtigen Kaisern der Qing-Dynastie.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: sauter@pvw.uni-frankfurt.de.
Alle Beiträge sind online erhältlich unter: www.forschung-frankfurt.de/
Weitere Informationen
Prof. Dr. Heike Holbig
Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Area Studies China/Ostasien
Goethe-Universität
holbig@soz.uni-frankfurt.de
Die deutsche Konferenz zum EU-Forschungsprojekt „Working, Yet Poor“ findet an der Goethe-Universität statt
FRANKFURT. Wie kann es sein, dass im reichen Europa fast zehn Prozent der Erwerbstätigen von Armut betroffen sind? Selbst in Europas führender Wirtschaftsnation Deutschland ist das Phänomen „arm trotz Arbeit“ verbreitet. Das europäische Forschungsprojekt „Working, Yet Poor“ (WorkYP) soll den Ursachen und Mechanismen auf den Grund gehen. Die Konferenz zur Situation in Deutschland findet
am Montag, 19. Juli, von 10 bis 16 Uhr
auf der Online-Plattform Zoom
statt,
organisiert an der Goethe-Universität. Hier ist auch das deutsche Teilprojekt
angesiedelt, nämlich an der Professur für Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht
von Prof. Dr. Bernd Waas. Unter der Projektleitung von Dr. Christina Hießl wird
untersucht, welche sozialen und rechtlichen Gründe dafür verantwortlich sind,
dass immer mehr Menschen auch hierzulande trotz Erwerbstätigkeit
armutsgefährdet sind.
„Die
Konferenz dient dazu, das Problem ‚Armut trotz Arbeit' für Deutschland
möglichst transparent zu machen und Lösungsansätze zu diskutieren“, erklärt
Projektleiterin Dr. Christina Hießl im Interview für Goethe-Uni online (Link s.
unten). Die Beiträge auf der Frankfurter Konferenz werden von hochrangigen
Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und von den Sozialpartnern
bestritten. Katharina Erbeldinger, die Federführende Referentin für Armuts- und
Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung, spricht zum Beispiel über die
Sicherung auskömmlicher Erwerbsarbeit als gemeinsame Aufgabe von Arbeitsmarkt-
und Sozialpolitik. Prof. Dr. Ulrich Walwei vom Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung befasst sich in seinem Vortrag u.a. mit aktuellen Befunden der
Armutsforschung, und Prof. Dr. Thorsten Schulten, Leiter des Tarifarchivs des
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der
Hans-Böckler-Stiftung, wird die Bedeutung von Mindestlöhnen und Tarifbindung
für die Eindämmung des Niedriglohnsektors beleuchten. Die Rolle des
Niedriglohnsektors und atypischer Arbeitsformen wird von Benjamin Baykal aus
der Sicht der BDA und Ruxandra Empen aus der Perspektive des DGB beleuchtet.
Fast
zehn Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung der EU waren 2017 von Armut
bedroht, das entspricht etwa 20,5 Millionen EU-Bürgern. Außer den negativen
Folgen für den Einzelnen wie soziale Ausgrenzung und mangelnde Teilhabe
gefährdet Armut trotz Erwerbstätigkeit auch ein wesentliches Merkmal der
EU-Staatsbürgerschaft: den Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben. Grundlage
staatlicher Maßnahmen ist die Kenntnis der Ursachen, wozu das WorkYP-Projekt
ins Leben gerufen wurde.
Die
Verteilung der Armut trotz Erwerbstätigkeit fällt in Europa sehr
unterschiedlich aus, was auf unterschiedliche soziale und rechtliche Systeme
oder Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zurückzuführen ist. Die Gründe für diese
Unterschiede werden jetzt im Rahmen des WorkYP-Projekts untersucht; die
Situation in sieben EU-Ländern mit unterschiedlichen Sozial- und Rechtssystemen
(Luxemburg, Belgien, Deutschland, Italien, die Niederlande, Polen und Schweden)
wird analysiert, um Best-Practice-Lösungen zur Bekämpfung der Armut trotz
Erwerbstätigkeit in allen Systemen vorzuschlagen.
Horizon
2020 ist das Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und
Innovation, das 2014 ins Leben gerufen wurde und Kooperationsprojekte in
Forschung und Innovation fördert. Teilnahmeberechtigt sind
Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Unternehmen. Horizon 2020 finanziert
jährlich 6.000 Projekte.
