Okt 14 2009

Die Frankfurter Bürger-Universität im Oktober

Goethe, Schiller und der Papst

FRANKFURT. Die Goethe-Universität setzt im Wintersemester die erfolgreiche Frankfurter Bürger-Universität mit insgesamt 83 Veranstaltungen fort. Dabei bilden zwei eigens konzipierte Ringvorlesungen das ‚Herz‘ der populärwissenschaftlich orientierten Veranstaltungsreihe: zum einen die soziologische Serie ‚Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien‘, zum anderen die literatur- und kulturwissenschaftliche Reihe ‚Jahrestage - von der Varusschlacht bis zu Agenda 2010‘. Beide Reihen starten im Oktober mit folgenden Themen:

Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien

19. Oktober 2009
Prof. Tilman Allert: Die Geschwister Ratzinger
19.30 Uhr, Haus am Dom, Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main. Eintritt frei


„Wir sind Papst“ hieß es, als 2005 Kardinal Joseph Alois Ratzinger (*1927) zum 265. Papst der römisch-katholischen Kirche gewählt wurde. Schon vor seinem Pontifikat galt er als einer der einflussreichsten Kardinäle und aussichtsreichsten Nachfolger von Johannes Paul II. Die kirchliche Karriere Ratzingers begann während des Zweiten Vatikanischen Konzils fast schlagartig mit einer für Kardinal Frings verfassten Rede, die für mehr Transparenz in der Kurie warb. Damals profilierte er sich als innovativ und reformfreudig, und es erscheint augenfällig, wie sich seine Einstellungen in der Folge wandelten. Heute gilt er als konservativer Hüter von Tradition und Kontinuität in der katholischen Kirche – egal ob in Fragen des Zölibats, der Frauenordination oder der Anerkennung homosexueller Partnerschaften. Andererseits setzt er sich für den Dialog der Religionen ein – obgleich es auch hier Irritationen gab, zuletzt mit jüdischen Vertretern nach Aufhebung der Exkommunikation des Holocaust-Leugners Williamson.

Welche Linien und Maßstäbe lassen sich im Handeln Ratzingers erkennen? Und wie spiegeln sich in seinem Wirken die familiengeschichtlichen Wurzeln in Bayern, die Beziehung zu seinen Geschwistern sowie besondere Weichenstellungen in der Ausbildung zum Priestertum? Tilman Allert ist am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Professor für Soziologie und Sozialpsychologie mit dem Schwerpunkt Bildungssoziologie.

Jahrestage – von der Varusschlacht bis zur Agenda 2010

22. Oktober 2009 | Zum 150. Todestag von Bettine von Arnim

Prof. Dr. Ulrike Landfester:
Zum 28sten August wird nichts fertig. Bettine von Arnims Projekt Goethe
18.30 Uhr, Campus Westend, Hörsaal HZ 6, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei


Zum 28. August 1849, dem 100. Geburtstag Goethes, plante Bettine von Arnim die Veröffentlichung eines Buchs, das eine Folgepublikation zu ihrem 1835 erschienenen Erfolgserstling Goethe´s Briefwechsel mit einem Kinde werden und ihre lebenslange Auseinandersetzung mit Goethe in einen dem Anlass angemessen rauschenden Schlussakkord überführen sollte. Seit sie als junges Mädchen auf dem Dachboden des Frankfurter Elternhauses die Liebesbriefe Goethes an ihre Mutter Maximiliane gefunden und abgeschrieben hatte, behielt Goethe in ihrer Vorstellungskraft einen festen Platz. Nach der Lektüre von Wilhelm Meisters Lehrjahre war die Figur der Mignon für sie zum Medium identifikatorischer Rollenspiele geworden. Ihre erste Begegnung mit Goethe 1808 begründete einen Briefwechsel, in dem sie jahrzehntelang um die Anerkennung des alternden Olympiers rang, unter anderem durch den Entwurf eines Goethe-Denkmals, dessen Ausführung mit der Publikation von 1849 hätte finanziert werden sollen.

Ulrike Landfester, Professorin für Neuere Deutsche Literatur an der Hochschule St. Gallen, erhielt 2002 den Forschungspreis der Internationalen Bettina-von-Arnim-Gesellschaft.

