Sep 26 2008

Öffentliche Vortragsreihe im Rahmen der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur »Wissenschaft und Gesellschaft«

»Der blaue Planet in unserer Hand«

FRANKFURT. »Wir haben nur eine Erde« – so simpel dieser Satz auch klingt, so wahr ist er auch. Geowissenschaftler tragen entscheidend zur Gestaltung des Planeten Erde bei, sie sind die »Key players« für eine nachhaltige Zukunft. Kann sich Grundwasser selbst reinigen? Wie lange reichen die Rohstoffe? Gibt es noch genügend Boden für unsere Landwirtschaft? Was können wir aus der Vergangenheit unseres Planeten für die Zukunft lernen? Wie lassen sich soziale und ökonomische Rohstoffnutzung vereinbaren? Können wir Klimaveränderungen vorhersagen? Wie entwickeln sich Megastädte, und was versteht man unter »Urbanisierung«. Was sagen uns Prozesse im Erdinnern über mögliche Georisiken?

Die Vortragsreihe »Der blaue Planet in unserer Hand«, finanziert von der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur »Wissenschaft und Gesellschaft« und organisiert von den beiden Frankfurter Geowissenschaftlern Prof. Alan Woodland und Prof. Heinrich Thiemeyer, findet im Rahmen des »International Year of Planet Earth« (IYPE) statt. Das IYPE wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen für das Jahr 2008 ausgerufen. Ziel ist es, das angesammelte Wissen der 400.000 Geowissenschafter auf der ganzen Welt umfassender und vor allem effizienter zu nutzen. Die Vortragsthemen der international renommierten und anerkannten Referentinnen und Referenten ergeben sich aus naturwissenschaftlichen Problemen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen beleuchten die verschiedenen geowissenschaftlichen Themengebiete im Kontext des großen »Systems Erde«. Die spannenden und gesellschaftlich relevanten Vorträge stehen einem breiten interessierten Publikum offen, sie finden donnerstags um 18.30 Uhr im Geozentrum, Großer Hörsaal (Raum 0.124) auf dem Campus Riedberg statt.

Die Veranstaltungsreihe beginnt am 23. Oktober mit einer Podiumsdiskussion zu »Unsere Verantwortung für die Welt von morgen«: Josef H. Reichholf, Professor für Naturschutz an der Universität München und bekannter Buchautor, und Ernst Peter Fischer, Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Universität Konstanz und Autor populärwissenschaftlicher Bücher, werden unter der Moderation von Volker Mosbrugger, Direktor des Forschungsinstitutes und Naturmuseums Senckenberg, die besondere Verantwortung der Geowissenschaften gegenüber des »Blauen Planeten« diskutieren.

Am 30. Oktober beschäftigt sich Wolfgang Oschmann, Professor Geologie/Paläontologie am Institut für Geowissenschaften des Fachbereiches Geowissenschaften/Geographie der Goethe-Universität, mit der frühen Evolution des Lebens auf der Erde. Der Frankfurter Paläontologe ist für den zunächst vorgesehenen Referenten Paul Falkowski, Rutgers University, New York, eingesprungen, der leider kurzfristig absagen musste. Oschmanns Forschungsschwerpunkt sind die Wechselwirkungen geologischer und biologischer Prozesse im System Erde zu verschiedenen erdgeschichtlichen Zeiten. Diese sind der Schlüssel für das Verständnis der komplexen Veränderungen auf unserem Planeten, die bereits vor über vier Milliarden Jahren begannen. Von zentraler Bedeutung sind dabei das Klima der Vergangenheit, die Paläoumwelt und die globalen Stoffkreisläufe.

Einen Blick in das Innere der Erde wagt Bernard J. Wood von der Oxford University am 13. November. Er beschäftigt sich mit dem Aufbau des über 6.000 Kilometer tiefen Erdkerns und stellt die verschiedenen Erkundungs- und Simulationsmethoden zur Erforschung des Erdinnern vor. Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen ist der Erdkern aus einem eisenhaltigen Kern und zwei Schichten festen Gesteins aufgebaut. Fragen nach der Zusammensetzung des Erdinnern werden in seinem Vortrag ebenso geklärt wie das Entstehungsalters der Erde und des Mondes.