Anmeldung zur Konferenz „Armut trotz Arbeit in Deutschland“ bis
14. Juli bei Frau Anna Jansen (jansen@jura.uni-frankfurt.de).
Das Programm finden Sie unter https://www.uni-frankfurt.de/102999140
Link zum
Interview mit Dr. Christina Hießl bei GOETHE-UNI online:
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/gesellschaft/interview-dr-christine-hiessl-zum-horizon-2020-projekt-armut-trotz-arbeit
Informationen:
Dr. Christina Hießl
Professur für Arbeitsrecht und
Bürgerliches Recht
Fachbereich Rechtswissenschaft
Goethe-Universität Frankfurt
E-Mail: hiessl@jura.uni-frankfurt.de
Bericht über ein ungewöhnliches Geschenk, das vom Universitätsarchiv der Goethe-Universität angefertigt wurde, im neuen UniReport.
FRANKFURT.
Frank-Walter Steinmeier sprach danach vom „vielleicht emotional bewegendsten
Moment meiner Amtszeit“. Bei seinem dritten Staatsbesuch in Israel übergab der
deutsche Bundespräsident seinem Kollegen Reuven Rivlin eine Urkunde von hohem
historischen wie auch familiären Wert: Es handelt sich um das
Studienzeugnis von Yoel Yosef Rivlin, dem Vater von Reuven Rivlin. Im November
1922 immatrikulierte sich Yoel Yosef Rivlin sich an der Universität Frankfurt,
seine Studienfächer waren Semitische Philologie und Islamwissenschaft. 1927
promovierte er mit einer Arbeit zum Thema „Das Gesetz im Koran. 1. Teil: Kultus
und Ritus“. Nach der Promotion ging Rivlin an die Hebräische Universität von
Jerusalem, wo er später als Professor lehrte. Ein Geschenk, das seine Wirkung
nicht verfehlte: „Vielen Dank, mein Freund Präsident Steinmeier, für diese
bewegende Geste“, schreibt der scheidende Staatspräsident Reuven Rivlin auf
Twitter.
PD Dr. Michael Maaser, Archivar der Goethe-Universität, beschreibt im neuen
UniReport die Hintergründe eines außergewöhnlichen Staatsgeschenks. Die Idee
dafür entstand auf Anregung von Uwe Becker, dem „Beauftragten der Hessischen
Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus“.
Ausgewählt haben das Dokument die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Universitätsarchivs, die Frankfurter Kunsthandlung Julius Giessen rahmte das
Zeugnis. Auf der Rückseite des Bilderrahmens unterschrieben der
Bundespräsident, Uwe Becker sowie der Präsident der Goethe-Universität, Prof.
Enrico Schleiff.
Weitere Themen im aktuellen UniReport:
- Angriffe auf die Wissenschaft: Der Historiker Ralf Roth hat einen Sammelband über politische Unterdrückung und ökonomische Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit herausgegeben.
VW-Stiftung fördert neue Projekte an der Goethe-Universität zur Entwicklung von Medikamenten gegen SARS-CoV-2
Zwei Forschungskooperationen der Goethe-Universität zu neuen COVID-19-Therapieansätzen fördert jetzt die Volkswagenstiftung mit insgesamt rund 1,4 Millionen Euro: Ein Projekt wird erforschen, wie die Genregulation des Virus gezielt gestört werden kann („Target-RNA-antiV“, zusammen mit TU Darmstadt). Das zweite Projekt wird untersuchen, wie ein für die Virusvermehrung wichtiges Virenprotein blockiert werden kann („CoVmacro“, zusammen mit RWTH Aachen, LMU München und Forschungszentrum Jülich). Die Projekte werden für jeweils 36 Monate unterstützt.
FRANKFURT. Mit
kleinen Wirkstoff-Molekülen wollen Forschende der Goethe-Universität in
Kooperation mit weiteren Institutionen SARS-CoV-2 lahmlegen. Kleine Moleküle
werden in der Wirkstoffforschung häufig eingesetzt, weil sie leichter in
menschliche Zellen eindringen können als große Moleküle und weil sie
verhältnismäßig leicht zu synthetisieren sind. Ist eine potenzielle
Zielstruktur etwa eines Virus bekannt, lassen sich ganze Bibliotheken solcher
kleinen Moleküle durchsuchen, um die Kandidaten zu identifizieren, die an die
Zielstruktur binden.