29. Oktober 2009 | Zum 250. Geburtstag von Friedrich Schiller

Prof. Günter Oesterle: Apotheose oder Polemik. Der umstrittene Schiller 18.30 Uhr, Campus Westend, Hörsaal HZ 6, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei


Die Schiller-Rezeption ist schon im 19. Jahrhundert geprägt von einem eigentümlichen Gegeneinander von Verehrung und Verfemung, Zuspruch und Absage. Ambivalent sind auch noch die Reaktionen Hugo von Hofmannsthals, Rudolf Borchardts oder Thomas Manns, wenn die Rede auf Schiller kommt. Mit einem genaueren Blick auf Schillers unvollendet gebliebene Werke lässt sich die eigenwillig anmutende Kombination von einerseits positiver und negativer Bewertung in neuem Licht reflektieren. In Schillers Werken ist mit dieser Perspektive ein Potenzial freizulegen, das die bislang erfolgte Rezeption zu guten Teilen in Frage zu stellen vermag – ganz im Sinne von Friedrich Schlegels Bestimmung eines Klassikers als eines Autors, der es – zumal in seinem Jubiläumsjahr – verdient, dass man „immer von neuem“ zu ihm zurückkehrt, nicht um die Zeit zu töten, „[...] sondern um sich den Eindruck durch diese Wiederholung schärfer zu bestimmen“.

Günter Oesterle, Professor emeritus für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Gießen, ist einer der international renommiertesten Kenner der deutschsprachigen Literatur und Kultur um 1800.

Weitere Veranstaltungen



14. Oktober 2009
Prof. Günther Böhme
Heidegger und das Denken der neuen Zeit

Im Rahmen der ‚Mittwochs-Ringvorlesung‘ der Universität des 3. Lebensalters 14 Uhr, Campus Bockenheim, Hörsaal H V, Hörsaalgebäude, Mertonstr. 17-21. Eintritt frei

Prof. Luis Gutheinz SJ (Taipeh)
China – Reich der Mitte?

Im Rahmen der Reihe ‚Ein Blick in die Werkstatt der chinesisch-christlichen Theologie‘ der Gastprofessur ‚Theologie interkulturell‘
16.15 Uhr, Campus Westend, Raum 1.741b, Nebengebäude, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

21. Oktober 2009
Prof. Alfred Schmidt
Von Hegels ‚Reich der reinen Vernunft‘ zu Marxens Kritik der politischen Ökonomie

Im Rahmen der ‚Mittwochs-Ringvorlesung‘ der Universität des 3. Lebensalters 14 Uhr, Campus Bockenheim, Hörsaal H V, Hörsaalgebäude, Mertonstr. 17-21, 60325 Frankfurt. Eintritt frei

Prof. Luis Gutheinz SJ (Taipeh)
China im Um- und Aufbruch
Im Rahmen der Reihe ‚Ein Blick in die Werkstatt der chinesisch-christlichen Theologie‘ der Gastprofessur ‚Theologie interkulturell‘
16.15 Uhr, Campus Westend, Raum 1.741b, Nebengebäude, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

Prof. Lutz Raphael (Trier)
Fernand Braudels Mittelmeer - ein Laboratorium für die Geschichte der Moderne.
Braudels Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II Im Rahmen der Ringvorlesung ‚Das Mittelmeer als Kulturraum‘ 18.15 Uhr, Campus Westend, Raum 411, IG-Hochhaus, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

24. Oktober 2009
Dr. Astrid Jacobs
Von der Grüneburg über IG-Farben zur Universität
Kunst, Geschichte und Anekdoten: Warum wurden bei einem Austausch der Fenster rund 2000 in der falschen Größe bestellt? Weshalb verschwand am Brunnen die nackte Frau aus Bronze? Wer die Goethe-Universität einmal aus anderer Sicht kennenlernen möchte, hat dazu bei dieser Campus-Führung die Gelegenheit.
16 Uhr, Campus Westend, Eingang IG-Hochhaus,
Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Teilnahmegebühr 9 Euro

28. Oktober 2009
Bücher/Positionen
Prof. Katharina Liebsch (Soziologie), Prof. Frank Schulze-Engler (Literaturwissenschaften) und Prof. Peter Lindner (Humangeographie) stellen ihre Forschungsansätze sowie die kulturwissenschaftliche Dimension ihrer Disziplinen zur Diskussion.
Im Rahmen der Reihe ‚Hours in a Library‘
12.15 Uhr, Campus Westend, Raum 1.121 (Großer Lesesaal des Bibliothekszentrums Geisteswissenschaften), IG-Hochhaus, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt . Eintritt frei