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Forschung

Mär 31 2016
17:03

Forscher entwickeln Organoide aus Insulinzellen für die Transplantation

EU-Projekt zielt auf Heilung von Typ-1-Diabetes

FRANKFURT. Die Zahl der Kinder mit Typ-1-Diabetes steigt in Europa und den USA jährlich um vier Prozent an. Um den Betroffenen eine lebenslange Therapie mit Insulin zu ersparen, hat sich jetzt eine europäische Forschergruppe unter Federführung der Goethe-Universität zusammengeschlossen. Im Labor wollen sie dreidimensionale Zellverbände von Insulinzellen (Organoide) entwickeln und mit Partnern aus der pharmazeutischen Industrie ein Produktionsverfahren für deren massenhafte Herstellung etablieren. Die Europäische Union fördert das Projekt in den nächsten vier Jahren mit mehr als fünf Millionen Euro. Danach sind erste klinische Studien zur Transplantation von Organoiden geplant.

Patienten mit Typ-1-Diabetes können aufgrund eines genetischen Defekts oder einer Autoimmunerkrankung kein Insulin bilden. Durch die Transplantation einer intakten Bauchspeicheldrüse könnte man sie heilen, aber die Zahl der Spender-Organe ist bei weitem nicht ausreichend. Deshalb hatten Forscher die Idee, intakte Insulinzellen aus Spender-Organen im Labor in Form von Organoiden zu vermehren und sie anschließend in die Bauchspeicheldrüse von Diabetes-Patienten zu transplantieren. „Bei Mäusen hat die Methode schon funktioniert“, erklärt Dr. Francesco Pampaloni, der das Projekt zusammen mit Prof. Ernst Stelzer am Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften der Goethe-Universität koordiniert.

Wie man Organoide herstellt, haben Forscher erst vor Kurzem entdeckt. Ausgangspunkt sind adulte Stammzellen, aus denen im Körper Zellen für die Wundheilung oder die Regeneration von Gewebe entstehen. Diese Zellen kann man im Labor durch Zellteilung vermehren und dann zum gewünschten Zelltyp ausdifferenzieren lassen. Die Kunst besteht nun darin, sie in ein Gerüst einzubetten, so dass sie zu dreidimensionalen Gebilden heranwachsen. Die Organoide sind zumeist kugelförmig, innen hohl und haben einen Durchmesser von rund 20 Mikrometern – etwa halb so viel wie der Durchmesser eines Haars – bis zu hunderten Mikrometern. „Wäre das Gebilde kompakt, bestünde die Gefahr, dass die Zellen im Inneren nach der Transplantation absterben, weil sie vom Zellgewebe des aufnehmenden Organs nicht versorgt werden“, erklärt Pampaloni.

Die Aufgabe der Frankfurter Gruppe um Stelzer und Pampaloni besteht darin, das Wachstum und die Differenzierung der filigranen Organoide im Mikroskop zu kontrollieren. Dazu verwendet sie ein von Stelzer entwickeltes lichtmikroskopisches Verfahren, mit dem man das Wachstum biologischer Objekte in drei Dimensionen Zelle für Zelle verfolgen kann. Weil die Lichtscheiben-basierte Fluoreszenzmikroskopie (LSFM) eine zentrale Rolle in dem Projekt spielt, trägt es den Namen LSFM4Life.

Weiterhin ist die Frankfurter Gruppe dafür verantwortlich, Protokolle für die Qualitätssicherung zu etablieren, denn das Projekt ist durch die Kooperation mit Industriepartnern in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz von vornherein darauf ausgerichtet, Organoide in großem Maßstab nach den Regeln der  guten Herstellungspraxis für Arzneimittel zu produzieren. Zwei Forschergruppen in Cambridge sind darauf spezialisiert, Insulinzellen aus Spender-Organen zu isolieren und Organoide herzustellen, während eine Gruppe von Klinikern in Mailand Methoden zur Transplantation der Organoide entwickelt.

Wie bei jeder Organtransplantation wird man auch bei den Organoiden darauf achten müssen, Abstoßungsreaktionen durch das Immunsystem dem Empfängers zu vermeiden. Doch im Laufe der Zeit planen die Forscher, Zell-Banken aufzubauen, aus denen für jeden Empfänger immunologisch passende Zelltypen ausgewählt werden können.

Ein Video von Organoide der Bauchspeicheldrüse finden Sie unter folgendem Link:  https://youtu.be/L3xjCEBHYZg

Beschreibung: Bauchspeicheldrüsen-Organoid einer Maus, abgebildet mit Hilfe der Lichtscheiben-basierten Fluoreszenzmikroskopie (LSFM). Links: Aktin-Zytoskelett (Färbung von Phalloidin-Alexa488). Rechts: Zellkern (Färbung von Draq5). Objektivlinsen: Carl Zeiss Epiplan Neofluar 2.5x, NA 0.05, Carl Zeiss W N-Achroplan 10x, NA 0.3. Abbildung und Visualisierung: Francesco Pampaloni, Goethe University Frankfurt, BMLS.


Informationen:
Dr. Francesco Pampaloni, Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften, Campus Riedberg, Tel,: (069) 798 42544, francesco.pampaloni@physikalischebiologie.de