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Okt 24 2012
15:06

Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts Anne Bohnenkamp-Renken jetzt auch ordentliche Professorin an der Universität

Goethe verbindet: Hochstift und Universität wollen stärker kooperieren

FRANKFURT. Das Freie Deutsche Hochstift und die Goethe-Universität rücken in der Geburtsstadt des großen Dichters näher zusammen. Heute wurde gefeiert, was schon seit einiger Zeit erfolgreich praktiziert wird: die Kooperation der beiden Institutionen, die mit der Berufung der Direktorin des Hochstifts, Prof. Anne Bohnenkamp-Renken, an den Fachbereich Neuere Philologien, Institut für Deutsche Literatur und ihre Didaktik, weiter intensiviert werden soll. Die 51-jährige Germanistin, die seit 2003 mit dem Hochstift eines der ältesten Kultur- und Forschungsinstitute in Deutschland leitet, ist eine international renommierte Goethe-Forscherin und schon seit 2004 Honorarprofessorin an der Goethe-Universität.

Bohnenkamp-Renken zu den neuen Chancen dieser Zusammenarbeit, der auch ein Vertrag der beiden Institutionen zugrunde liegt: „Es gibt eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten, die wir nun konsequenter verfolgen können: ob in der Forschung, wenn es um die Erschließung unserer Sammlungen, um die im Hause entstehenden Editionen oder generell um die Medialität von Literatur geht, oder in der Lehre: Studierende können zukünftig im Hochstift auch an Originalen in einer der bedeutendsten Handschriftensammlungen arbeiten, die wissenschaftliche Bibliothek mit mehr als 130.000 Büchern nutzen oder erste Erfahrungen in den Bereichen Edition, Archiv und Ausstellung sammeln.“ Seit ihrem Studium in Göttingen beschäftigt sie sich intensiv mit dem in Frankfurt geborenen Universalgelehrten, und sie ist sicher: „Goethe ist so vielseitig, dass er nie langweilig wird. Nicht nur literarische Themen lassen sich mit ihm erschließen. Bildende Kunst, Geschichte, Naturwissenschaften und mehr: Dass Goethe sich sogar mit Fragen der Ökonomie befasst hat, lässt sich zurzeit in unserer aktuellen Ausstellung ‚Goethe und das Geld‘ studieren.“ Die Wissenschaftlerin hat gleich nach ihrem Studium der Germanistik, Philosophie und Publizistik in Göttingen mit ihren intensiven Goethe-Studien begonnen: Als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Albrecht Schöne war sie an der Herausgabe von Goethes „Faust“ im Deutschen Klassiker Verlag beteiligt; eine Studienausgabe, die in der Fachwelt Maßstäbe gesetzt hat. Es folgte eine intensive Lehr- und Forschungszeit am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität München von 1989 bis 2003, wo sie an der von Hendrik Birus herausgegebenen Ausgabe von Goethes „West-östlichen Divan“ mitarbeitete und die späten ästhetischen Schriften Goethes herausgab (beides Deutscher Klassiker Verlag). Im Mittelpunkt steht hier Goethes Konzept einer „Weltliteratur“‘, die er auch als „geistigen Handelsverkehr“ bezeichnet. Gemeint ist der internationale und interkulturelle Austausch, bei dem nicht zuletzt die Übersetzer und das Übersetzen eine wichtige Rolle spielen, die auch der Komparatistin Bohnenkamp-Renken sehr am Herzen liegen.

Zurzeit erarbeitet sie mit ihrem Team eine neue historisch-kritische Hybrid-Edition von Goethes „Faust“, die es erstmals erlauben wird, die rund 60 Jahre umfassende Entstehung von Goethes Drama anhand der überlieferten Arbeitshandschriften nach zu verfolgen. Während dieses DFG-Projekt in Kooperation mit dem Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar und der Computerphilologie der Universität Würzburg läuft, ist Bohnenkamp-Renken auch an dem Frankfurter LOEWE-Schwerpunkt „Digital Humanities“ beteiligt, in dem ausgelotet wird, welche Möglichkeiten sich für die Textwissenschaften aus dem aktuellen Medienwandel ergeben. Zu den konkreten Projekten gehören die Erstellung einer Datenbank mit den im Hochstift gesammelten Illustrationen zu „Faust“, die in Ergänzung der digitalen historisch-kritischen Ausgabe die Möglichkeit bieten wird, Faust-Darstellungen aus unterschiedlichsten Epochen mit der jeweiligen Textstelle im Drama zu verknüpfen.