Das Projekt „Target-RNA-antiV“ setzt bei der Wirkstoffsuche
direkt am viralen Erbgut RNA an. Dabei bauen Prof. Maike Windbergs und Prof.
Harald Schwalbe (beide Goethe-Universität) und Dr. Julia Weigand (TU Darmstadt)
auf Arbeiten des internationalen COVID-19-NMR-Konsortiums auf (vgl. https://tinygu.de/GenomFaltung), das
im Genom von SARS-CoV-2 insgesamt 15 Steuerungselements identifiziert hat. Mit
deren Hilfe dirigiert das Virus den Infektionsablauf in der menschlichen Zelle.
Eines dieser Steuerungselemente steht im Fokus von „Target-RNA-antiV“. Es
handelt sich um eine Art Schalter, mit dem das Virus aus demselben Stück Erbgut
zwei verschiedene Virusproteine herstellen kann (RNA-Pseudoknotenlement). Die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden kleine Moleküle suchen, die
diesen Schalter blockieren, sodass das Virus eine Reihe wichtiger Proteine
nicht mehr herstellen kann. Viel versprechende Wirkstoffkandidaten sollen dann
als Spray auf 3D-Zellkulturmodellen der menschlichen Lunge gesprüht werden, um
die potenzielle Anwendbarkeit als Therapeutikum zu testen.
Das Projekt „CoVmacro“ fokussiert auf das Virenprotein
nsP3, mit dessen Hilfe SARS-CoV-2 unter anderem die zelluläre Abwehrreaktion
unterbindet. Dass ein bestimmter Teil von nsP3, die sogenannte Makrodomäne, ein
Angriffspunkt für Medikamente sein kann, hatten bereits frühere Arbeiten zeigen
können (vgl. https://tinygu.de/Remdesivir).
Mithilfe der Makrodomäne sorgt das Virus dafür, dass es Zellen nicht mehr
gelingt, Signalwege zu Stress- und Abwehrreaktionen zu aktivieren. Biochemisch
verhindert die virale Makrodomäne, dass der Zucker ADP-Ribose an entsprechende
zelluläre Signalproteinen angehängt wird, um die Signalkette zu aktivieren.
Prof. Stefan Knapp (Goethe-Universität) sucht gemeinsam mit Prof. Bernhard
Lüscher, Dr. Patricia Korn (beide RWTH-Aachen), Prof. Andreas Ladurner (LMU
München) und Prof. Giulia Rossetti (Forschungszentrum Jülich) nach kleinen
Molekülen, die die virale Makrodomäne hemmen und damit die zelleigene Abwehr
stärken können. Da die Makrodomäne bei vielen anderen Coronaviren, bei
Hepatitis-E-Viren und Alphaviren wie dem Chikungunya-Virus sehr ähnlich
aufgebaut ist, könnten mögliche Therapieansätze auf bei anderen
Viruserkrankungen greifen.
Weitere Informationen:
Target-RNA-antiV
Prof. Dr. Maike Windbergs
Institut für Pharmazeutische Technologie,
Buchmann-Institut für Molekulare Lebenswissenschaften (BMLS)
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 798-42715
windbergs@em.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Harald Schwalbe
Institut für Chemie und chemische Biologie
Center for Biomolecular Magnetic Resonance (BMRZ)
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. 069 798-29137
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
CoVmacro
Prof. Dr. Stefan Knapp
Institut für Pharmazeutische Chemie und
Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 69 798-29871
knapp@pharmchem.uni-frankfurt.de
https://www.uni-frankfurt.de/53483664/Knapp
Die Forschungsgruppe „Rekonfiguration und Internalisierung von Sozialstruktur“ (RISS) untersucht den sozialen Wandel der Gegenwart
Unsere Vorfahren würden staunen: Frauen und Arbeiterkinder im Arztkittel, Menschen mit Migrationsgeschichte in der Richterrobe und in den großen Firmen hochqualifizierte Beschäftigte aus der ganzen Welt. Dies sind Beispiele für soziostrukturellen Wandel, der Auswirkungen auf die sozialen und politischen Orientierungen der Menschen hat. Einerseits erleben wir ein hohes Maß an sozialer Mobilität und Teilhabe, andererseits nehmen auch Benachteiligungen und gesellschaftliche Konflikte zu. Was passiert da mit der Gesellschaft, und wie wirkt sich das auf den Einzelnen und das Kollektiv aus? Damit befasst sich eine neue Forschungsgruppe unter Beteiligung von Soziologie und Politologie an der Goethe-Universität.
