Mär 24 2009

Gebärdensprache und ihre nicht-manuellen Komponenten – Internationale Tagung auf dem Campus Westend

Was sagen Gehörlosen hochgezogene Augenbrauen?

FRANKFURT. Gebärdensprachen werden in Frankfurt am Institut für Kognitive Linguistik seit circa 20 Jahren intensiv erforscht. Diese visuellen und natürlichen Sprachen haben eine eigene komplexe Grammatik und sind den Lautsprachen in jeder Hinsicht gleichgestellt. 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt treffen sich am 4. und 5. April im Campus Westend zu einem internationalen Workshop zum Thema „Nonmanuals in Sign Languages“. Organisiert wird diese Tagung vom Institut für Kognitive Linguistik der Goethe-Universität zusammen mit dem Deutschen Institut der Mainzer Gutenberg-Universität.

Die Deutsche Gebärdensprache ist die Muttersprache vieler gehörloser und schwerhöriger Menschen in Deutschland. Jedes Land hat eine eigene nationale Gebärdensprache und innerhalb eines Landes gibt es sowohl Dialekte als auch altersspezifische Gebärden. Gebärdensprachen werden mit Händen (manuell), Oberkörper, Kopf und Gesicht (nicht-manuell) ausgedrückt. Sogenannte nicht-manuelle Komponenten werden in Gebärdensprachen zur Markierung bestimmter grammatischer Merkmale verwendet. Beispielsweise müssen bei einer Frage, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann, die Augenbrauen immer hochgezogen werden und der Kopf leicht vorgeneigt sein. Ohne diese nicht-manuellen Markierungen würde man einen Aussagesatz „gebärden“, und die Frage könnte nicht als Frage verstanden werden. Will man eine Frage mit Wer, Wo, Was etc. stellen, müssen die Augenbrauen heruntergezogen werden.

Bei diesen nicht-manuellen Komponenten handelt es sich also um grammatische Markierungen, die so nicht in Lautsprachen zu finden sind. Aus diesem Grund ist eine genaue Beschreibung und Erklärung der Formen und Funktionen dieser besonderen modalitätsspezifischen Komponenten in Gebärdensprachen entscheidend für ein besseres Verständnis der Struktur natürlicher menschlicher Sprachen. Da dieses Thema in der internationalen Gebärdensprachlinguistik zur Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven sehr intensiv diskutiert wird, bietet der Workshop die Gelegenheit, die aktuellen Forschungsergebnisse zusammenzutragen und kritisch zu diskutieren. Alle Vorträge werden in Deutsche Gebärdensprache und auch in American Sign Language gedolmetscht.

An diesem Workshop werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland teilnehmen und dadurch das Renommee der Goethe-Universität und der Gutenberg-Universität in der Gebärdensprachforschung weiter festigen. Der Workshop soll auch dazu beitragen, die gute Kooperation der Goethe-Universität Frankfurt mit der Gutenberg-Universität Mainz auf diesem Gebiet weiter zu intensivieren und neue Netzwerke mit den Universitäten Köln und Hamburg aufzubauen, um langfristig ein DFG-Netzwerk und eine Forschergruppe zur Deutschen Gebärdensprache (DGS) zu etablieren. Die Ergebnisse des Workshops werden in einem anonym begutachteten Sammelband publiziert.

Informationen: Annika Herrmann, Prof. Dr. Helen Leuninger, , Graduiertenkolleg „Satzarten: Variation und Interpretation“, Institut für Kognitive Linguistik, Telefon (069)798 28102, herrmann@lingua.uni-frankfurt.de, Programm im Internet unter www.germanistik.uni-mainz.de/linguistik/nisl