​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​

Personalia/Preise

Dez 8 2014
14:38

Die Mäzenin Dagmar Westberg nimmt an ihrem 100. Geburtstag an einem Vortrag des deutsch-amerikanischen Archäologen Lothar von Falkenhausen teil – Die jährlich stattfindende Vorlesungsreihe hat sie gestiftet

»Ich bin so alt wie die Goethe-Universität. Das passt doch gut.“

FRANKFURT. „Ich bin so alt wie die Goethe-Universität. Das passt doch gut zusammen«, freut sich die Mäzenin Dagmar Westberg. Sie ließ es sich heute nicht nehmen, auch an ihrem 100. Geburtstag an einem Vortrag des deutsch-amerikanischen Archäologen Lothar von Falkenhausen teilzunehmen; die nach ihr benannte Vorlesungsreihe findet nun zum dritten Mal statt. Die enge Verbindung zwischen der alten Dame und der Universität besteht seit 2009; inzwischen unterstützt sie die Hochschule mit dem Dagmar Westberg-Universitätsfonds, mit einem nach ihr benannten Preis in der Anglistik, mit der jährlichen Dagmar Westberg-Vorlesung in den Geistes- und Humanwissenschaften und mit der fünfjährigen maßgeblichen Finanzierung des historischen Kollegs am Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg.

Der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Werner Müller-Esterl, gratulierte der Jubilarin und dankte ihr für das Engagement: „Wir freuen uns darüber, mit Frau Westberg eine Mäzenatin für unsere Geistes- und Sozialwissenschaften gefunden zu haben und danken Ihr herzlich für Ihr selbstloses Engagement. Förderinnen von Ihrer Art gibt es leider noch viel zu wenige in Deutschland. Wir hoffen daher, dass Sie uns noch lange die Treue hält.“ Der Vize-Präsident der Goethe-Universität, Prof. Matthias Lutz-Bachmann, erklärte. Frau Westberg sei eine „sympathische Kosmopolitin mit weitem Horizont“; und er schätze in Gesprächen mit ihr besonders „ihre scharfsinnigen Bemerkungen und lebendigen Rückfragen“. Die Universität sei dankbar, dass sie als großherzige Stifterin besonders „die Geisteswissenschaften unterstützt, die es in Bezug auf externe Förderung stets schwerer haben als andere Disziplinen“.

Der Dagmar Westberg-Preis wurde erstmals 2010 verliehen, er  honoriert jährlich herausragende geisteswissenschaftliche Abschlussarbeiten, die einen Bezug zu Großbritannien haben. Zusätzlich richtete sie den Dagmar Westberg-Universitätsfonds ein. Mit seiner Hilfe werden wissenschaftliche Studien zur britischen Literatur, Kultur und Geschichte an der Goethe-Universität vorangetrieben. Beides wird von der Deutsch-Britischen-Gesellschaft, deren Ehrenmitglied Dagmar Westberg ist, zusammen mit der Goethe-Universität verantwortet. Seit 2011 gibt es auch einen zusätzlichen Universitätsfonds der Stifterin, der eine Stiftungsgastprofessur ermöglicht. Jährlich wird ein hochkarätiger Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin auf den Campus Westend oder an das Bad Homburger Forschungskolleg Humanwissenschaften als Fellow eingeladen, um Vorträge zu halten und an Kolloquien und Diskussionen teilzunehmen. 2013 kam Martha Nussbaum, Professorin für Recht und Ethik an der University of Chicago, nach Frankfurt; sie gilt als eine der profiliertesten Philosophinnen der Gegenwart. In diesem Jahr nimmt Lothar von Falkenhausen diese Gastprofessur wahr: sein Thema in den drei Vorlesungen „Chinas wirtschaftliche Hochblüte im ersten Jahrtausend vor Christus im Spiegel der archäologischen Entdeckungen“.

Als Dagmar Westberg am 8. Dezember 1914 als Jüngste von sechs Geschwistern in Hamburg zur Welt kam, hatte niemand mit ihr gerechnet. Dazu berichtet die 100-Jährige in einem Porträt in der Dezember-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“: „Nachdem mein Bruder Olaf geboren war, sagte die Hebamme: ‚Da kommt noch eins‘ – und das war ich.“ Ihr Vater, ein Anwalt aus einer baltisch-hamburgischen Unternehmerfamilie, ermunterte sie als 20-Jährige, ein privates College in England zu besuchen. Eigentlich hatte sie an der Lyton School nahe London eine Stelle als Lehrerin in Aussicht, doch aufgrund der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde ihr Visum nicht verlängert.

Zurück in Deutschland wurde ihr erstmalig bewusst, dass ihre Mutter aus einer jüdischen Familie kam und dass sie als Tochter deshalb nach den Nürnberger Rassengesetzen als „Halbjüdin“ galt – mit allen einhergehenden Diskriminierungen. Dagmar Westberg arbeitete unter anderem bis 1941 beim amerikanischen Generalkonsulat in Hamburg, was es ihr erleichterte, 1943 eine Anstellung in der Schutzmachtabteilung der Schweizer Botschaft in Berlin zu bekommen, die zum Ende des Krieges an die Schweizer Grenze verlegt wurde. So genoss sie auch einen gewissen Schutz vor Verfolgung.

Ende 1945 kam sie nach Bad Homburg und meldete sich wieder bei den Amerikanern. Im Januar 1946 nahm sie erneut eine Tätigkeit im amerikanischen Generalkonsulat in Frankfurt auf. Die Main-Metropole wurde für die Hanseatin zur zweiten Heimat. Hier konnte sie ihr selbstbestimmtes Leben fortsetzen. Auch finanziell war Dagmar Westberg durch das Vermögen ihrer Familie unabhängig. Der von ihr noch heute sehr verehrte Großonkel Oscar Troplowitz entwickelte die kleine Pharmafirma, die er von dem Apotheker Carl Paul Beiersdorf aus Altona gekauft hatte, zum weitverzweigten Unternehmen Beiersdorf, das unter anderem Nivea Creme, Hansaplast und Tesafilm auf den Markt gebracht hat. Von ihrem Großonkel hat Dagmar Westberg auch die Tradition und Verpflichtung übernommen, sich philantrophisch für das Gemeinwohl einzusetzen. In Frankfurt betrifft das insbesondere von Bürgern gegründete Institutionen im kulturellen, sozialen und Bildungsbereich.

Bild von Dagmar Westberg zum Download: hier.

Informationen: Vizepräsident Prof. Dr. Matthias Lutz-Bachmann, Campus Westend, Tel. (069) 798- 12343, Lutz-Bachmann@em.uni-frankfurt.de