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Dez 5 2014
14:07

Bei der Festveranstaltung spricht die Berliner Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Sigrid Weigel

25 Jahre Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität

FRANKFURT. Die renommierte Berliner Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Sigrid Weigel hält am Dienstag (9. Dezember) die diesjährige Martin-Buber-Vorlesung zur jüdischen Geistesgeschichte und Philosophie. Der öffentliche Vortrag zum Thema „In der Maske des Paulus – Jacob Taubes liest Walter Benjamin“ findet in einem besonders feierlichen Rahmen statt. Anlass ist das 25. Jubiläum der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr im Raum 1.801, Casino, Campus Westend. Ein Grußwort spricht die Pröpstin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Gabriele Scherle.

Die EKHN stiftete 1989 die Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie am Fachbereich Evangelische Theologie. Die Professur führte zahlreiche namhafte Gastwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen nach Frankfurt. Seit 2010 hat Prof. Dr. Christian Wiese die Professur nun dauerhaft inne und damit ist sie zum festen Bestandteil der interdisziplinären Erforschung jüdischer Religion, Geschichte und Kultur an der Goethe-Universität geworden. Die Professur erinnert an das Wirken des berühmten Religionsphilosophen Martin Buber (1878–1965) in Frankfurt, der zunächst am Freien Jüdischen Lehrhaus, seit 1924 dann als Lehrbeauftragter und zwischen 1930 und 1933 als Honorarprofessor für Jüdische Religionslehre und Ethik an der Universität Frankfurt bedeutende geistige Impulse setzte.

Bei der jährlichen Martin-Buber-Vorlesung präsentieren herausragende internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neueste Forschungsergebnisse zur jüdischen Geistes- und Kulturgeschichte, zur jüdischen Religionsphilosophie sowie zu den Beziehungen des Judentums zu Christentum und Islam. Am Dienstag wird sich Sigrid Weigel, Direktorin des Zentrums für Literatur- und Kulturwissenschaften Berlin, Vorsitzende der Geisteswissenschaftlichen Zentren Berlin, damit auseinandersetzen, wie der Religionssoziologe, Philosoph und Judaist Jacob Taubes (1923-1987) Zitate aus Walter Benjamins (1892-1940) Schriften in seinen intellektuellen Kosmos aufgenommen hat.

Wie eine heiße Spur ziehen sich solche Zitate ab Anfang der 1960er Jahre durch die Vorträge, Briefe, Seminare und Veröffentlichungen von Jacob Taubes. Doch welcher Benjamin ist es, dessen Sätze seit dieser Zeit wie Funken in Taubes’ intellektuellem Kosmos auftauchen?, fragt Weigel. Der Vortrag verfolgt zwei Hauptlinien von Jacob Taubes’ Benjamin-Lektüre. In der ersten Linie, die entlang der „Noten zum Surrealismus“ (1963), des Aufsatzes „Kultur und Ideologie“ (1969), der Aufzeichnungen zum Seminar über die Thesen zum „Begriff der Geschichte“ aus dem Wintersemester 1984/85 bis zum Aufsatz „Walter Benjamin - ein moderner Marcionit?“ (1986) verläuft, tritt Benjamin als Gewährsmann einer geschichtsphilosophischen Betrachtung von Fragen auf den Plan, die ansonsten meist als ästhetische firmieren. Danach macht Taubes’ Benjamin mehrere Metamorphosen durch, tritt einmal in der Maske des „modernsten theologischen Marxismus“ auf, dann als Theoretiker des Messianismus, als Autor politischer Theologie und schließlich als Marcionit der Moderne, der – wie der Marcionismus des zweiten Jahrhunderts – den göttlichen Charakter der hebräischen Bibel bestreitet.

Die zweite Linie, die die Berliner Wissenschaftlerin in ihrem Vortrag verfolgt, setzt knapp ein Jahrzehnt später ein und verläuft entlang einer Engführung mit dem politischen Philosophen und Staatsrechtler Carl Schmitt (1888-1985), in der die beiden Autoren wie die Pole einer gleichsam elektrisch geladenen Denkspur erscheinen. Sie mündet in Taubes’ Paulus-Vorlesungen aus dem Jahr 1987, in denen Benjamin als Exeget des Römerbriefs auftritt. Die letzte Maske, die ihm Taubes aufgesetzt hat, ist demnach die des Apostels Paulus.

Prof. Dr. Sigrid Weigel ist u.a. die Autorin von „Walter Benjamin. Die Kreatur, das Heilige, die Bilder“, Frankfurt 2008, sowie die Herausgeberin der Schriften von Susan Taubes (1928-1969) – die US-amerikanische Religionswissenschaftlerin, Kulturwissenschaftlerin und Schriftstellerin war die erste Ehefrau von Jacob Taubes.

Der Vortrag ist frei und öffentlich – eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Informationen: Prof. Dr. Christian Wiese, Martin Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie, Fachbereich Evangelische Theologie, Campus Westend, Tel: (069)-798-33313, C.Wiese@em.uni-frankfurt.de

http://www.evtheol.uni-frankfurt.de/buber/Veranstaltungen/index.html