Außerdem verantwortet Bohnenkamp-Renken Ausstellungen rund um Goethe und die Romantik; dazu gehört auch die zurzeit in Kooperation mit Wirtschaftshistorikern der Goethe-Universität entwickelte Ausstellung „Goethe und das Geld“ im Frankfurter Goethe-Haus. In den Kellermagazinen des Hochstifts am Großen Hirschgraben, direkt neben dem Haus, wo Goethe aufgewachsen ist, werden nicht nur Handschriften Goethes aufbewahrt – dort liegt eine der vielseitigsten Sammlungen zur Literatur der deutschen Romantik mit Nachlässen und Teilnachlässen von Clemens und Bettine Brentano, Achim von Arnim, Friedrich von Hardenberg (Novalis), Joseph von Eichendorff u.a. Zudem befindet sich der Nachlass Hugo von Hofmannsthals zu großen Teilen in diesen Magazinen. Die Erforschung dieser Schätze zieht Wissenschaftler aus aller Welt nach Frankfurt und wird auch Nachwuchsforscher und Studierenden der Goethe-Universität noch intensiver beschäftigen.

Von diesem Wintersemester an wird Bohnenkamp-Renken ihre Kompetenz auch in Gremien ihres Fachbereichs Neuere Philologien einbringen. Dekanin Prof. Susanne Opfermann und Vizepräsident Prof. Lutz-Bachmann zeigen sich hoch erfreut von der Berufung einer „weithin anerkannten Goethe-Forscherin“, die auch in einschlägigen wissenschaftlichen Gesellschaften – wie der Goethe-Gesellschaft Weimar, der Klassik Stiftung Weimar und dem Dachverband der literarischen Gesellschaften in Deutschland – hervorragend vernetzt ist. Lutz-Bachmann betont: „Wir sind stolz, dass wir Frau Bohnenkamp-Renken nun als eine Kollegin bei uns an der Universität begrüßen dürfen und bereits erste gemeinschaftliche Forschungsprojekte von Hochstift und Goethe-Universität bewilligt wurden.“ Auch der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses des Hochstifts, Carl von Boehm-Bezing, begrüßt die Berufung als einen strategischen Schritt zur Stärkung beider Partnerinstitutionen: „Dies unterstreicht die zentrale Rolle, die im Spektrum der Aufgaben des Hochstifts den Bereichen Forschung und Lehre zukommt. Wir freuen uns über den zukunftsweisenden Schritt, der die traditionsreiche Verbindung zwischen unseren Institutionen stärkt und beste Voraussetzungen schafft für die Fortführung und den Ausbau der guten Zusammenarbeit.“ Vor Bohnenkamp-Renken waren bereits 2008 der stellvertretende Direktor des Städel, Jochen Sander, und der Direktor des Frankfurters Zoos, Manfred Niekisch, zu Kooperationsprofessoren der Goethe-Universität ernannt worden. Diese Professuren sind ein Ausdruck der erweiterten Autonomie der Stiftungsuniversität. Grundlage für die ungewöhnliche Art der Kooperation ist die seit 1. Januar 2008 gültige Berufungssatzung der Goethe-Universität. Danach ist eine „kooptative Berufung“ einer Persönlichkeit (also ohne Ausschreibungsverfahren) möglich, wenn diese/r Wissenschaftler/in bereits in leitender Position an einer anderen Hochschule, einer außeruniversitären Forschungseinrichtung oder einer vergleichbaren Institution tätig ist.