FRANKFURT. An der
Goethe-Universität gibt es eine neue Forschungsgruppe: Wie die DFG gestern
bekanntgegeben hat, kann das Projekt mit dem Titel „Rekonfiguration und
Internalisierung von Sozialstruktur“ („Reconfiguration and Internalization of
Social Structure“, RISS) im Herbst die Arbeit aufnehmen. Die Förderung für
zunächst vier Jahre ist befürwortet worden, insgesamt erhält die
Forschungsgruppe rund 3 Millionen Euro. Im Zentrum des Projekts steht der
gesellschaftliche Wandel und dessen Auswirkungen in ihrer ganzen Komplexität.
Es gibt verschiedene Hypothesen dazu, wie sich der
gesellschaftliche Wandel, der an so vielen Stellen zu beobachten ist,
langfristig auswirken könnte: Wird die sozialstrukturelle Durchmischung von
Menschen mit unterschiedlichen Gruppenzugehörigkeiten zu mehr Integration und
Einigkeit führen? Oder ist eher das Gegenteil der Fall, und die Identifikation
mit der Gesellschaft schwindet? Wer aufmerksam die Geschehnisse verfolgt, kann
nicht übersehen: Nach Jahren einer sozial durchlässigen Sozialstruktur und
erhöhter Mobilität gibt es weniger soziale und politische Stabilität als
früher, nicht mehr. Die Forschungsgruppe RISS will nun eine Theorie entwickeln
und empirisch testen, die die soziostrukturelle Prägung von individuellen und
kollektiven Orientierungen erklären hilft. Sprecherin ist die Soziologin Prof.
Dr. Daniela Grunow von der Goethe-Universität, wo auch die meisten Mitglieder
der Gruppe forschen und lehren. Ko-Sprecher ist Prof. Dr. Richard Traunmüller
von der Universität Mannheim.
„Die Entfremdung von demokratischen Prinzipien und die
Polarisierung der Gesellschaft wird zunehmend als Problem wahrgenommen. Ich
freue mich, dass an der Goethe-Universität nun mit Nachdruck daran gearbeitet
wird, dieses Phänomen wissenschaftlich besser fassen zu können“, sagt Prof. Dr.
Bernhard Brüne, als Vizepräsident zuständig für Forschung. „Wir gehen von einem
dezidiert multidimensionalen Ansatz zur Sozialstruktur aus und wollen die
Komplexität der Thematik in einer Kombination aus Sozialstrukturanalyse und
Politischer Soziologie untersuchen“, erklärt Daniela Grunow, die Sprecherin der
Gruppe.
Wie lassen sich eine „individualisierte“ Sozialstruktur oder das
Ende der „politisierten“ Sozialstruktur mit der menschlichen Neigung zur
Gruppenbildung und den gegenwärtigen soziopolitischen Konflikten vereinbaren?
Die Komplexität dieser Fragestellung, so Grunow, werde bislang von der
Forschung nicht ausreichend abgebildet. Die Forschungsgruppe schlägt eine neue
analytische Perspektive vor. „Obwohl sich die Sozialstruktur dramatisch
verändert hat, hat sie nichts von ihrer prägenden Kraft eingebüßt. Statt einer
Auflösung der Sozialstruktur erleben wir ihre grundlegende Rekonfiguration
sowie eine veränderte Internalisierung von Sozialpositionen und
Gruppenzugehörigkeiten“, erläutert die Soziologin. Um diese Transformationen zu
begreifen, sollen die neuartigen Sozialstrukturen daraufhin untersucht werden,
wie sie Sichtweisen, Überzeugungen und Präferenzen prägen. Bislang konzentriere
sich die Forschung auf einzelne strukturelle Dimensionen wie Bildungserfolg, sozioökonomischer
Status, Geschlechterverhältnis oder Migration und ethnische Vielfalt. Es sei
jedoch notwendig zu verstehen, wie sich Wandel in diesen Einzeldimensionen
verschränkt und umfassende Rekonfigurationen der Sozialstruktur bedingt.
