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Sep 4 2019
11:00

Georg-Uschmann-Preis für Wissenschaftsgeschichte geht an Frankfurter Wissenschaftlerin

Das Wetter vor 200 Jahren verstehen

FRANKFURT. Dr. Linda Richter, Historikerin an der Goethe-Universität, wird von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina geehrt. Für ihre herausragende Dissertation über die Geschichte der Meteorologie erhält sie den Georg-Uschmann-Preis für Wissenschaftsgeschichte.

„Semiotik, Physik, Organik. Formen des Wissens vom Wetter, 1750-1850“ – so lautet der Titel von Dr. Linda Richters (Jahrgang 1988) Doktorarbeit, für die sie am 20. September in Halle den Georg-Uschmann-Preis für Wissenschaftsgeschichte erhalten wird. In ihrer Arbeit geht sie der Vorgeschichte der modernen Meteorologie im deutschsprachigen Raum nach. Sie fragt, was Menschen über das Wetter dachten, bevor sich die Wetterkunde in der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Physik der Atmosphäre wandelte. Dazu untersucht sie drei unterschiedliche historische Ansätze, das Wetter zu ergründen: die Erforschung von Naturgesetzen, die Sammlung von Wetterzeichen sowie die ganzheitliche Betrachtung des Wetters als Teil eines natürlichen Organismus. Dass einige das Webverhalten von Spinnen dabei als aussagekräftig für bevorstehende Wetterwechsel hielten, wirkt in der heutigen Zeit befremdlich. Dass hingegen für andere das Wetter nicht für sich, sondern nur im Zusammenhang mit Menschen, Tieren, Pflanzen und Ozeanen gedacht werden konnte, ist eine Vorstellung, die in Zeiten des Klimawandels wieder hohe Aktualität gewonnen hat. Richter stützte sich in ihren Untersuchungen auf zahlreiche Veröffentlichungen aus der Zeit und bezog auch Archiv-Akten einer meteorologischen Beobachtungsreihe mit ein, die das Preußische Kultusministerium zwischen 1817 und 1820 unterhielt.

„Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung von Linda Richter. Die gezielte Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein wesentlicher Bestandteil der Strategie der Goethe-Universität zur Steigerung des Leistungsniveaus in der Forschung“, sagt Prof. Simone Fulda, als Vizepräsidentin zuständig für den Bereich Forschung und Akademische Infrastruktur. Gerade auch die Integration von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in die Verbundforschung bringe für die jungen Talente große Chancen mit sich: „Sie öffnet den wissenschaftlichen Horizont und bietet zahlreiche Möglichkeiten der Vernetzung“, so Fulda weiter.

Richter hat Nordamerikastudien und Geschichte an der Freien Universität Berlin und der Indiana University in Bloomington studiert. Sie war von 2015 bis 2019 Mitarbeiterin im Sonderforschungsbereich 1095 „Schwächediskurse und Ressourcenregime“ an der Goethe-Universität. Seit Juli 2019 arbeitet sie als wissenschaftliche Assistentin in der Arbeitsgruppe Wissenschaftsgeschichte des Historischen Seminars.

Mit dem Georg-Uschmann-Preis für Wissenschaftsgeschichte zeichnet die Leopoldina alle zwei Jahre eine hervorragende wissenschaftshistorische Dissertation aus. Gestiftet wurde der Preis im Jahr 1997 von Ilse und Eugen Seibold, er ist mit 2000 Euro dotiert und erinnert an Georg Uschmann (1913-1986), der Professor für Geschichte der Naturwissenschaften in Jena war und das Archiv der Leopoldina als Direktor leitete. Mit ihren 31 Jahren ist Linda Richter die bislang jüngste Trägerin des Uschmann-Preises.

Publikation: Linda Richter, Semiotik, Physik, Organik. Eine Geschichte des Wissens vom Wetter (1750-1850). Frankfurt am Main/New York: Campus 2019.