Okt 9 2009

Deutsche Biografien und das Phänomen der Jahrestage

2. Frankfurter Bürger-Universität startet mit 83 Veranstaltungen ins Wintersemester

FRANKFURT. Die Goethe-Universität setzt im Wintersemester 2009/2010 die erfolgreiche Frankfurter Bürger-Universität fort. Wie bereits im vergangenen Jahr bilden dabei zwei eigens für konzipierte Ringvorlesungen das ‚Herz‘ der populärwissenschaftlich orientierten Veranstaltungsreihe: zum einen die soziologische Serie ‚Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien‘, verantwortet von Prof. Tilman Allert, zum anderen die literatur- und kulturwissenschaftliche Reihe ‚Jahrestage - von der Varusschlacht bis zu Agenda 2010‘, die von Prof. Susanne Komfort-Hein und Prof. Heinz Drügh mit Unterstützung der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität gestaltet wurde.

„Die Bürger-Universität stellt für die Hochschule ein wichtiges und wertvolles Mittel dar, ihre stärkere Öffnung zur Frankfurter Stadtgesellschaft voranzutreiben, die mit der Einrichtung der Stiftungsuniversität im Januar 2008 eingeleitet worden ist“, sagte Universitäts-Vizepräsident Prof. Matthias Lutz-Bachmann im Rahmen der heutigen Progra-Pressekonferenz. „Aus diesem Grund war es uns auch wichtig, bei der Durchführung einzelner Veranstaltungen die Kooperation mit anderen Frankfurter Institutionen zu suchen und mit der Bürger-Universität an verschiedenen Stellen der Stadt präsent zu sein“, ergänzte Universitäts-Pressereferent Stephan Hübner, der die Veranstaltungen von Seiten der Abteilung Marketing und Kommunikation begleitet. Dieses Ansinnen käme insbesondere in der Biografien-Reihe zum Tragen, deren Vorträge nicht nur in der Universität, sondern auch im Zoo, im Philanthropin, im Neuen Theater Höchst, in der Stadtbücherei, im Haus am Dom und im Dr. Hoch´s Konservatorium stattfinden. „Durch diese besondere Art der Verortung entsteht letztlich eine Bürger-Universität im besten Sinne des Wortes“, so die Schirmherrin der Bürger-Universität, Oberbürgermeisterin Dr. h.c. Petra Roth, in ihrem Grußwort zum ‚neuen Semester‘ der Reihe.

Universität veröffentlicht erstmals Programmbuch

Erstmals werden dabei im kommenden Wintersemester die Veranstaltungen der Bürger-Universität in einem eigenen Programmheft zusammengefasst, das an zahlreichen Stellen Frankfurts kostenlos ausliegt und auch über die Universität bezogen werden kann. „Neben den Biografien und den Jahrestagen sind in dem handlichen Büchlein noch viele weitere Veranstaltungen zusammengefasst, die bei den Bürgerinnen und Bürger auf Interesse stoßen dürften“, sagt Pressereferent Hübner. Als Beispiele nennt er die Festwoche zum 50-jährigen Bestehen der Stiftungsgastdozentur für Poetik mit Durs Grünbein, die Serie ‚Das Mittelmeer als Kulturraum‘ des Zentrums zur Erforschung der frühen Neuzeit und die Reihe ‚Was ist der Mensch?‘ im Rahmen der ‚Templeton Research Lectures 2009‘. Bei solch einem vielfältigen und reichhaltigen Angebot – das Programmheft listet 83 Einzelveranstaltungen bis Februar 2010 auf – darf gehofft werden, dass auch die 2. Frankfurter-Bürgeruniversität ein voller Erfolg wird. Zumal auch dieses Mal fast alle Veranstaltungen wieder kostenlos zugänglich sein werden. Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien

Im Zentrum der Vorlesungen über Deutsche Biografien stehen Persönlichkeiten, die insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg das kollektive Bewusstsein der Deutschen maßgeblich und nachhaltig geprägt haben. Die Palette reicht dabei von Papst Bendikt XVI. über Hannah Arendt und Bernhard Grzimek bis zu Hildegard Knef, als Referenten konnten Persönlichkeiten wie Prof. Micha Brumlik, Prof. Heiner Boehncke, Prof. Werner Plumpe oder der Frankfurter Zoodirektor Prof. Manfred Niekisch gewonnen werden. „Biografien als Konturen des privaten Lebens erzählen stets die Art und Weise, wie Zeitgeist, überindividuelle Schicksalslagen und Weltbild ineinandergreifen, sie repräsentieren insofern exemplarische Verläufe einer Mentalitätsgeschichte des Landes“, begründete Soziologe Allert die Wahl des Themas ‚Biografien‘ für einen Vorlesungszyklus. „Indem wir Biografien aus unterschiedlichsten Bereichen aus einer dreifachen Perspektive beleuchten, die berücksichtigt, dass die Familiengeschichte, das soziokulturelle Milieu der Herkunft sowie die im Beruf zum Ausdruck gebrachte Verortung eigener Interessen und Begabungen in einem dynamischen Zusammenhang zu begreifen sind, ermöglichen es die Vorlesungen, über den Weg der biografischen Rekonstruktion exemplarischer Lebensgeschichten einen Blick auf die kollektive Identität der Deutschen zu werfen.“