Die Initiative des breit angelegten Projekts geht von InFER aus,
dem Institut für empirisch-analytische Forschung an der Goethe-Universität.
InFER ist 2016 von Prof. Dr. Grunow und ihren Kolleginnen und Kollegen
gegründet worden, insgesamt sind rund ein Dutzend Professorinnen und
Professoren der Goethe-Universität mit ihren Teams daran beteiligt. Ziel des
Instituts ist es, empirisch-analytische Forschung zu sozialem Wandel, sozialer
Ungleichheit sowie politischer Partizipation und Repräsentation zu stärken.
InFER wird die neue Forschergruppe vor allem infrastrukturell unterstützen.
Porträt von Prof. Dr. Daniela Grunow zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/102967811
Bildtext: Prof. Dr. Daniela Grunow ist Sprecherin der
neuen DFG-Forschungsgruppe RISS an der Goethe-Universität. (Foto: Jan Hering)
Weitere Informationen
Prof. Dr. Daniela Grunow
Professur
für Soziologie mit dem Schwerpunkt Quantitative Analysen gesellschaftlichen
Wandels
Institut für Soziologie
Goethe-Universität
Telefon 069 798-36645 (Sekretariat)
E-Mail grunow@soz.uni-frankfurt.de
Homepage https://www.fb03.uni-frankfurt.de/44692678/Prof__Dr__Daniela_Grunow
Kooperation von Forschung und Praxis als Impulsgeber
Die Pandemie hat nochmal verdeutlicht, wie wichtig Digitalkompetenzen für Beschäftigte und Betriebe sind. Das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität beforscht die Entwicklung solcher Kompetenzen in Kooperation mit Branchenverbänden, Unternehmen und Wirtschaftsförderungen in Hessen.
FRANKFURT. „Die
Digitalisierung der hessischen Wirtschaft kann nur dann nachhaltig erfolgreich
sein, wenn es gelingt, Beschäftigte in diesem Prozess mitzunehmen. Erst
Beschäftigte mit Digitalkompetenzen können sicherstellen, dass die Potenziale
von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien in den Betrieben
voll erschlossen werden“, sagt Dr. Christa Larsen, Geschäftsführerin des
Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität. Deshalb
haben sich viele hessische Unternehmen bereits vor der Pandemie die Frage
gestellt, wie es gelingen könnte, Beschäftigte beim Aufbau solcher Kompetenzen
zu unterstützen. Dabei hat sich eine Kooperation zwischen Forschung und Praxis als
zielführend erwiesen, um Entwicklungsimpulse für den Aufbau von
Digitalkompetenzen zu setzen. Die bewährte Kooperation zwischen hessischer
Wirtschaft und IWAK soll nun verstärkt fortgesetzt werden. „Ein solches
Ineinandergreifen von Wissenschaft und Wirtschaft ist für beide Seiten eine
Win-Win-Situation. Ich würde mir mehr solcher Kooperationen wünschen“, sagt
Prof. Dr. Bernhard Brüne, Vizepräsident der Goethe-Universität.
Virtueller Lunch-Talk des IWAK
Unter dem Titel „Digitalkompetenzen aufbauen. Impulse für die
Weiterentwicklung setzen. Perspektiven aus Forschung und Praxis“ findet
am 9.
Juli 2021 (11.30 bis 12.30 Uhr)
auf der
Konferenz-Plattform Zoom
https://uni-frankfurt.zoom.us/j/99189471378?pwd=K2c4eUZySkpveTZkV0RBN1dONE0wQT09 -
Meeting-ID: 991
8947 1378 - Kenncode: 101064
ein Lunchtalk statt, bei dem Befunde zum Erwerb von
Digitalkompetenzen vor und während der Pandemie aus der angewandten Forschung
und der betrieblichen Praxis vorgestellt werden. Das Programm finden Sie unter:
http://www.iwak-frankfurt.de/wp-content/uploads/2021/06/Einladung-Lunch-Talk-9-Juli-11_30-bis-12_30-Uhr-Thema_Digitalkompetenzen.pdf. Eine
Anmeldung ist nicht erforderlich.
