Mai 26 2009

Einer der wichtigsten Autoren der 68er Generation übernimmt Frankfurter Stiftungsgastdozentur Poetik

Uwe Timm: „Von Anfang und Ende“

FRANKFURT. Mit Uwe Timm wird ein ebenso renommierter wie erfolgreicher Schriftsteller die Frankfurter Stiftungsgastdozentur Poetik des Sommersemesters 2009 übernehmen, die seit 1963 vom Suhrkamp Verlag und den Freunden der Goethe-Universität finanziell getragen wird. Damit wird die im Herbst 1959 von Ingeborg Bachmann begonnene Tradition der Frankfurter Poetikvorlesungen auch im 50. Jahr ihres Bestehens eine würdige Fortsetzung finden. Der 1940 in Hamburg geborene Autor gilt gerade aufgrund seiner frühen und intensiven literarischen Beschäftigung mit der politischen Zeiterfahrung der Studentenbewegung von 1968 („Heißer Sommer“) als einer der wichtigsten Erzähler seiner Generation. Seinen fünfteiligen Vorlesungszyklus hat er dem vieldeutigen Oberthema „Von Anfang und Ende“ unterstellt.

Vom 9. Juni bis zum 7. Juli lädt die Stiftungsgastdozentur Poetik nicht nur Studierende und Lehrende, sondern auch literarisch interessierte Bürger aus Frankfurt und Umgebung ein, daran teilzuhaben, wie sich Timm anhand seines eigenen poetischen Schaffens mit elementaren Fragen und Bedingungen zeitgenössischen dichterischen Schreibens auseinandersetzen wird. Die fünf Einzelveranstaltungen finden jeweils am Dienstagabend um 18 Uhr (c.t.) im Hörsaal VI des Frankfurter Uni-Campus Bockenheim (Mertonstraße 17-21) statt. Der Eintritt ist frei. Darüber hinaus wird Uwe Timm am 8. Juli 2009 um 20 Uhr im Frankfurter Literaturhaus aus seinem Roman „Halbschatten“ lesen.

Die Frankfurter Poetikvorlesungen wurden 1959 vom S. Fischer Verlag in Form einer Stiftungsgastdozentur eingerichtet und ab 1963 vom Suhrkamp Verlag und den Freunden der Universität weiter geführt. Inzwischen kann auf eine lange und reiche Geschichte zurückgeblickt werden, mit der sich von Ingeborg Bachmann bis Günter Grass und von Sarah Kirsch bis Tankred Dorst die namhaftesten und bedeutendsten Vertreter deutscher Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur verbinden lassen. Die Veranstaltung findet jedes Semester als mehrteilige Vorlesungsreihe statt und versteht sich als ein öffentlicher Beitrag zum literarischen Leben der Stadt Frankfurt.

Zur Vita von Uwe Timm: Als Dreijähriger wurde er 1943 mit seiner Mutter aus der Hansestadt nach Coburg evakuiert und kehrte erst 1945 wieder nach Hamburg zurück, wo er nach der Volksschule eine Kürschnerlehre machte. Gemeinsam mit Benno Ohnesorg besuchte er das Braunschweig Kolleg und bestand 1963 auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur. Während seines Studiums der Philosophie und Germanistik in München und Paris erlebte Timm den Umbruch Ende der 1960er Jahre als Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS) aktiv mit. 1971 wurde er mit einer Dissertation über das Problem der Absurdität Albert Camus zum Dr. phil. promoviert und ließ sich kurz darauf als freier Schriftsteller nieder.

Timm veröffentlichte in der Folge ein vielseitiges Werk mit Romanen, Erzählungen, Essays, preisgekrönten Kinder- und Jugendbüchern und Lyrik, das mit den Erfahrungen aus der 68er-Bewegung und dem Verlust einer gesellschaftlichen Utopie verbunden blieb. Timm gilt nicht nur wegen seines populären Kinderbuchs „Rennschwein Rudi Rüssel“, sondern auch wegen seiner Romane zu den Themen Kolonialherrschaft („Morenga“), Nationalsozialismus („Am Beispiel meines Bruders“) und Wiederaufbau („Entdeckung der Currywurst“) sowie drei Romanen zur Studentenbewegung („Heißer Sommer“, „Kerbels Flucht“, „Rot“) als einer der wichtigsten, vielseitigsten und bekanntesten Vertreter deutscher Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur.

Weithin Beachtung fand Uwe Timm auch als Verfasser von Drehbüchern für Kino und Fernsehen („Bubi Scholz Story“). Zu Beginn der 70er Jahre zählte der Autor zu den Mitbegründern der „Wortgruppe München“ und wurde Mitherausgeber der AutorenEdition und der Zeitschrift „Literarische Hefte“. Für sein literarisches Werk erhielt Timm eine Vielzahl bedeutender Preise und Auszeichnungen, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis (1990), den Literaturpreis der Stadt München (2002) und die italienischen Literaturpreise Premio Napoli und Premio Mondello der Städte Neapel und Palermo für seinen 2005 ins Italienische übersetzten Roman „Rot“.

Informationen Prof. Dr. Ulrich Wyss und Christian Buhr (M.A.), Stiftungsgastdozentur Poetik, Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik, Campus Westend, Tel.: (069) 798-32687; buhr@lingua.uni-frankfurt.de