Mai 15 2009

Der Namensgeber: Ein bedeutender Franzose und „Citoyen“

Alfred Grosser-Gastprofessur für Bürgergesellschaftsforschung an der Goethe-Universität

FRANKFURT. Die neue Gastprofessur für Bürgergesellschaftsforschung an der Goethe-Universität trägt den Namen eines berühmten Sohnes der Stadt Frankfurt: Alfred Grosser, der am 1. Februar 1925 am Main geboren wurde und 1933 mit seiner Familie jüdischer Herkunft nach Frankreich emigrieren musste, ist der deutsch-französischen Verständigung seit Jahrzehnten zutiefst verbunden. Gestiftet hat die Alfred Grosser-Gastprofessur die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main, der Vorschlag zur Einrichtung kam von der Deutsch-Französischen Gesellschaft Frankfurt, der Fachbereich Gesellschaftswissenschaften übernimmt nun die Programmverantwortung. Prof. Grosser hat erfreut auf die Anfrage der drei Initiatoren reagiert, die neue Gastprofessur nach ihm zu benennen. Und nicht nur dies: Der Politologe und Publizist Grosser wird – so gibt er am Rande der Inaugurationsfeier am 14. Mai auf dem Campus Westend bekannt – die Vorlesungsreihe im kommenden Wintersemester mit vier Vorlesungen über Bürgergesellschaft und Demokratie eröffnen.

Die drei Partner haben das Profil der Professur gemeinsam entwickelt. Mit der Bürgergesellschaft beschäftigen sich die Gesellschaftswissenschaftler der Goethe-Universität ebenso intensiv wie die Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Auch die internationale Ausrichtung – unter besonderer Berücksichtigung Frankreichs – verbindet die drei Partner. „Eine hervorragende Synthese, die das Ergebnis einer bürgerschaftlichen Initiative ist, welche einen großen ‚Citoyen‘ als Namens- und Themenpatron hat gewinnen können, einen bedeutenden Franzosen mit Frankfurter Wurzeln“, kommentiert der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, Dr. Roland Kaehlbrandt. Die Deutsch-Französische Gesellschaft hat mit der Alfred Grosser-Gastprofessur die zweite Gastprofessur an der Goethe-Universität auf den Weg gebracht; sie hatte sich auch für die Einrichtung der Raymond Barre-Gastprofessur in den Wirtschaftswissenschaften stark gemacht. Und darüber hinaus hat Christophe Braouet, Präsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft Frankfurt, noch einen ganz persönlichen Bezug zu dem renommierten Politologen: „Ich habe zu Beginn der achtziger Jahre bei Alfred Grosser am Institut d’Etudes Politiques von Paris studiert und freue mich, dass wir den Kontakt bis heute aufrecht erhalten haben.“

Alfred Grosser gilt als geistiger Wegbereiter der Annäherung, der die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg wie kein anderer befördert hat. Und dabei hat er nie versäumt, unbequeme Wahrheiten über Entwicklungen in den Gesellschaften beider Nationen anzusprechen. „Sein Name, sein publizistisches Werk und seine umfänglichen historischen und zeitgeschichtlichen Forschungen stellen eine hohe Verpflichtung für alle Wissenschaftler dar, die auf diese Gastprofessur berufen werden“, unterstreicht Prof. Werner Müller-Esterl, Präsident der Goethe-Universität. Mit der Gastprofessur stärkt der Fachbereich Gesellschaftswissenschaften seine international vergleichende Forschung zur Zivil- und Bürgergesellschaft. Dabei werden Chancen und Potenziale des bürgerlichen Engagements ebenso beleuchtet, wie Defizite und Probleme der Selbstorganisation von Bürgern. Dazu Prof. Uta Ruppert, Leiterin des Programms und Mitinitiatorin der Gastprofessur: „Der Name Alfred Grosser steht gleichsam programmatisch für ein Verständnis von Zivil- und Bürgergesellschaft als Sphäre jenseits des Staates, in der im demokratischen Sinne die Entfaltung guter gesellschaftlicher Ordnung vorangebracht wird.“

Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main finanziert die Gastprofessur zunächst für vier Jahre. In jedem Jahr soll ein Wissenschaftler für einige Wochen an der Goethe-Universität öffentliche Vorlesungen halten und in Seminaren mit Studierenden und Wissenschaftlern debattieren. Das Thema Bürgergesellschaftsforschung liegt der Stiftung besonders nahe, weil sie in der aktiven Bürgergesellschaft gerade in Frankfurt ein Traditionsmodell mit Zukunft sieht. Schließlich rundet die Alfred Grosser-Gastprofessur die Ehrenamtsstipendien ab, die die Stiftung in Frankfurt aufgebaut hat: die StadtteilBotschafter, die StadtteilHistoriker und die Bürgerakademie. Für Kaehlbrandt steht die Persönlichkeit Alfred Grosser für einen langjährigen Einsatz zu Gunsten des „Citoyen“, des aktiven und mündigen Bürgers, der sich in die offene Gesellschaft einbringt und daran mitwirkt.

Die Inaugurationsfeier der Alfred Grosser-Gastprofessur findet am 14. Mai um 19 Uhr im Festsaal des Casinos der Universität statt. Höhepunkt des Programms ist der Festvortrag von Professor Grosser zum Thema „Bürgerengagement als Stütze und Kritik demokratischer Institutionen“. Es sprechen außerdem der Präsident der Universität, Prof. Dr. Werner Müller-Esterl; die Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main, Dr. h.c. Petra Roth; der Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Gerd Krämer, und der Botschafter der Republik Frankreich, Bernard de Montferrand, sowie die drei Initiatoren des Programmes.

Informationen Prof. Uta Ruppert, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Campus Bockenheim, Tel. 069-798 22061, ruppert@soz.uni-frankfurt.de