Vorreiterprojekt in der hessischen Chemie- und Pharmabranche
Mit Hilfe von Fördermitteln des Bundesministeriums für
Wissenschaft und Forschung sowie des Europäischen Sozialfonds wurde seit 2018
das „Netzwerk für digitale Qualifizierung in der Chemie (DQC_Net)“ etabliert.
Dieses Netzwerk, das vom Bildungsdienstleister Provadis (Höchst) initiiert und
koordiniert wurde, dient als Basis, um digitale Kompetenzen stärker in Aus- und
Weiterbildung zu verankern. Betriebe und Sozialpartner sollen sich hier auf
Augenhöhe begegnen können Dabei geht es vor allem um konzeptionelle Impulse für
die Praxis – und um digitale Lerntools. (www.provadis.de/provadis-gruppe/bildungsprojekte/bildungsinnovationen/).
„Die Kooperation schafft Synergien und bringt damit mehr Tempo in
die Entwicklung von Digitalkompetenzen in der Branche“, stellt Dr. Karsten
Rudolf, Bereichsleiter Bildungs- und Forschungsprojekte bei Provadis fest. Das
IWAK begleitet die Aktivitäten im Netzwerk wissenschaftlich, evaluiert deren
Nutzen für die Praxis und unterstützt so nicht nur die Betriebe im Netzwerk,
sondern bietet auch Impulse für weitere Betriebe, die die Digitalkompetenzen
ihrer Beschäftigten über Aus- und Weiterbildung fördern möchten. „Die
Evaluierung hilft zu verstehen, wie der Erwerb von Digitalkompetenzen besonders
in der Ausbildung gut stattfinden kann“, sagt Dr. Christa Larsen. Klar sei: Die
Grundlage fürs Lernen bleibe das Vertrauensverhältnis zwischen Ausbildern und
Auszubildenden. Digitales Lernen bedeute, gezielt digitale Tools einzusetzen,
die einen klaren Nutzen haben und damit Motivation und Lernbereitschaft
fördern. „Die gezielte Evaluierung hat uns auch deutlich gemacht, dass das
Herzstück der dualen Ausbildung, die Kooperation der Lernorte Betrieb und
Berufsschule, bisher noch sehr wenig digitalisiert ist. Das wollten wir schnell
ändern“, so Jürgen Funk, Geschäftsführer Verbandskommunikation und Politische
Öffentlichkeitsarbeit bei der Hessenchemie.
Deshalb wird auf Initiative der Hessenchemie seit März 2020
gemeinsam mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, Provadis und dem VCI
Hessen das Projekt „#HESSEN.Bildung.digital“ durchgeführt (https://www.bildung.digital/Hessen).
An zehn Standorten arbeiten Vertreter von Ausbildungsbetrieben und
Berufsschulen in Entwicklungsprojekten eng zusammen, um Kommunikation,
Kooperation, aber auch das Lehren und Lernen mit digitalen Instrumenten zu
fördern. Es gibt Online-Schulungen und fachliche Begleitung, man lernt im
kollegialen Austausch voneinander. Die begleitende Evaluierung durch das IWAK
zeigt einen großen Bedarf an Digitalisierung, die Bedingungen für die Umsetzung
indes können herausfordernd sein. „Wir erkennen über die wissenschaftliche
Begleitung, wo die Herausforderungen liegen, jedoch auch die Chancen einer
digital unterstützten Lernort-Kooperation in der Praxis“, sagt Jürgen Funk,
Geschäftsführer der Hessenchemie. Dieses Wissen könne sicherstellen, dass
Berufsschulen und Betriebe effektiver und kontinuierlicher zusammenarbeiten, so
dass die jungen Menschen profitieren.
