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Mai 15 2015
14:12

Lucy Liefmann: Stolperstein erinnert an die erste promovierte Frau im Fachbereich Jura in Frankfurt

Ein Leben für die Fürsorge

FRANKFURT. Sie war die erste Frau, die an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Frankfurter Universität – heute Fachbereich Rechtswissenschaft – promoviert wurde: Lucy Liefmann wird am kommenden Sonntag mit einem „Stolperstein“ gewürdigt. Um 12.30 Uhr findet vor dem Haus an der Melemstraße 8 im Nordend die Verlegung des Gedenksteins durch den Künstler Gunther Demnig statt; für den Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität spricht Studiendekan Professor Guido Pfeifer vom Institut für Rechtsgeschichte.

Lucy Liefmann wuchs in Frankfurt als Kind des britischen Staatsbürgers Leo Liefmann und seiner Frau Auguste auf. Sie absolvierte die Elisabethenschule und das angeschlossene Lehrerinnenseminar und arbeitete dann als Lehrerin. 1912 bestand sie als Externe die Abiturprüfung an der Musterschule und nahm ein Jurastudium in Heidelberg auf. 1914 wechselte sie an die frisch gegründete Frankfurter Universität. Als erste Frau der rechtswissenschaftlichen Fakultät wurde sie 1918 promoviert. Ihre Dissertation befasste sich mit dem Thema „Die Unterhaltspflicht des ausserehelichen Vaters nach kontinentalen Rechten“.

Ihr Berufsleben widmete Lucy Liefmann vor allem dem sozialen Bereich. 1920 wurde sie wissenschaftliche Assistentin im Wohlfahrtsamt, zuständig für das Fürsorgearchiv und die Redaktion der Frankfurter Wohlfahrtsblätter, die sie auch fortführte, als während der Inflation keine städtischen Gelder dafür flossen. Ihre Beiträge thematisierten fürsorgerechtliche Fragen aus den Bereichen Jugendbewegung, Schwerbeschädigte, Erziehung, Altenheime, Kinderschutz, Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten und Erzieherinnenausbildung. Sie widmete sich der Ausbildung der ehrenamtlichen Armen- und Waisenpfleger in Frankfurt und übernahm die Geschäftsführung des eigens hierfür gegründeten Verbandes. Als Jüdin und Sozialdemokratin wurde Lucy Liefmann 1933 entlassen, jahrelang kämpfte sie vergeblich um eine angemessene Rente. Ihre Eltern nahmen sich 1940 und 1941 das Leben. Nachdem sie monatelang an einer schweren Sturzverletzung laboriert hatte, starb auch Lucy Liefmann im Januar 1942 – vermutlich wie die Eltern von eigener Hand. Das Haus an der Melemstraße 8 war vermutlich ihr letzter frei gewählter Wohnort. Dort soll auf Initiative der Historiker Hanna und Dieter Eckhardt hin ein Stolperstein an Lucy Liefmann erinnern.

Die Aktion „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig läuft seit den 90er Jahren. Mit den im Boden verlegten quadratischen Gedenktafeln will Demnig  an das Schicksal der Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die mit einer Messingtafel ausgestatteten Steine werden nach Möglichkeit vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in den Straßenbelag eingelassen. Im Januar 2015 waren es bereits 50.000 Steine, die nicht nur in Deutschland, sondern auch in 18 weiteren europäischen Ländern verlegt worden waren. Damit sind die Stolpersteine das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Allerdings gibt es auch Kritiker: So wurden in München bislang keine Tafeln angebracht, weil Charlotte Knobloch und die Jüdische Gemeinde in München sich dagegen ausgesprochen haben mit der Begründung, dass die Namen der Opfer mit Füßen getreten würden.

Weitere Informationen finden sich in der virtuellen Literaturvitrine des Fachbereichs Rechtswissenschaft – unter anderem ein Zeitplan für die Stolpersteinverlegung, Lucy Liefmanns Dissertation in der Universitätsbibliothek Frankfurt, Unterlagen im Universitätsarchiv. Unter www.frankfurter-personenlexikon.de ist darüber hinaus seit kurzem ein biographischer Beitrag von Hanna Eckhardt über Lucy Liefmann eingetragen.

http://www.stolpersteine-frankfurt.de/aktuell.html

Weitere Informationen: Professor Dr. Guido Pfeifer, Telefon (069) 798-34327, pfeifer@jur.uni-frankfurt.de