In vielen Fällen kann Grundwasser ohne Aufbereitung als Trinkwasser genutzt werden, weil natürliche physikalische, chemische und mikrobiologische Prozesse das Wasser reinigen. Broder Merkel, Technische Universität Bergakademie Freiberg, untersucht am 27. November Situationen, in denen trotz massiver Verunreinigung des Grundwassers auf eine klassische Sanierung zu Gunsten natürlicher Selbstreinigungsprozesse verzichtet werden kann.

Neben der Produktion von Nahrungs-, Futtermitteln und nachwachsenden Rohstoffen sind Böden wesentliche Filter zwischen Atmosphäre, Grundwasser und Nahrungskette und darüber hinaus die größte Genreserve der Erde. Gleichzeitig bilden sie die physikalische Grundlage für die Errichtung von Gebäuden und Verkehrswegen. Böden spiegeln die Landschafts- und Nutzungsgeschichte wider und sind damit ein wichtiges geogenes und kulturelles Erbe. Zwischen diesen unterschiedlichen Nutzungen bestehen wesentliche Konkurrenzsituationen, deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt von Winfried E.H. Blum, Universität Wien, am 4. Dezember dargestellt und kritisch beleuchtet werden.

Über die verbleibenden Reserven von Rohstoffen macht sich Friedrich-Wilhelm Wellmer, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe aus Hannover, am 18. Dezember Gedanken. Fälschlicherweise wird das Verhältnis von derzeit bekannten Reserven von Rohstoffen zum jährlichen Verbrauch von Rohstoffen als »Rohstoff-Reserve« bezeichnet. Diese Reserven entwickeln sich aber durch laufende Explorationsarbeiten und Technologieveränderungen in einem dynamischen System stetig weiter. Deshalb eignen sich nur Betrachtungen von Lebenszyklen und Funktionen, um die tatsächlichen Reichweiten der Rohstoffe abschätzen zu können.

Mojib Latif, Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel, untersucht am 15. Januar 2009 die vom Menschen gemachten Klimaveränderungen im 20. und 21. Jahrhundert. Er beschäftigt sich mit dem anthropogen verursachten Anstieg des Treibhausgases Kohlendioxid, welches entscheidend zur globalen Erwärmung beiträgt. Innerhalb der letzten 100 Jahre ist die Lufttemperatur weltweit um 0,8 Grad Celsius gestiegen; in Modellen wird ein Anstieg der Temperatur um vier Grad bis 2100 vorausgesagt. Damit verbunden sind Extremwetterereignisse und ein enormer Anstieg des Meeresspiegels. Um den gefährlichen Klimawandel zu stoppen, müssen bis zum Jahr 2100 weltweit 80 Prozent der Treibhausgase reduziert werden.

Zum Schluss der Vortragsreihe wird Frauke Kraas, Universität Köln, am 29. Januar 2009 die Probleme und Chancen der Mega-Urbanisierung in Asien untersuchen. Megastädte gewinnen aufgrund ihrer wachsenden Zahl, enormen Größe und rasanten Entwicklungsdynamik immer mehr an Bedeutung in einer zunehmend von Städten dominierten Welt. Sie sind wichtige Knotenpunkte von Globalisierungsprozessen und Steuerungszentralen. Dies gilt besonders für die Megastädte im boomenden Asien. Der Vortrag gibt Antworten auf zentrale Fragen des globalen Wandels und mögliche Handlungsoptionen.

Nähere Informationen zu den Vorträgen und den Referenten: www.geo.uni-frankfurt.de/BlauerPlanet, Prof. Alan Woodland, Professur für physikalisch-chemische Mineralogie, Prof. Heinrich Thiemeyer, Professur für Bodenkunde, Fachbereich Geowissenschaften/Geographie, Campus Riedberg, Tel.(069) 798-40206, E-Mail: geo-agentur@uni-frankfurt.de

WEITERE INFORMATIONEN

Auftakt der Vorlesungsreihe »Der blaue Planet in unserer Hand«

am 23. Oktober (Donnerstag)
18.30 Uhr

Geozentrum, Großer Hörsaal, Campus Riedberg

Podiumsdiskussion
»Unsere Verantwortung für die Welt von morgen« mit Prof. Josef H. Reichholf, Prof. Ernst Peter Fischer, Prof. Volker Mosbrugger