Die Entwicklung von Digitalkompetenzen während der Pandemie wird
durch die Wirtschaftsförderer in den 26 hessischen Kreisen und kreisfreien
Städten begleitet. Das Hessische Wirtschaftsministerium fördert im Projekt
„regiopro“ ein Expertenpanel der hessischen Wirtschaftsförderer, das vom IWAK
aufgebaut wurde. Seit April 2020 monitort das IWAK darüber die Entwicklung der
Wirtschaft in den Regionen, ein Fokus liegt auf dem Stand der
Digitalkompetenzen. Dabei hat sich gezeigt, dass sich die Digitalkompetenzen,
die in einzelnen Arbeitsbereichen erforderlich sind, stark voneinander
unterscheiden. Für einige Beschäftigtengruppen ist bereits der Umgang mit
Videokonferenztools der Kern der notwendigen Digitalkompetenzen, Beschäftigte
in Spezialfunktionen benötigen oft weitere digitale Fachkenntnisse. „Das ist
wenig überraschend, Beschäftigte benötigen spezifische Kompetenzen je nach
Zuschnitt ihrer Arbeit. Bei den Digitalkompetenzen ist dies auch nicht anders“,
stellt Larsen fest. „Die Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen, hat
in der Pandemie allerdings deutlich zugenommen – eine gute Ausgangslage
angesichts der anstehenden Veränderungen in der Arbeitswelt“, urteilt sie.
Weitere Informationen
Für
Auskünfte und Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an:
Dr.
Christa Larsen
Institut
für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
Campus
Bockenheim
Telefon
069 798-22152
E-Mail:
c.larsen@em.uni-frankfurt.de
Modellbau des ALICE Detektors
In einem Lego-Marathon bauten drei Tage lang sechs Schüler:innen und Studierende aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Baden Württemberg an der Goethe-Universität Frankfurt aus mehr als 16.000 Teilen im Maßstab 1:32 den Teilchendetektor ALICE nach, der am Teilchenbeschleuniger LHC des Europäischen Zentrums für Teilchenphysik CERN in Genf steht. Am Original forschen unter anderem Physiker:innen der Goethe-Universität. Das durch die Teilnehmenden über ein halbes Jahr hinweg entwickelte Modell wird in Zukunft unter anderem im Fachbereich Physik zu bestaunen sein.
FRANKFURT / MÜNSTER (WESTF.). Die 17
Schüler:innen und Studierende, die im Januar einer Einladung des ErUM
ALICE-Forschungsschwerpunkts durch Physiker:innen der Goethe-Universität und der
Universität Münster folgten, hatten Großes vor: Mithilfe spezieller
Konstruktionsprogramme wollten sie – begleitet von Wissenschaftler:innen – ein
detailgetreues Modell des Teilchendetektors ALICE entwerfen. Nach vielen
Arbeitsstunden stand der Plan, die 16244 Einzelteile waren bestellt, und der
Zusammenbau konnte beginnen.
An einem Freitagabend reisten die Teilnehmenden nach Frankfurt und
Münster an, und am Sonntag
war es geschafft: Die beiden 50 Zentimeter hohen, 87
Zentimeter langen und knapp 17 Kilogramm schweren Modelle waren fertig.
ALICE-Koordinator Marcus Mikorski, der das Modell-Projekt an der
Goethe-Universität leitete, ist stolz auf die Leistung der Schüler:innen und
Studierenden: „Die Frankfurter Teilnehmenden waren hochmotiviert und haben
dieses Projekt mit großem Geschick umgesetzt. Auch bei unseren Kolleginnen und
Kollegen an der Universität Münster war das Projekt ein großer Erfolg. Wir
haben gemerkt, dass die Teilnehmenden sich durch die Konstruktion intensiv mit
den verschiedenen Funktionselementen eines solchen hochkomplexen
Teilchenbeschleunigers auseinandergesetzt und auf diese Weise viel über
Detektortechnologie und Teilchenphysik gelernt haben.“
An der großen Teilchenbeschleunigeranlage CERN in Genf gehen
Wissenschaftler:innen aus der ganzen Welt grundlegenden Fragen der Physik nach:
Was ist Materie? Wie hat sich das Universum entwickelt? Dazu lassen die
Forscher:innen Atomkerne mit hohen Geschwindigkeiten aufeinanderprallen und
zerlegen sie in ihre elementaren Bestandteile. Vermessen werden diese
Materie-Bausteine mithilfe großer Teilchendetektoren. Der ALICE-Detektor misst
die Teilchen, die bei der Kollision von Blei-Ionen entstehen – 900 Millionen
Teilchen pro Sekunde. Eines der Forschungsziele ist es, den Zustand von Materie
kurz nach dem Urknall verstehen zu lernen. Im Original ist der ALICE-Detektor
26 Meter lang und 16 Meter hoch.
Künftig, so plant Mikorski, soll es die Bauanleitung nach kleinen
Überarbeitungen, auch frei verfügbar im Internet geben. Wer mag, kann dann auch
selbst zur ALICE-Modellbaumeister:in werden.