Die Termine:

19. Oktober 2009
Prof. Tilman Allert: Die Geschwister Ratzinger
Haus am Dom, Domplatz 3,
60311 Frankfurt am Main

2. November 2009
Prof. Micha Brumlik: Hannah Arendt
Philanthropin, Hebelstr. 15-19, 60318 Frankfurt

23. November 2009
Dr. Viola Hildebrand-Schat: Joseph Beuys
Kunstbibliothek der Goethe-Universität, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt

30. November 2009
Prof. Manfred Niekisch: Bernhard Grzimek
Zoo-Gesellschaftshaus, Bernhard-Grzimek-Allee 1, 60316 Frankfurt

7. Dezember 2009
Prof. Heiner Boehncke: Günter Grass
Zentralbibliothek der Stadtbücherei,
Hasengasse 4, 60311 Frankfurt

21. Dezember 2009
Prof. Werner Plumpe: Friedrich Carl Duisberg
IG-Hochhaus, Raum 311, Campus Westend,
Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt

25. Januar 2010
Prof. Linda Maria Koldau (Århus): Wilhelm Furtwängler
Dr. Hoch´s Konservatorium, Sonnemannstr. 16, 60314 Frankfurt

1. Februar 2010
Prof. Tilman Allert: Hildegard Knef
Neues Theater Höchst, Emmerich-Josef-Str. 46a, 65929 Frankfurt

Beginn jeweils 19.30 Uhr. Eintritt frei

Jahrestage – von der Varusschlacht bis zur Agenda 2010

Überlegungen zum Identitätsbegriff der Deutschen lassen sich letztlich auch in Zusammenhang mit der so genannten ‚Memoria-Kultur‘ anstellen, die im Mittelpunkt der Reihe ‚Jahrestage‘ steht. „Sie widmet sich einigen markanten Jahrestagen in den Jubiläenjahren 2009 und 2010 aus der Doppelperspektive der Kultur- und Literaturwissenschaften“, erläuterte Organisatorin Prof. Susanne Komfort-Hein, und ihr Kollege Prof. Heinz Drügh ergänzte: „Die konkreten Ereignisse der ausgewählten Jahrestage werden noch einmal in Erinnerung gerufen – verbunden mit der Frage, weshalb und unter welchen Bedingungen man dieser gedenkt.“ Am Ende soll die Frage geklärt sein, was uns Jahrestage angesichts einer immer krisenhafter erscheinenden Zukunft bedeuten, die uns statt Fortschrittsutopien eher Vorsorgekonzepte und Bestandsaufnahmen des Bewahrenswerten abzufordern scheint. Für die Reihe, die an die erfolgreichen Goethe-Vorlesungen des Wintersemesters 2008/2009 anknüpft, konnten die beiden Literaturwissenschaftler mit Unterstützung der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität namhafte KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aus dem In- und Ausland gewinnen, die gemeinsam mit Frankfurter BürgerInnen und einem akademischen Auditorium über diese Fragen nachdenken werden. Die Termine

22. Oktober 2009
Prof. Ulrike Landfester (St. Gallen): Zum 28sten August wird nichts fertig. Bettine von Arnims Projekt Goethe

29. Oktober 2009
Prof. Günter Oesterle (Gießen): Apotheose oder Polemik. Der umstrittene Schiller

5. November 2009
Prof. Aleida Assmann (Konstanz): Wiedervorlage. Vom Sinn und Unsinn der Gedenktage

12. November 2009
Prof. Jörg Döring (Siegen): Mit Günter Eich im „Viehwagen“. Die Träume der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft

19. November 2009
Dr. Jörg Metelmann & Antje Dombrowsky (St. Gallen & Berlin): Kapitan Andreevo. Geschichte einer Flucht – ein Dokumentarfilm

26. November 2009
Prof. Ethel Matala de Mazza (Konstanz): Dämonische Allianzen. Wahlverwandtschaft mit Napoleon

3. Dezember 2009
Prof. Peter Sprengel (Berlin): Mehr als eine Karikatur. Der letzte deutsche Kaiser im Spiegel der modernen Literatur

10. Dezember 2009
Prof. Sigrid Weigel (Berlin): Die Rückseite der Vorlesung. Ingeborg Bachmanns Frankfurter Poetik-Vorlesungen

17. Dezember 2009
Prof. Martina Wagner-Egelhaaf (Münster): [...] daß man nach Pfiffi – mich,/Statt Iphikon geführt. Zum Mythos Varusschlacht

14. Januar 2010
Dietmar Dath (Freiburg): Wir sind nichts. Zehn Jahre Agenda 2010

21. Januar 2010
Prof. Winfried Menninghaus (Berlin): Biologie nach der Mode Darwins Ornament-Ästhetik

Campus Westend, Hörsaal HZ 6, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt

Beginn jeweils 18.30 Uhr. Eintritt frei

Informationen Stephan M. Hübner, Pressereferent, Tel: (069) 798-23753, huebner@pvw.uni-frankfurt.de

Das Programmbroschüre zur ‚2. Frankfurter Bürger-Universität‘ kann kostenlos über die Abteilung Marketing und Kommunikation angefordert werden: Tel. 798-22472 oder presse@uni-frankfurt.de