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/102880893
Bildtext: Der Lego-Workshop am Campus Riedberg der Goethe-Universität
Frankfurt. Fotos: Jürgen Lecher für Goethe-Universität
Weitere Informationen
Marcus
Mikorski
Koordinator
für den BMBF-Forschungsschwerpunkt ALICE
Goethe-Universität
Frankfurt
Tel:
069 798-47099
marcus.mikorski@cern.ch
50. Band der Reihe „Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters“ erschienen - Internationales Kolloquium im Forschungskolleg Humanwissenschaften
FRANKFURT. Das Mittelalter wird immer noch häufig als „finster“ bezeichnet. Doch wie verfehlt dieses Bild ist, zeigt auf eindrückliche Weise die im Verlag Herder erscheinende Reihe mit philosophischen Texten aus der Zeit zwischen dem 8. und 16. Jahrhundert, als überall in Europa Schulen und Universitäten entstanden und zum Ort des wissenschaftlichen Suchens und des rationalen Disputs wurden. Im 50. Band der Reihe „Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters“ legt der international bekannte Philosoph und Mediävist Ruedi Imbach (Universität Sorbonne/Universität Fribourg) eine Auswahl von Texten mit neuer Übersetzung aus dem Kommentar des Thomas von Aquin zur „Metaphysik des Aristoteles“ vor. Aus diesem Anlass haben die Herausgeberin und die Herausgeber der Reihe zu einem Internationalen Kolloquium eingeladen, das am heutigen Montag im Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität in Bad Homburg stattfindet.
Prof.
Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, dankte in seinem Grußwort
den Herausgeber*innen und Übersetzer*innen der Reihe: „Sie leisten mit ihren
Übersetzungen und Einführungen einen unverzichtbaren Beitrag zur Erschließung
der geistigen Grundlagen sowie der kulturellen Herkunft und Identität Europas.
Diese beruhen
auf einer Rezeption der Quellen der Antike rund um das Mittelmeer und ganz
wesentlich auf einer Mehrsprachigkeit Europas und einem Austausch zwischen den
Religionen, der Philosophie und den Wissenschaften.“
„Mit unserer ‚Bibliothek der Philosophie
des Mittelalters' führen wir in die breite Wissenschaftskultur einer Epoche
ein, die das Erbe der antiken Welt mit der Gegenwart verbindet. So wird
deutlich, dass in die Kultur Europas, wie Umberto Eco einmal sagte, im Gelingen
der ‚Übersetzung' wurzelt: in der Suche nach Verständigung zwischen den
unterschiedlichen Sprachen und Traditionen", betonte Prof. Matthias
Lutz-Bachmann, Mitherausgeber der Reihe, in seiner Begrüßung.
Seit 2005 werden in dieser Reihe jährlich drei bis vier Bände ediert, die jeweils neben dem Originaltext eine deutsche Übersetzung und eine umfassende Einführung enthalten. Es ist eine Besonderheit der Edition, nicht nur auf wissenschaftliche Texte in der im Mittelalter verbreiteten lateinischen Sprache zurückzugreifen, sondern ebenso philosophische Abhandlungen im arabischen, hebräischen, syrischen, judeo-arabischen oder altsyrischen Original vorzulegen.
Auf diese Weise leistet die Reihe mit ihren Übersetzungen und Einführungen
einen unverzichtbaren Beitrag zur Erschließung der geistigen Grundlagen sowie
der kulturellen Herkunft und Identität Europas. Diese beruhen auf einer
Rezeption der Quellen der Antike rund um das Mittelmeer und ganz wesentlich auf
einer Mehrsprachigkeit Europas und einem Austausch zwischen den Religionen, der
Philosophie und den Wissenschaften.
Ein
Interview mit Prof. Matthias Lutz-Bachmann über die Reihe ist im
aktuellen UniReport erschienen: https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/50-band-der-reihe-herders-bibliothek-der-philosophie-des-mittelalters-erschienen
Kontakt
Ursula
Krüger, M.A., Institut für Philosophie, Goethe-Universität Frankfurt,
krueger@em.uni-frankfurt.de